Müde blinzelte ich den Schlaf aus meinen Augen, als das goldene Sonnenlicht durch die Vorhänge brach und auf mein Gesicht traf.
Nach und nach kamen die Erinnerungen an gestern Abend zurück. Harry und ich waren durch den Garten gegangen. Ich war ohnmächtig geworden. Dann hatten wir uns gemeinsam den Sonnenuntergang angesehen, zusammen unter der gemütlichen Decke. Aber wie bin ich von dort wieder hier her in mein Bett gelangt? Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie wir zurück auf unser Zimmer gegangen waren. Aber da war nichts.
Ich hörte ein leises Knartschen der Badezimmertür und sah, wie Harry in frischer Kleidung ins Zimmer trat. Schnell fiel mir allerdings die Brille in seinem Gesicht auf.
Curly.
"Guten Morgen", begrüßte er mich leise, bevor er zu seinem Bett ging und sich ruhig daraufsetzte. Er war mir zugewandt und zog seine Beine in den Schneidersitz.
"Morgen, Curly", lächelte ich.
Sofort leuchtete sein ganzes Gesicht auf, als ich seinen Namen aussprach. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Seine Freude über den Namen ist einfach... ansteckend.
Als ob du Schwuchtel nicht "süß" sagen wolltest. Als. Ob.
"Gut geschlafen?"
Ich nickte. "Weißt du... weißt du zufällig, wie wir gestern Nacht wieder zurück aufs Zimmer gekommen sind? Ich kann mich gar nicht mehr dran erinnern", fragte ich ihn neugierig. Leider schüttelte er den Kopf. "Ich bin erst seit heute morgen hier. Was hast du denn gemacht? Und... mit wem?"
Ich lachte. Theoretisch stand ja Harry selbst vor mir - und doch musste ich ihm erzählen, was ich mit 'ihm' gemacht hatte. Bizarre Situation. "Harry und ich haben uns gestern den Sonnenuntergang im Garten angesehen. Ich weiß allerdings nicht mehr, was danach war." Curly zuckte mit den Schultern. "Vielleicht bist du ja eingeschlafen. "
Das war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen. War ich eingeschlafen? Hatte Harry mich zum Zimmer getragen? Ich ärgerte mich etwas darüber, dass ich das nicht mitbekommen hatte.
Bah. Hör mir auf.
"Du und Harry, ihr steht euch schon recht nahe, oder?"
Seine Frage kam recht überraschend, und ich wurde rot. War das etwa so offensichtlich? Aber Moment, wie wusste Curly davon?
Ich nickte schüchtern. "Kannst du das spüren?"
Curly zögerte. "Nicht direkt. Ich kann nur spüren, dass ich dich gut leiden kann. Und sowas ist eher selten, wenn man jemanden nur kurz getroffen hat. Du musst dich wohl mit uns allen gut verstehen. Aber... Wie ist das mit H? Mag er dich etwa auch?!"
Er sah mich mit großen Augen an.
Bei der Erwähnung von H lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. "Nein. Der kann mich nun wirklich nicht leiden", lachte ich. Wo wir gerade von H sprachen... Sollte ich Curly von seinem Plan erzählen? Aber was, wenn ich grade in Wahrheit nicht mit Curly sprach... Sondern mit H? Konnte er sich schon so gut als einen der anderen ausgeben?
"Wollen wir zum Frühstück?"
Mein Kopf schnappte hoch, als Curlys Stimme mich aus meinen Gedanken riss.
"Klar, ich mach mich eben fertig, ja?"
Curly nickte, also schnappte ich mir ein Outfit und ein frisches Paar Socken aus dem Schrank und flitzte ins Bad. Ich beeilte mich dabei, mich fertig zu machen. Beim Wechseln meines Verbandes lief mir ein kalter Schauer über den Rücken - der Anblick meiner Narben machte mich nicht gerade stolz. Und ich spürte den Drang, eine neue Narbe zu hinterlassen. Nein. Nicht heute. Ich hatte schließlich Großes vor - ich wollte unbedingt mit Liam über Harry - bzw. H - sprechen.

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Mental
Fiksi PenggemarAls der manisch depressive Louis nach einem gescheiterten Suizidversuch in eine Klinik für psychische Störungen eingewiesen wird, lernt er dort seinen neuen Zimmergenossen Harry kennen, der an einer Multiplen Persönlichkeitsstörung leidet. Nach und...