Ich komme mit stechenden Kopfschmerzen wieder zur Besinnung und muss feststellen, dass ich auf einer Küchenplatte sitze, angelehnt an einen Hängeschrank.
Meine Sicht ist etwas verschwommen, aber ich kann sehen, wie sich etwas, oder besser gesagt Jemand im Raum hin und her bewegt.
Als ich versuche aufzustehen, eilt jemand zu mir.
"Ganz langsam, bleib am besten sitzen", sagt die Person leise.
Ich stoße ein gequältes Stöhnen aus, mein gesamter Körper fühlt sich so an, als wäre ich einen Marathon gelaufen.
Nach ein paar Minuten wird meine Sicht wieder besser.
Nathan steht zwischen meinen Beinen und wischt mit einem nassen Lappen über mein Gesicht.
Ich schaue ihn verwirrt an, der festen Überzeugung, dass irgendwas hier nicht stimmt. Ich gehe meine Erinnerungen von letzer Nacht durch, aber ich weiß nicht einmal, wie ich hier gelandet bin.
"Was mache ich hier?", frage ich und versuche ihn mit einer Hand von mir wegzudrücken, das ist mir eindeutig zu viel Körperkontakt.
"Erkläre ich dir später, jetzt halt bitte einen Moment still", erwidert Nathan. Er sieht konzentriert aus, bei genauerem Hinsehen kann ich erkennen, dass er eine Schramme über dem Auge hat, plötzlich fällt mir alles wieder ein.
"Wo ist Scott?", frage ich hektisch und bin bereit, von der Theke zu hüpfen.
Nathan packt mich sanft an der Hüfte und drückt mich wieder runter. Bei dieser Berührung zieht sich mein Bauch zusammen und ich atme scharf ein.
"Es geht ihm gut", versichert er mir.
"Glaube ich dir nicht."
Er zuckt mit den Schultern. Ohne, dass ich gefragt habe erzählt er mir was gestern Abend vorgefallen ist:
"Du musstest dich ja einmischen und dann hast du ausversehen einen Schlag von mir abbekommen und dann bist du zur Seite getorkelt und die komplette Treppe runtergepurzelt. Dann konnte ich dich ja nicht einfach liegen lassen, in der Zeit ist Scott abgehauen. Besser so für ihn."
Aus seinem Mund klingt es wie eine kleine Rauferei unter 5. Klässlern.
"Irgendwer hätte mir schon geholfen", protestiere ich.
"Du konntest nicht einmal mehr laufen."
Jetzt, wo er es anspricht bemerke ich auch die Schmerzen in meinem rechten Fuß.
"Dann kann ich ja jetzt gehen", sage ich schnippisch. Ich habe es satt, dass gerade Nathan mir bei jeder kleinen Schwierigkeit helfen muss.
"Okay", antwortet knapp und geht einen Schritt zurück.
Mir fällt auf, dass ich immer noch mein knappes Kleid trage und er die gesamte Zeit über zwischen meinen Beinen stand, irgendwas an dieser Sache beschämt mich.
"Dann geh mal", er verschränkt seine Arme vor der Brust und sieht mir dabei zu, wie ich wackelig von der Platte springe.
Ich stöhne laut auf, als mein Bein auf dem Boden aufkommt.
Aus Stolz bitte ich nicht um Hilfe, sondern beiße die Zähne zusammen und versuche einen Schritt zu gehen.
Doch schon nach der hälfte ist der Schmerz so unerträglich, dass ich mich an der Platte abstützen muss.
"Du bist ja immer noch hier", provoziert er.
Ich werfe ihm einen genervten Blick zu, für mich ist die Situation kein Spaß. Ohne mich vorzuwarnen nimmt er mich auf seine Arme und setzt mich zurück auf die Platte.
"Ich würde dich ja ins Bett legen, aber ich bin mir nicht sicher ob du das verdient hast.
"Ha-ha", sage ich ironisch.
"Wenn es bis morgen nicht besser wird, dann solltest du eindeutig zum Arzt", stellt er bei näherem Betrachten meines Beines fest.
Ich lehne mich zurück und seufze, so etwas kann auch nur mir passieren.
"Du brauchst dich nicht bedanken", sagt Nathan.
Als ich nach Luft schnappe, um etwas zu sagen, fällt es mir ins Wort.
"Ich hab echt riesen Hunger, kochst du was für mich? So als kleines Dankeschön."
Eigentlich will ich ihn fragen, ob ich aussehe wie sein persönlicher Butler, aber diesmal bin ich leise und nicke einfach nur.
Ich schätzte, das ist das mindeste, was ich für ihn tun kann.
Nathan verschwindet kurz im oberen Teil des Hauses, das übrigens sehr modern eingerichtet ist und kommt mit so etwas wie einer Bandage wieder.
"Kannst sie auch mit nachhause nehmen, ich glaube das sollte erstmal helfen."
Ich lege sie mir um und versuche, auf meinen Fuß aufzutreten. Es tut zwar noch ein wenig weh, aber es lässt sich aushalten.
Wortlos beginne ich, mich an den Lebensmitteln in der Küche zu bedienen, dabei fühle ich mich ganz wie zuhause.
Nathan setzt sich auf eines der Stühle und beobachtet jede meiner Bewegungen.
"Kannst du aufhören so zu gucken, du machst mich total nervös", sage ich.
Mir rutscht fast das Salz aus der Hand, als Nathan leise auflacht.
Die Gegenwart dieses Jungen macht mich total unkonzentriert, teilweise ist es auch der leichte Kater, der mich total schlapp macht.
"Wo sind deine Eltern?", frage ich, ohne Neugierig klingen zu wollen.
"Arbeiten."
Er streicht sich durch seine ungemachten Haare. Ich beiße mir auf die Lippe, wende meinen Blick jedoch schnell wieder ab.
Ich stelle einen Topf Wasser auf den Herd und schneide in der Zeit, in der das Wasser kocht, eine Paprika klein.
Nathan hat sich unbemerkt aus dem Staub gemacht, besser so. Ich tue ihm diesen kleinen Gefallen und bin hier genauso schnell weg, wie ich hergekommen bin.
Ich lege das Reis in das heiße Wasser und schmeiße den Topf fast um, als ich Nathans Atem an meinem Ohr spüre und zusammenzucke.
Ich lehne mich mit beiden Händen an der Theke an und drehe mich zu ihm um.
Es fällt mir wirklich schwer, nicht zu sabbern.
Nathan steht direkt vor mir, das einzige, was er trägt ist eine schwarze Jogginghose. Seine Haare sind nass und er riecht nach Shampoo und Parfum.
Macht er das extra?
"Mach ein Foto, dann hast du länger was davon", neckt er mich.
"Nichts, was mich beeindruckt", lüge ich und widme mich wieder dem Essen.
Mein Körper erstarrt, als er eine Hand auf meinen Bauch legt und meinen Unterkörper gegen seinen drückt.
Jetzt verstehe ich, was alle Mädchen an ihm finden.
"Und was beeindruckt dich?", haucht er mir ins Ohr.
Reiß dich zusammen.
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CATCH ME
VampireWas würdest du tun, wenn eine geliebte Person spurlos verschwindet? Genau diesen Alptraum durchlebt die 17 jährige Jasmin, seit dem ihr Freund Colin seit einem Jahr plötzlich verschwindet, hat sich ihr Leben komplett verändert. Auf ihrer Suche passi...