Als ich aufwachte, war mir kalt. Was war passiert?
Langsam kamen die Erinnerungen zurück.
Bibliothek. Weißer Raum. Hazzy. Wächter. Bett. Schlaf- Hazzy?
Verschlafen blinzelte ich meine Augen auf und fand mich in einem leeren Bett wieder. War ihm etwas passiert?Plötzlich hörte ich ein Rascheln von der anderen Seite des Raumes. Und da stand er.
Er hatte mir den Rücken zugewandt und wühlte durch meinen – unseren – Kleiderschrank.„Hazzy?“
Erschrocken drehte er sich um. Er hatte eine graue Jogginghose in der Hand, die fast aussah wie mei-
„Hey ist das meine Jogginghose?“
Nervös sah er auf die Hose in seinen Händen hinab.
„Ich… ich bin nicht… Ich bin nicht Hazzy“, sagte er schüchtern.
Erst jetzt sah ich ihm richtig ins Gesicht. Er trug… eine Brille?
„Harold?“
Er nickte scheu und zog den Kopf ein. „Ich… wollte dich nicht wecken. Ich bin aufgewacht und hatte gesehen, dass du deine Sachen noch gar nicht eingeräumt hast, und da wollte ich dir helfen?“ Er lächelte schüchtern und seine Grübchen kamen zum Vorschein. Ich erwiderte das Lächeln.
„Ich bin Louis.“
„Ich weiß“, er machte eine Kopfbewegung in Richtung meines Armbands, „hab ich vorhin auf deinem Bändchen gesehen.“
Er drehte sich zum Schrank zurück und legte meine Jogginghose hinein. Anschließend schloss er den Schrank und setzte sich zögerlich auf mein Bett, während ich noch immer in seinem lag. Ich stützte mich auf meinen Ellenbogen und wandte mich ihm zu, die Bettdecke locker über meiner Hüfte hängend.„Schön, dich mal kennenzulernen. Die anderen hab ich schon getroffen“, lächelte ich.
Er schnaubte. „Freu dich nicht zu früh. Ich bin nur der Nerd. Harold.“ Er zog eine Grimasse, als er seinen Namen aussprach.
Ich runzelte die Stirn. „Du magst den Namen nicht sonderlich, hm?“
Gedankenverloren strich er über die Bettdecke meines Bettes und schüttelte den Kopf.
Ich dachte kurz nach. „Wie wär’s mit Curly?“
Er sah mich mit großen Augen an.
„Naja, ‘Harold‘ klingt so… alt? Curly klingt irgendwie frecher. Frischer.“
Über sein ganzes Gesicht brach plötzlich ein riesiges Grinsen. Wie von einem Schwarm Bienen gejagt sprang er von meinem Bett auf und raste rüber zu mir. Wild fiel er mir um den Hals.
„Danke danke danke danke“, murmelte er in meine Schulter. Doch schlagartig schien er seine Reaktion zu bemerken und riss sich von mir los.
Panisch sah er mich an und stotterte vor sich hin. „Oh- oh nein, es tut mir so leid, tut mir so- so leid, das- das wollte ich nicht, ich-“
„Curly!“, rief ich lachend und sofort verstummte er, „schon gut.“
Er stimmte nervös in mein Lachen mit ein.Als wir uns beide beruhigt hatten, verfielen wir in eine gemütliche Stille. Jedenfalls empfand ich sie als gemütlich. Har- Curly dagegen spielte nervös am Bund seines Pullis herum.
„Alles in Ordnung bei dir?“
„Ja… ja. Ähm, wollen wir zur Cafeteria? Das Abendessen fängt gleich an“, sagte er leise.
Ich nickte, stand auf und gemeinsam verließen wir unser Zimmer, um zum Essen zu gehen.Wir gingen still nebeneinander her, während er nervös an seinen Fingern herumspielte und ich meine Socken dabei beobachtete, wie sie leicht im Teppich versanken.
"Werden die eigentlich auch gewaschen?", fragte ich auf einmal.
"Hm?", Curly schien überrascht von meiner Frage; er war scheinbar selbst in Gedanken versunken gewesen.
"Die Socken. Die müssen doch mal gewaschen werden, oder? Und der Rest unserer Kleidung?"
Curly nickte. "All deine Sachen, die gewaschen werden müssen, kommen in das große Wäschenetz, das im Bad hängt. Das Netz wird einmal wöchentlich abgeholt und so gewaschen, dann geordnet zum Trocknen aufgehängt, damit nichts durcheinander kommt und du zum Beispiel Zayns Klamotten bekommst. Von den Socken hast du mehrere Paare, die hab ich dir schon in den Schrank gelegt."Den Rest des Weges zur Cafeteria war es leise zwischen uns, doch die Gänge wurden voller - und somit auch lauter. Um uns herum strömten etliche Menschen in Richtung der Cafeteria und ich hatte Mühe, Curly nicht aus den Augen zu verlieren. Ich bahnte mir meinen Weg durch die Menschenmengen. So viele Gesichter. So viele Unbekannte. Und ich war wie Luft; keiner bemerkte mich. Ich war nur ein kleiner Teil der großen Menge.

DU LIEST GERADE
Mental
FanfictionAls der manisch depressive Louis nach einem gescheiterten Suizidversuch in eine Klinik für psychische Störungen eingewiesen wird, lernt er dort seinen neuen Zimmergenossen Harry kennen, der an einer Multiplen Persönlichkeitsstörung leidet. Nach und...