Kapitel 8

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Es war Freitag und ich saß im Zug nach Berlin. Warum gab es von Dresden nach Berlin eigentlich keine ordentliche Verbindung? Zum Glück hatte ich den Umstieg in Senftenberg schon hinter mir und konnte mich jetzt entspannen.
Maik hatte mir am Telefon noch erzählt, wozu er meine Hilfe brauchte.
Um es kurz zu fassen: Maik möchte Emy den schönsten Tag ihres Lebens vorbereiten, da sie erst vor kurzem ihr 5 jähriges hatten. Meine Aufgabe bestand einfach nur darin, sie den ganzen Tag abzulenken, damit er alles in der Wohnung vorbereiten konnte.
Ich hatte mich dafür entschieden mit ihr brunchen zu gehen, da somit schonmal der Vormittag gedeckt wäre. Geld für eine Shoppingtour hatte ich nämlich nicht mehr. Ein kleines Restaurant, welches am Wochenende brunchen anbot, hatte ich mir auch schon herausgesucht. Eine Durchsage ertönte, dass wir in Berlin ankommen sind. Ich schnappte mir meine beiden kleinen Taschen und verließ den Zug. Etwas überfordert suchte ich nach Emy. Eigentlich wollte sie mich abholen, jedoch konnte ich sie nirgends entdecken. Genervt drehte ich mich um und durchsuchte weiterhin den Bahnhof. Etwas unbeholfen kramte ich mein Handy aus der Tasche und entsperrte es.
"Brauchst du vielleicht Hilfe? Siehst ein wenig überfordert aus."
Verwirrt drehte ich mich um und blickte in ein grinsendes Gesicht, welches ich sofort erkannte.
"Max! Was machst du denn hier?", fragte ich mit leicht überschlagender Stimme, wärend ich ihn umarmte.
"Das gleiche könnte ich dich fragen, immerhin wohne ich in Berlin."
"Stimmt", gab ich verlegen zurück, "Ich besuche Maik und Emy. Falls du dich noch an sie erinnern kannst. Ist ja schon ne Weile her."
"Na klar kenne ich die noch."
"Eigentlich wollten sie mich abholen, aber ich finde Emy nicht."
"Ich hab noch ein wenig Zeit, bevor ich auf Arbeit muss. Wenn du willst warte ich mit dir."
"Das wäre super!" Etwas verlegen über meine Euphorie starrte ich auf meine neuen Converse. Am liebsten hätte ich meine alten angezogen, jedoch ist die Sohle so gut wie nicht mehr vorhanden.
"Oder weißt du wo sie wohnen? Vielleicht liegt es ja bei mir auf dem Weg. Dann kann ich dich ein wenig begleiten."
Ich ging schnell auf Google Maps und gab die Adresse ein, dann hielt ich Max mein Handy hin.
"Die wohnen in Spandau?"
"Ja", sagte ich leicht belustigt, da Max mich erstaunt anstarrte.
"Gute Wahl. Also wenn du möchtest, bringe ich dich zum Marktplatz."
"Ich möchte nicht, dass du einen Umweg machst." Irgendwie hatte ich jetzt doch bedenken, dass Max nur wegen mir einen Umweg machen würde. Nur weil er vielleicht in Spandau wohnt, heißt es ja nicht, dass es gleich auf dem Weg liegt.
"Nein, nein. Kein Problem. Das sind allenfalls 5 Minuten."
Somit gingen wir Richtung Straßenbahn und führen nach Spandau. In der Zwischenzeit schrieb ich Emy eine Nachicht und erzählte Max, was ich morgen machen würde, mit dem Hintergedanken, dass er morgen Abend vielleicht Zeit hat. Umso mehr ich mich mit Max unterhielt, umso sympathischer wurde er mir. Gerade jetzt, wo er mal nicht betrunken war. Und mit meinem Glück ging mein Plan auf, da er mich fragte, was ich morgen machen würde. Ich konnte ja schlecht bei Emy und Maik in der Wohnung bleiben, wenn die beiden ihr romantisches Dinner haben. Was danach kommt, möchte ich erst recht nicht mit erleben.
Und somit fuhr ich ein bisschen auf der Mitleidsschiene und sagte, dass ich ja niemanden sonst hier in Berlin kannte und ganz alleine wäre. Ab und zu muss man seine Karten halt geschickt ausspielen, damit man das erreicht, was man möchte.
Um anzumerken, dies gelang mir ziemlich selten. Jedenfalls lud Max mich ein. Wohin wusste er selber noch nicht, da er lange arbeiten müsste. Somit diskutierten wir ein wenig darüber, bis wir am Marktplatz ankamen. Nervös strich ich mir immer wieder mit meinen Fingern über den Saum meines Ärmels. Ich wollte nicht, dass Max ging, obwohl ich ihm morgen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon wieder sehen würde.
"Soll ich meine Nummer noch bei dir einspeichern?"
Ich nickte nur und gab ihm mein Handy. Warum war ich jetzt auf einmal so zurückhaltend? Es ist nichts schlimmes passiert und erst recht nichts peinliches.
"Alles gut?", fragte er noch, als er mir mein Handy zurück gab. Leicht verdutzt schaute ich ihn an und nickte wieder nur.
"Na dann, bis morgen." Ich nickte.
Mein Gott! Jetzt reiß dich zusammen.
Kopf hoch, aufrichten, durchamten. Aus der Ferne sah ich Emy kommen. Perfekt. Ohne lange zu überlegen umarmte ich Max einfach und lief los.
Als ich bei Emy ankam fing ich an zu lachen.
"Was ist denn jetzt schon wieder los?"
"Awkward moment." Sie sah mich verwirrt an, fragte jedoch nicht nach. So war ich halt. Ich fing einfach an zu lachen. Ohne wirklichen Grund.
"War das nicht der Typ von Rock am Ring?"
"Jap. Hab ihn am Bahnhof getroffen und da ja keiner von euch da war hat er mich begleitet."
"Ja sorry", ihr Blick ging kurz beschämt nach unten, "uns ist was dazwischen gekommen."
"Da ist wohl eher was zwischen deine Beine gekommen. Aber war wohl keine große Sache."
Empört schlug sie mich auf die Schulter, sodass ich gegen einen Mülleimer lief, da ich ihrer Hand ausweichen wollte. Stolpernd wich ich noch der daneben stehenden Laterne aus, bis ich in einen Lachanfall fiel.
Es war gerade mal ein paar Monate her, das wir uns das letzte mal gesehen hatten und trotzdem hatte ich sie total vermisst.
Ich fand es schade, dass sie wegen Maik nach Berlin gezogen ist. Aber keinem gönnte ich die Liebe so sehr, wie ihr und Maik. Die beiden hatten es Anfangs echt nicht einfach. Mehrmals hatten, gerade Mädchen aus unserem Jahrgang, versucht die beiden auseinander zu bringen, was jedoch nie funktioniert hat. Zum Glück. Und man kann nunmal nicht erwarten, dass nach dem Abitur alle Freunde in der Nähe bleiben.
Wir liefen noch eine Weile, bis wir an der Wohnung ankamen. Jedoch tat es gut endlich mal wieder mit meiner einzigen Freundin zu quatschen. Immerhin hat sich ja doch ein wenig was verändert. Auf die Frage, ob ich nochmal mit Benni Kontakt hatte, habe ich mich fast verschluckt.
Meine Eltern hatte es, wie so ziemlich immer, nicht wirklich interessiert wie es mir ging. Komischer Weise glaubten sie mir nicht, dass er mich betrogen hat, weswegen meine Mutter ihm seine Sachen persönlich gebracht hat. Somit blieb mir zumindest erspart, ihn noch einemal sehen zu müssen. Ich war zu der Zeit fast durchgängig bei Jan, da ich es Zuhause nicht aushielt. Generell erinnerte mich mein Zuhause viel zu sehr an Benni, wodurch mir nichts besseres passieren konnte, als das ich jetzt nach Dresden gezogen bin, um zu studieren.
Nach diesem Thema war ich sichtlich angeschlagen, was auch Emy nicht unentdeckt blieb. Somit verbrachten wir die letzten 5 Minuten mit schweigen, jedoch ein angenehmes Schweigen. Bis zu dem Moment, als Emy die Wohnungstür aufschloss.
"Schatz, Sisi hat mich morgen zum brunchen eingeladen", rief Emy, kurz nachdem wir die Wohnung betraten haben, "Ist das nicht cool?"
"Ja, richtig cool", erwiderte Maik, wärend er mich wissend angrinste. Und würde Emy nicht damit beschäftigt sein, mir mit meinen Sachen zu helfen, hätte sie sicher mitbekommen, dass wir mehr wussten als sie.

Pleasure and pain (HoB FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt