Das Frühstück verlief einigermaßen ereignislos. Aus Angst, das jemand meinen Arm berühren und meine Reaktion bemerken würde, ließ ich ihn einfach unterm dem Tisch auf meinen Beinen liegen. Allerdings war das wohl nicht so unauffällig wie ich gehofft hatte. Haz beobachtete mich immer noch mit ernstem, konzentriertem Blick.
Nur ein einziges Mal hatte er die ernste Miene fallen lassen.
"Du trägst Haz' Pulli", bemerkte Zayn. Plötzlich verstummten die Gespräche an unserem Tisch und alle Blicke wanderten zu mir.
"Ja, ich hab einfach irgendwas aus dem Schrank gerissen und da hab ich wohl seinen Pulli erwischt", lächelte ich nervös. Ich war es nicht gewohnt, dass mich so viele Leute anstarrten.
"Mich hätte er damals gekillt", lachte Zayn, und alle am Tisch stimmten mit ein.
"Ihr habt mal zusammen gewohnt?", fragte ich überrascht.
Zayn nickte. "So haben wir uns kennengelernt. Aber irgendwann meinte der Doc, dass H mich zu sehr provozieren würde. Also musste ich das Zimmer wechseln."
Lexi kicherte leise.
"Was ist?", fragte Josh sie leise.
"Haz hat Louis seinen Pulli gegeben. Haz mag Louis."
Ich spürte, wie ich langsam rot wurde.
"Mach mich nicht noch eifersüchtiger", scherzte Zayn und warf Haz seinen Arm um die Schulter, als er sich dramatisch an seine Seite warf und mit den Wimpern klimperte, "ich bin doch immer noch the one and only, richtig Haz?"
Beide brachen daraufhin in Gelächter aus, und mit einem grinsenden "Spinner." gab Haz Zayn einen Klaps auf den Hinterkopf. Alle lachten mit und versunken wieder in ihren eigenen Gesprächen.
Und bevor Haz sich an Zayn wand, bemerkte ich einen Blick, den er mir zuwarf. Er dauerte nur wenige Sekunden, aber er existierte. Er lächelte. Und es war nicht das typisch freche Haz-Lächeln. Es war ein echtes Lächeln. Aufrichtig.
Wir schlenderten durch die Gänge, saßen im großen Aufenthaltsraum, durch den ich an meinem ersten Tag - gestern; kaum zu glauben - hereingekommen war, und vertrieben einfach alle zusammen die Zeit.
Schließlich ertönte ein Gong durch die Lautsprecher und eine weibliche Stimme sagte: "Ein Uhr. Gruppen 1 bis 10 nun bitte zu den Therapieräumen."
Haz klopfte mir auf den Rücken. "Jetzt aber schnell. Normalerweise sollen wir beim Gong schon bei den Räumen sein."
Hektisch sprang ich auf. An meinem ersten Tag zu spät kommen? Bitte nicht.
"Ganz ruhig, du bist neu, da ist das kein Thema", lachte Haz, "weißt du den Weg noch? Ich könnte dich bringen..."
Haz und ich, alleine?! Oh bitte nic-
"Bullshit Haz, ich muss doch eh zum Pflegerzimmer", unterbrach Niall meine Gedanken, "komm Louis, auf geht's!"
Ich winkte den anderen noch einmal zu und folgte dann Niall durch die Gänge. Er schien immer noch etwas unter seinem Kater zu leiden; jedenfalls war er sehr still.Wir kamen schließlich bei den Therapieräumen an, und nachdem Niall sich verabschiedet hatte, klopfte ich vorsichtig an der Tür mit der Nummer 7 an.
Es war kurz still, bevor die Tür aufschwang und Liam vor mir stand.
"Louis, da bist du ja! Komm rein!"
Er legte mir eine Hand auf die Schulter und führte mich in den Raum.
Dort saßen etwa 15 Leute in einem Stuhlkreis. Zwei Stühle waren frei.
"Leute, das ist Louis. Er ist seit gestern hier und gehört jetzt zu unserer Gruppe", erklärte Liam der Truppe, während wir uns setzten. "Ich würde vorschlagen jeder stellt sich kurz vor, und dann fangen wir mit der Therapie an?" Alle lächelten und nickten einverstanden.
Liam sah zu dem Jungen neben ihm. Er saß schüchtern auf seinem Stuhl, die Hände in seinem Schoß gefaltet und starrte auf den Boden.
"John?", fragte Liam den Jungen, woraufhin er erschrak und zusammenzuckte, "möchtest du anfangen?"
Er nickte vorsichtig und sah in die Runde, bevor er mit kaum hörbarer Stimme anfing zu reden.John war 16 Jahre alt und seit einem halben Jahr hier. Er hatte eine soziale Phobie und bekam schnell Panikattacken, wenn zu viele Menschen um ihn herum waren oder er berührt wurde. Er hatte sich bisher soweit gebessert, dass er schon in unserem kleinen Stuhlkreis sitzen konnte.

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Mental
Fiksi PenggemarAls der manisch depressive Louis nach einem gescheiterten Suizidversuch in eine Klinik für psychische Störungen eingewiesen wird, lernt er dort seinen neuen Zimmergenossen Harry kennen, der an einer Multiplen Persönlichkeitsstörung leidet. Nach und...