Ja, das ist die Realität. Ich habe es nach neun Monaten nun endlich einmal geschafft, dass freie Zeit und Auszeit meiner Schreibblockade wirklich zur gleichen Zeit stattfinden. Ich kann euch gar nicht sagen, wie leid es mir tut. Aber ich habe so unglaublich viel Stress in der Schule und jedes Mal, wenn ich wenigstens ein bisschen Zeit hatte, war es so gezwungen, dass mein Kopf einfach zu gemacht hat. Es ging wirklich nichts. Aber jetzt, nach einem wunderschönen und erholsamen Urlaub, hat es doch tatsächlich geklappt.
Vermutlich habe ich nur noch einen einzigen Leser (Hallöchen Neslihan, du treue Seele), aber das ist egal. Hauptsache meine Schreibblockade ist fürs erste überwunden.
So, da Schule noch immer stressig ist, weiß ich nicht in welchen Abständen Kapitel kommen. Jedoch kann ich euch versprechen, dass nächstes Wochenende auf jeden Fall ein neues Kapitel kommt. Und das wird auch länger sein. Was danach ist, weiß ich leider noch nicht. Aber in drei Wochen ist meine letzte Arbeit rum und dann werde ich hoffentlich mehr Zeit finden.
Bei allen Leser, die noch immer da sind, möchte ich mich so so so sehr bedanken. Und bei allen neu dazu gekommenen natürlich auch!
Und nach neun langen Monaten heißt es nun endlich wieder:
Much love,
Mrs. Sparkle____
Als Oliver an den vielen, vollbesetzten Tischen der Cafeteria vorbei ging, die unzähligen Wortfetzen, die zu ihm durchdrangen, ignorierend, sah er Tony schon von weitem aufschauen. Der Jüngere wartete, bis er sich gegenüber von ihm niederließ, ehe er ihm ein kleines Lächeln zuwarf. Oli bemerkte, dass er der Einzige von ihnen beiden war, der etwas zu essen vor sich stehen hatte. Tatsächlich erinnerte er sich nicht daran, Tony jemals essen gesehen zu haben. Wenn er sich jedoch in der Cafeteria umsah, stellte er fest, dass sein Gegenüber nicht der Einzige ohne etwas zu essen war. Vermutlich aß er vor und nach der Schule. Ehe er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, ergriff Tony das Wort. Etwas erstaunt darüber, dass er ein Gespräch anfing, schaute Oliver auf und widmete ihm seine ganze Aufmerksamkeit, obwohl er sogleich danach bereute, dies getan zu haben.
„I-Ich denke ni-nicht, dass es fair ist, w-wie du zu deiner Mutter bist."
„Ach ja?", fragte Oliver harsch, bereute seinen Ton jedoch sofort. Es war eindeutig nicht fair, wie er gerade zu Tony war. Zumal er ihm selbst gesagt hatte, sie würden ein andermal darüber reden. Doch er fühlte sich nicht bereit dafür, dass dieses andermal jetzt sein sollte. Er vertraute Tony und war sich sicher, dass er ihn verstünde – oder es wenigstens versuchte – doch darüber zu sprechen fiel ihm schwer. Weswegen er es auch noch nie getan hatte. Alle Versuche seiner Mutter hatte er in den Sand laufen lassen. Er wollte mit niemandem weniger darüber reden als mit seiner Mutter, die ja schließlich an allem Schuld zu sein schien.
Er wusste, dass es das Falsche war, doch er konnte sich nicht überwinden, dieses Gespräch zu führen, weswegen er sich weder für seinen barschen Ton entschuldigte, noch einen anderen anschlug. Es war nicht richtig, Tonys Unsicherheit so gegen ihn zu verwenden, aber Oliver dachte an nichts anderes, außer hier raus zu kommen.
Tony allerdings war über dass Wochenende viel zu neugierig geworden, weswegen er sich einredete, der Ältere sei nicht sauer auf ihn sondern es sei einfach ein sensibles Thema für ihn. Mit dieser Überzeugung beteuerte er erneut, dass er Olivers Verhalten nicht fair fand. Seine Mutter war ihm wie eine nette Frau vorgekommen, die sich sehr um ihren Sohn sorgte. Und sehr verletzt von seinem Verhalten war. Er verstand nicht, was Oliver dazu brachte, ihr so gegenüber zu treten und wollte wenigstens versuchen, es zu verstehen.
Als Antwort lachte jener allerdings nur gehässig auf, ehe er seinen Kopf schüttelte und hinzufügte: „Was weißt du schon?" Die Worte hinterließen einen bitteren Nachgeschmack in Olivers Mund und er musste den Blick abwenden, damit er sich nicht sofort entschuldigte.
Tony hingegen konnte seine Augen nicht von dem Gesicht des Älteren lösen. Er hatte ihn davor schon so grob erlebt, sowohl zu den Jungen, die ihn in der Nacht angegriffen hatten, als auch zu seiner Mutter, jedoch noch nie zu ihm selbst. Davor hatte er Tony immer behandelt als wäre er aus Glas, was ihm zwar auch nicht besonders gefallen hatte, doch es war ihm um einiges lieber als angeschrien zu werden. Sein Kopf schrie ihn förmlich an, das Thema nicht fallen zu lassen, sondern weiter zu fragen, doch er konnte nicht. Denn es kam kein einziger Ton aus seinem Mund, seine Brust zog sich zusammen und seine Stimmbänder schienen sich miteinander zu verknoten. Seine anfängliche Wut auf Oliver, da er ihn eindeutig zu unrecht so harsch behandelte, verwandelte sich schnell in Wut auf ihn selbst. Darauf, dass er nicht reden konnte, dass er so feige war. Dass er nicht normal war. Es war nicht ungewöhnlich, dass Tony die Schuld für falsches Verhalten anderer an sich selbst suchte. Das war einfacher, denn so wurde er immer fündig.
Vielleicht hatte Oli auch einfach keine Lust mehr auf ihn, vielleicht versuchte er sich zu sehr in sein Leben einzumischen. Tony hatte sich schon von Anfang an gewundert, warum jemand wie Oliver mit so jemanden wie ihm etwas zu tun haben wollte. Es wäre keine Überraschung, wenn Olivers anfängliches Interesse verschwunden wäre. Warum sollte es auch nicht? Tony war sich sicher, es müsste langweilig sein mit ihm Zeit zu verbringen, immerhin sprach er ja kaum ein Wort. Nicht, dass er etwas dafür könne, doch den meisten Leuten war das egal. Warum sollte Oliver anders sein? Warum sollte gerade er Tony eine Chance geben? Denn Tonys Meinung nach besaß er selbst nichts, was er dem Älteren bieten könnte. Also hüllte er sich wieder in sein Schweigen ein, ließ den Kopf sinken und zog seine Schultern nach oben. Es war wie ein kleines Schutzschild, das er um sich baute, um einer erneuten Abweisung zu umgehen. Denn egal wie oft er schon von anderen Schülern abgewiesen worden ist und wie sehr er sich wünschte, es würde nicht so sein, verletzte es ihn doch jedes Mal.
Oliver jedoch dachte gar nicht daran, den Jungen ihm gegenüber abzuweisen oder die Freundschaft zu beenden, bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte. Er wusste nicht genau warum, doch er mochte Tony wirklich. Er hatte eine beruhigende Wirkung auf Oliver und strahlte so etwas Vertrauenswürdiges aus. Und Oli war sich sicher, wenn Tony nicht mehr so unsicher in seiner Umgebung wäre, sondern offen und sich bei ihm wohl fühlte, dann könnten sie viel Spaß zusammen haben. Denn immer wieder in Situationen, in denen er sich wohlgefühlt hatte, hatte Tony durchblitzen lassen, dass er eigentlich für vieles zu haben war. Doch irgendetwas schien ihm einen Strich durch diese Rechnung zu machen, auch wenn Oliver noch nicht ganz verstanden hatte, was selektiver Mutismus nun wirklich war.Während die beiden eine Weile in drückender Stille gegenüber von einander saßen und jeglichen Blickkontakt mieden, Tony erneut in sein Buch vertieft und Oliver in seinem Essen herum stochernd, machte sich Olis schlechtes Gewissen immer mehr bemerkbar. So lange, bis er es nicht mehr aushielt, denn es war ihm sehr wohl bewusst, wie falsch er sich verhielt. Tony war der einzige Freund – oder wie auch immer man ihre Beziehung nennen wollte – und er war sich sicher, dass er das nicht verscherzen wollte. Zumal es auf keinen Fall okay war, Tonys Unsicherheit so gegen ihn zu verwenden. Die ganze Zeit hatte er daran gearbeitet, dass der Jüngere ihm vertraute und er wollte auf keinen Fall wieder bei null anfangen müssen. Also legte er das Besteck beiseite und seufzte, bevor er sich etwas ratlos über sein Gesicht fuhr. Wie sollte er nur anfangen?
„Tony", begann er vorsichtig. „Hör zu, es tut mir leid." Als der angesprochene weder sein Buch zur Seite legte noch aufsah, wurde er unsicher. Dennoch beschloss er, zu sagen was ihm auf dem Herzen lag. „Das gerade war nicht fair von mir, das weiß ich. Es ist nicht deine Schuld. Das ganze ist nur -", er geriet ins Stottern, weil er selbst nicht wusste, wie er die Situation zwischen ihm und seiner Mutter beschreiben sollte. „- sehr schwierig für mich. Wie du vielleicht merkst, rede ich nicht gerne darüber."
Als Tony endlich aufsah, versuchte Oliver es mit einem kleinen Lächeln, das jedoch unerwidert blieb. Gespannt wartete er auf eine Antwort, falls denn eine käme. Sein Gegenüber ließ sich die Worte noch einmal durch den Kopf gehen und versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass es wirklich nicht daran lag, dass Oliver ihm nicht vertraute, sondern es lediglich ein sensibles Thema war. Obwohl es ihm noch nicht gänzlich gelang, versuchte er trotzdem Oliver zu bestärken: „Reden hilft" Er räusperte sich leise und wandte unsicher den Blick ab. „Vi-Vielleicht." Geärgert von seinem Stottern schloss er seinen Mund wieder und blickte starr auf das geschlossene Buch vor ihm. Mit seinem Zeigefinger fuhr er langsam die einzelnen Buchstaben des Titels nach. Es war immer das selbe Buch, das er las. Wenn er fertig war, begann er von neuem, da es keine andere Lektüre gab, die ihn so fesselte wie Die Outsider von Susan E. Hinton. Die Freundschaft, die die Jungen des Romans verband, faszinierte ihn. Er wünschte sich, ebenfalls jemanden zu haben, dem er blind vertrauen könnte, nicht wissend, dass dieser jemand womöglich genau vor ihm saß.
Oliver schwieg ebenfalls, angespannt knirschte er mit den Zähnen. Chris war der einzige, mit dem er jemals auch nur ansatzweise über seine familiäre Situation geredet hatte und wohin hatte ihn das gebracht? Er schüttelte leicht den Kopf, denn es war nicht fair alles auf Chris zu schieben. Er hatte ihm immer die freie Wahl gelassen und ihn zu nichts überredet. Er alleine war daran Schuld, wo er jetzt war.
Doch Tony war nicht wie Chris. Er interessierte sich wirklich für ihn und wollte ihm nichts verkaufen. Der Jüngere hatte ihm bereits so viel über sein Leben erzählt, dass er es ihm schuldig war, auch etwas über sich preis zu geben. Er hatte ja gemerkt, wie unheimlich schwer es dem blauäugigen Jungen vor ihm fiel nicht nur über seine Krankheit, sondern auch über den Tod seines Vaters zu sprechen. Und dennoch hatte er es getan, er war vollkommen ehrlich zu ihm gewesen und jetzt war es an der Zeit, dass Oliver das selbe tat. Also setzte er sich aufrecht hin, streckte seine Schultern und schluckte hart, ehe er erneut ansetzte: „Ja, vielleicht", begann er leise. „Außerdem habe ich dir versprochen, dass wir darüber reden. Und wenn ich mich dir nicht anvertrauen kann, wem dann?" Dieses Mal wurde sein Lächeln erwidert, was ihn im Weiterreden bestärkte. Doch bevor er anfangen konnte, wurde er von der Klingel unterbrochen. Genervt seufzte er, da er sich nicht sicher war, ob er noch einmal den Mut finden würde, Tony alles zu erzählen. Auch der Jüngere schien nicht gerade erfreut über das Enden der Mittagspause. Da es jedoch keinen Sinn hatte, in den verbleibenden fünf Minuten zu versuchen sein komplettes Leben zusammenzufassen, stand Oliver mit dem noch fast vollen Tablett in seiner Hand auf. „Warte nach der Schule auf mich, okay? Ich erzähle dir heute alles, versprochen." Er hatte bewusst einen Zeitpunkt festgelegt, um Tony die Wahrheit zu sagen, da er wusste, wenn er es auf unbestimmte Zeit verschob, würde er sich auf ewig davor drücken und das hatte Tony nicht verdient. Nachdem von dem anderen lediglich ein stummes Nicken kam, drehte Oli sich mit einem letzten Lächeln um und verließ die Cafeteria, um zu seinem nächsten Unterricht zu kommen. Nicht nur den Lehrern war aufgefallen, dass er zuverlässiger und vor allem pünktlicher zum Unterricht kam, auch wenn er immer noch nicht all zu gut mitmachte und meistens nur müde über seinem Tisch hing. Aber sein neuer Job raubte ihm viel Schlaf und er hatte noch nicht genug Geld gespart, um aufzuhören. Dennoch war es ihm nicht entgangen, dass Tony unbewusst zumindest auf seine Unterrichtsanwesenheit einen positiven Einfluss hatte. Und obgleich er sich gerade fragte, ob er es bereuen sollte, dass er sich zu vollkommener Offenheit verpflichtet hatte, bereute er eines sicher nicht. Denn Tony schien die Lücke, die sein kleiner Bruder hinterlassen hatte, langsam aber sicher mit etwas anderem zu füllen. Denn wahre Freundschaft heilt so manche Wunden.
DU LIEST GERADE
Outlaws.
Teen Fiction„Family doesn't end with blood." Seine Familie kann man sich nicht aussuchen. Aber wenn man Glück hat, findet man im Laufe seines Lebens einen Freund, der ein wahrer Bruder ist. Doch Oliver gehörte noch nie zur Gewinnerseite. Und bei dem Versuch, je...