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Ich setze die Klinge erneut an, weil ich einfach nicht mehr will und nicht mehr kann. Und wieder. Und wieder, und wieder, und wieder. Ich drücke immer fester auf, und kann mich immer weniger auf den Beinen halten; aber ich habe es doch verdient, umzufallen und auf den Boden zu fallen und zu fallen- zu fallen, so tief, immer tiefer, in diese beständige Dunkelheit, die uns alle umgibt und mit der wir alle gezwungen sind zu leben. Und ich setze die Klinge erneut an, es ist mir egal, dass der ganze Boden voller Blut ist, und meine Kleidung auch, und ich- ich kann nicht mehr klar denken, denn wo ich hinsehe, ist nur noch Blut. Mein eigenes.
Als ich kaum mehr etwas anderes als rot und schwarz sehen kann, fällt die Klinge mir aus den Händen, und ich falle rückwärts, krache gegen die Wand, und als ich aufschaue bin ich gezwungen, in den Spiegel des Bades zu sehen, in meine toten Augen. Schnell wende ich den Blick wieder ab. Nicht mal ich will mein eigenes Gesicht sehen müssen, warum sollten dass dann andere wollen? Eben, niemand will mich sehen, und ich versteh sie.
Ich verstehe sie doch alle, und wenn man die Narben zählt, dann sieht man, dass ich sie schon immer verstehe, und sie auch verstehen werde. Für immer.
Meine Vision wird immer dunkler, alles zittert; und ich denke, vielleicht werde ich jetzt endlich erlöst; vielleicht ist heute der Tag, an dem man mich endlich auffinden wird, aber mich nicht vermissen wird. Vielleicht ist heute endlich der Tag, an dem ich endlich sterben darf. Ich hoffe das so sehr.
Auch wenn ich kein guter Mensch war, und bin, und es niemals sein werde, habe ich nicht auch so etwas wie Erlösung verdient? Bin ich es nicht wenigstens noch wert, in den Tod berufen zu werden? Kann ich nicht wenigstens noch sterben dürfen?
Warum bin ich so wertlos?

Ich verliere das Bewusstsein, und vielleicht sterbe ich jetzt ja wirklich, aber ich höre in meinem Delirium eine Stimme, die zu mir spricht; ist es Gott oder der Teufel.
" Ich könnte es ohne dich doch gar nicht hier ertragen, Dario"
Es ist der Teufel, denn ich kenne diese Stimme.
Ich bin zu wertlos für den Himmel.

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