IX

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(Bild - Matt)

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Nach einem kurzen, aber erholsamen Mittagsschlaf hat sich auch meine Laune etwas verbessert. Ich beschließe trotzdem, mein Handy für den kommenden Tag auszustellen, damit ich einfach in Ruhe gelassen werde.

Den Rest des Tages und auch den Sonntag verbringe ich damit, zu backen oder meinen Kleiderschrank auszuräumen. Einfach, damit meine Hände etwas zutun haben und ich nicht nutzlos vor dem Fernseher sitze.

Am liebsten würde ich ein paar Runden laufen gehen, aber mein Bein schmerzt so sehr, dass ich mich jede zehn Minuten hinsetzen muss.

Glücklicherweise kann ich noch laufen, also sehe ich keinen Grund zum Arzt zu gehen. 


Der Montagmorgen gleicht der Hölle, meine Augen sind mit schwarzen Kreisen umgeben und meine Haare sind widerspenstiger denn je. 

Seufzend starre ich in den Spiegel, ich pack das. 

Damit ich nicht ganz so schlimm aussehe, trage ich etwas Concealer auf und binde meine Haare zu einem Zopf zusammen.

Obwohl ich es hasste, meine Haare zuzubinden, sah es heute gar nicht mal so schlimm aus.

Abwechslung schadet nicht.

Nachdem ich mich fertig gemacht habe, packe ich schnell meine Schulsachen und mache mich auf den Weg, ohne zu Frühstücken. Vermutlich würde ich doppelt so lange zur Schule brauchen, als gewöhnlich.


Vor der Schule wartet May auf mich, so wie jeden Morgen. Ich lächele sie schon vom weiten an und umarme sie zur Begrüßung. Sie sieht ein wenig gestresst aus, aber das will ich ihr nicht sagen, weil sie es vermutlich in den falschen Hals bekommen würde.

"Du hast dich gar nicht gemeldet gestern", fällt ihr auf.

"Ja, ich weiß. Ich hab mein Handy ausgemacht und hab etwas sinnvolles gemacht."

Wir betreten gemeinsam die Schule, reflexartig ziehe ich den Kopf ein und starre den Boden an.

"Gibts eigentlich was neues von Avery?"

"Ich dachte es interessiert dich nicht?" 

May zieht die Augenbrauen hoch und sieht mich kritisch an. Sie hat Recht, es kümmert mich eigentlich nicht, weil ich weiß, dass es nicht stimmt. Aber zu wissen, dass sie mich wegen einem Gerücht verurteilt stört mich.

"Ich möchte einfach nicht, dass sie Lügen verbreitet",  ich streiche mir eine Strähne aus dem Haar und werfe einen Blick zu den Spinten, um sicher zu gehen, dass weder Nathan noch Avery dort ist.

"Ich will nicht so wie Scott enden", murmele ich unüberhörbar vor mich hin.

"Wieso, was ist mit Scott?" 

Ich hatte total vergessen, dass ich May ja gar nicht eingeweiht habe, was die Schlägerei betrifft. 

"Äh.. Er wurde aus der Mannschaft geworfen, weißt du das noch nicht?", rede ich mich raus.

May formt ihr Lippen zu einem "Oh", sagt aber nichts weiter. 

"Wir sehen uns später, ich muss noch meine Sachen holen, diesmal kann ich mir nicht erlauben zu spät zu kommen." 

Ich gehe, so schnell wie es die Schmerzen erlauben, zu meinen Spint und stopfe alle Sachen in meine Tasche, die ich heute benötige.

1/2 Biologie bei Mrs. Paige, mit Nathan. Super.

Bei dem Gedanken, Nathan gegenüber zu stehen dreht sich mein Magen um.

Noch bevor es zur ersten Stunde klingelt, sitze ich brav im Klassenraum. Mrs. Paige wirft mir einen boshaften Blick zu, spricht mich aber nicht auf meine beiden Fehltritte am Freitag an.

Solange es nicht zur Gewohnheit wird, sollte es kein Problem sein.

Als es dann endlich klingelt, kommt auch der Rest der Klasse unmotiviert in den Raum. Alle außer Nathan. 

Mrs. Paige erklärt irgendetwas über unsere drei Wöchigen Hausaufgaben, ich höre nur auf einem Ohr zu und starre aus dem Fenster. 

In dem Moment, an dem Mrs. Paige sich umdreht, um etwas an die Tafel zu schreiben, öffnet Henry, einer der Footballer, die Tür. 

Es ist Nathan, der sich unbemerkt in den Raum schleicht und in die letze Reihe setzt.

Ich sagst doch, Mistkerl.

Nicht zurückschauen. 

Ich drehe mich um und unsere Blicke treffen sich, verdammt. 

Nathan lässt sich lässig in den Stuhl fallen, ich drehe mich so schnell wie möglich um und tue so, als würde ich Mrs. Paige zuhören.


Den Rest der Stunde habe ich es geschafft, mich nicht mehr umzudrehen. Mein einziger Wunsch ist, dass wir beide uns nicht mehr über den Weg laufen. Leider ist es praktisch unmöglich, ihm in der Schule nicht zu begegnen.

In der Pause treffe ich May an unseren gewohnten Tisch in der Mensa.

"Na ihr", sage ich und setze mich neben Matt, der gerade etwas in sein Notizbuch schreibt.

Scott begrüßt mich nicht, er sitzt wie eingefroren da und starrt sein Essen an. Sein rechtes Auge ist blau und er hat eine große Wunde an der Lippe.

Ich frage mich, ob Matt weiß, dass er eine Auseinandersetzung mit Nathan hatte. 

Am liebsten würde ich Scott fragen, warum er nicht mehr mit mir spricht, aber er hat genug mit Nathan und dem Footballteam zutun, also erspare ich ihm diese Diskussion.

Matt sieht mich fragend an. Er merkt schnell, wenn etwas nicht stimmt, ist aber intelligent genug, um es nicht anzusprechen. 

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