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Er hält meine Hand, während ich in die Küche gehe, ganz kleine Schritte, nur ganz vorsichtig. Es ist das erste mal, dass er mich alleine durch die Wohnung gehen lässt, das erste mal seit längerer Zeit, ansonsten war es nur Bad, und ich wollte auch gar nicht mehr, ich habe immer nur geweint. Ich will auch jetzt noch weinen. Immer noch brennen meine Arme, und immer noch sehe ich, wenn ich in den Spiegel schaue nur, wie wertlos ich doch eigentlich bin. Gestern durfte ich wieder alleine duschen, und er sah zum ersten Mal nicht so aus, als sei er nur enttäuscht von mir. Trotzdem hasst er mich, dass weiß ich. Seine Hand ist ungewohnt in meiner eigenen, denn sie ist so klein in meiner.
Ich will eigentlich nichts essen, ich bin doch eh schon so schwer, so übergewichtig, da will ich nicht noch mehr zunehmen, und ich bin eh schon so dick, dass kann jeder sehen, wann immer ich in den Spiegel sehe, sehe ich das ja. Zu runde Wangen, formlose Beine. Ich verstehe, warum man mich nicht hübsch findet.
" Iss bitte was, Dario", sagt er, streicht über meine Wangen und lächelt mich an. Dieses Gefühl, seine Hand auf meiner Wange, ist sehr, sehr schön; aber er macht das nur, damit ich ihm vertraue- und sobald ich ihm vertraue, wird er mir wehtun. Ich habe ihm noch nie vertraut, ich vertraue niemanden mehr. Niemals wieder. " Du bist doch eh schon so abgemagert", sagt er, reicht mir einen Apfel.
Ich sehe den Apfel an und weiß nicht, was ich tun soll; ich habe ihn schon viel zu oft enttäuscht, ich will ihn nicht mehr so traurig sehen, so enttäuscht. Also nehme ich winzig kleine Bissen, und irgendwann ist der Apfel weg und er lächelt mich sanft an, macht er sich schon wieder über mich lustig?
" Schau, war doch jetzt gar nicht so schlimm", sagt er aufmunternd, streicht mir wieder über die Wange und drückt mir einen Kuss auf den Haaransatz.
Warum macht er das, ich bin so wertlos, ich verdiene das gar nicht? Er will mich für sich gewinnen, wenn er mich danach am Boden zerschellen lassen will.
Ich schaue weg und fange wieder an zu weinen.

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