Verlassen, verraten und verkauft

Kapitel 26

Zayn P.o.V.

"Warte Zayn. Klopf noch nicht." stoppte mich Niall, bevor ich an der Tür von Amys ehemaligem Zuhause klopften konnte. "Was?" fuhr ich ihn schroff an. Vielleicht etwas zu schroff, aber ich war gereizt und überfordert. Ich war so kurz davor einfach alles und jeden nieder zu schlagen, weil ich so eine Wut hatte, und zwar auf mich selbst. Es machte mir mächtig zu schaffen, zu wissen dass Amy irgendwo im nirgendwo bei Ben war und er ihr sonst etwas antat.

"Vielleicht sollte nur ich rein gehen. Nachdem du ihrem Dad, das letzte Mal eine verpasst hast, wäre das doch schlau oder?" redete Niall auf mich ein. "Kannst du gleich vergessen. Es ist meine Schuld, dass sie weg ist und das heißt auch dass ich sie suchen muss UND auch mit ihrem Dad reden muss. Egal wie sehr ich diesen Mann hasse."   "Wie du meinst." 

Kurze Zeit nachdem ich geklopft hatte, öffnete sich die Tür. Wie erwartet stand dort Mr.Winston, Amys Dad. Er trug eine schlabbrige schwarze Hose, mit mehreren Löchern darin, dazu lediglich ein Unterhemd, das nicht mehr ganz so weiß war wie es sollte und von zwei roten Flecken bedeckt war, die wie ich annahm von dem Rotwein in seiner Hand stammten. Sein Gesicht sah nicht gerade besser aus, die Haare und der Bart viel zu lang, gerötete Augen und zur Krönung war sein rechtes Auge von einem satten blau-violett Ton umgeben. Ein Veilchen, das ich ihm nur zwei Tage zuvor verpasst hatte. Und ich würde es am liebsten erneut tun. Am besten sofort. Aber es war wichtiger etwas über Ben heraus zu finden, und so ungern ich es auch zugab, war ihr Dad einer der wenigen Leute die uns helfen konnten, vorausgesetzt er öffnete endlich einmal seine beschissene Klappe.

"Wasch wollt ihr hier?" schnauzte Mr. Winston uns an und versuchte kurz darauf die Haustür zu schließen, wurde aber von meinem Fuß aufgehalten, den ich prompt in den Türspalt stellte. "Nicht so schnell, wir wollen mit ihnen reden." Niall drückte kräftig gegen die Tür, sodass Amys Dad einige Schritte nach hinten schwankte, wir problemlos die Holztür öffnen konnten und anschließend eintraten. "Raussch. Raussch aus meinem Haus." nuschelte er. Er war wohl schon ziemlich betrunken. Vielleicht würden wir dadurch leichter etwas heraus finden.

"Sagen sie uns was wir wissen wollen und wir sind gleich wieder weg." sagte Niall neben mir. "Und wasch?" Er torkelte erneut einige Schritte zurück, bis er sich an eine Wand lehnte um nicht umzukippen. "Tun wir jetzt einfach Mal so als würden sie sich ein ganz kleines bisschen für ihre Tochter interessieren. Amy hatte vor einiger Zeit mal einen Freund namens Ben. Sie war ja sicher irgendwann bei ihm. Also wissen sie wo er wohnt?" fragte ich möglichst höflich, was anbedracht dessen was ich alles wusste, was er Amy getan hatte, wirklich wirklich schwierig war.

"Woher scholl ich dassch denn wissen? Glaubt ihr mich intereschiert so etwas? Euch würde ich dasch eh nicht sagen."  "So wie sie Amy behandeln glaub ich das sofort. Wissen sie wenigstens den Stadtteil oder so irgendetwas?"  "Damit sie wenigstens für etwas gut sind." flüsterte ich noch ihm nachhinein, was er Gott sei Dank nicht hörte. "Keine Ahnung. Southwark oder Lewisham oder doch Lambeth."   "Na toll. Dann können wir gleich ganz London absuchen." gab ich frustriert von mir. "Kopf hoch Zayn. Vielleicht finden wir in ihrem Zimmer noch irgendeinen Hinweis. Mr. Winston dürfen wir in Amys Zimmer."  "Ischt mir doch egal. Hauptsache ihr verschwindet schnell wieder. Treppe rauf, letzte Tür rechts."murmelte er, eher er mit dem Weinglas in der Hand torkelnd im Wohnzimmer verschwand. "Komm Zayn. Vielleicht finden wir dort etwas, was uns weiter helfen könnte." Ich folgte Niall die Treppe hoch, bis wir vor einer weißen Tür stehen blieben. Ich weiß nicht warum aber irgendwie hatte ich Angst das Zimmer zu betreten. So viel Schreckliches hatte Amy in diesem Zimmer schon erlebt. Ich wollte es mir nicht einmal vorstellen.

Knarrend ließ sich die Tür von Niall öffnen. Das Zimmer sah ziemlich heruntergekommen aus.    Am Ende des Zimmers stand ein Bett, dass so aussah als würde es bald zusammen krachen, ein ebenfalls alter Schrank mit dennoch hübschen Verziehrungen und sonst befand sich auf dem Boden noch ein zerfranster Teppich und das wars. Die Farbe blätterte an vielen Stellen schon von den Wänden und soweit ich das sehen konnte, war das eine Fenster neben ihrem Bett eingeschlagen und mit Klebeband das Loch verklebt. Links konnte ich noch eine Tür erkennen, aber sonst war hier nichts. "Und hier hat Amy gelebt?" fragte Niall geschockt. Ich fand es mindestens genauso schlimm. Der Rest des Hauses sah zwar auch etwas älter aus, aber das störte nicht, es war alles ganz nett eingerichtet aber hier? Hier wollte man doch nicht leben. "Na-na dann f-fangen wir mal an." stotterte Niall.