# 7 bedrohlicher Brandfall

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Mit kräftigen Tritten trieb Amy Ihr Fahrrad an. Wütend schnaubte sie. Herr Nuka regte sie noch immer auf. Wieso konnte er sich nicht einfach für sie freuen und sie ermutigen. Nein stattdessen blieb er stur und beharrte darauf, dass der Avatar irgendein spiritueller Meister sein muss. Mit rasantem Tempo näherte sie sich dem Wald und bog um eine Kurve. Vor lauter Wut hätte sie fast ein etwaskleineres Mädchen mit einem braunen Lockenkopf umgefahren. Scharf trat sie auf die Rücktrittbremse ihres Fahrrads. Erschrocken sprang das Mädchen zur Seite und starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Nur einige Meter von ihr blieb sie stehen. Ein erleichterndes Keuchen war von Amy zu hören. „Sorry das wollte ich nicht.", entschuldigte sie sich sofort bei dem kleinen Mädchen. Als Amy den Kopf drehte sah sie die schwarze Bremsspur, die sich hinter ihr deutlich abzeichnete. Sie musste schlucken. Sie war zu sehr auf ihre Gefühle fixiert gewesen. Zu sehr wütend auf Herr Nuka, dass sie fast ein Mädchen umgefahren hatte. Noch immer saß ihr der Schock in den Knochen. Das durfte sie sich nicht noch einmal erlauben, denn wenn sie sich beim Bändigen ablenken lies, konnte das böse ausgehen. Noch einmal entschuldigte sie sich bei dem Mädchen und fuhr weiter. Was kümmerte sie denn Herr Nukas Einstellung? Sie würde das schon alleine schaffen. Also nicht ganz alleine, sondern mit Hilfe ihrer Freunde. Mit diesen Gedanken zerrte Amy ihr Fahrrad hinter das Himbeergestrüpp und machte sie pfeifend auf den Weg zur geheimen Lichtung des weißen Opals. Zum Glück hatte sie sich schon in der Schule ihre Sportkleidung angezogen, denn sie schwitzte schon, als sie ihr Ziel erreicht hatte. Fröhlich begrüßte sie alle Anwesenden. Yase stand gemeinsam mit Lukas am Rande der Lichtung und unterhielt sich mit ihm. Als sie Amy erblickte lächelte sie zurück. Auch Liz und Emilia hatten sich einen schattigen Platz gesucht, um ungestört zu trainieren. Jason und Niko hingegen duellierten sich auf dem dafür vorgesehenen Platz. Nur die beiden Brüder schienen noch nicht da zu sein. „Hey.", ertönte Lukas' Stimme. Erschrocken drehte sie sich um. „Oh hey Lukas. Ich bin gleich fertig. Warte kurz.", erwiderte Amy strahlend und lief hastig zur großen Trauerweide, um ihre Jacke und ihre Schultasche dort abzulegen. Gerade als sie wieder eilig zu ihrem Mentor zurücklaufen wollte, prallte sie gegen eine gut trainierte Brust. Sie hatte sich zu schnell umgedreht und nicht bemerkt, wie sich ihr jemand genähert hatte. An ihrer Aufmerksamkeit musste sie unbedingt noch arbeiten. Blinzelnd blickte Amy hoch, um der Person, gegen die sie geknallt war ins Gesicht zu sehen. Es war Jason, der sie merkwürdig betrachtete. Es schien, als ob er sie aufs Neue zu mustern und in ihr jetzt eine gänzlich andere Person zu sehen. Anscheinend war die Avatargeschichte etwas ungewöhnlich für ihn, aber ich mein das sind Bändiger. Was ist da denn noch normal? „Ich soll dir von Lukas ausrichten, dasss ihr noch auf Yosha warten müsst.", erklärte er ihr ohne jegliche Gefühle. „Danke.", antwortete Amy ebenso schroff, fügte dann jedoch ein etwas unsicheres Lächeln hinzu. Doch Jason übersah es einfach und ging zu Yase, die es sich im Schatten des großen Stein gemütlich gemacht hatte. „Was war das denn bitte schön?", wunderte sich der junge Avatar. Naja dass kann sie ihn ja ein andermal fragen, entschied sie sich und zuckte mit den Schultern. Zum fünften Mal an diesem Tag zog sie ihr Haargummi fester, band ihre Schuhe und überprüfte ihre Kleidung. Dann schritt sie auf Lukas zu der einige Schriftrollen studierte. Als der sie erblickte lächelte er sie an. Na wenigstens einer an diesem Tag, schnaubte Amy innerlich. Zaghaft lächelte sie zurück. „Na aufgeregt?", erkundigte er sich und erntete dafür einen bösen Blick von Amy. Sie hüpfte natürlich nur zum Spaß von einem Bein aufs andere. Achtung! Sarkasmus! Als ihre Beine schließlich scmerzten ging sie dazu über sich nervös durch ihren Pferdeschwanz zu fahren. Was wäre, wenn Lukas sich täuschen würde und sie das Luftbändigen überhaupt nicht meistern konnte. Endlich erblickte sie den schwarzen Haarschopf von Metzo. Und wo Metzo war, war auch sein Bruder nicht weit entfernt. Und tatsächlich. Strahlend kam Yosha ihnen entgegen. Doch als er Amy erkannte, änderte sich sein Gesichts kurzzeitig in einen Unbestimmbaren Ausdruck. Der Avatr runzelte die Stirn. Warum sahen sie alle ihre Freunde jetzt so merkwürdig an? Ja klar wegen der ganzen Avatargeschichte, aber das war doch auch nicht merkwürdiger, als dass es Leute gab die die vier Elemente beherrschen können. Doch schon lächelte Yosha sie wieder an. „Hey! Cool. Jetzt bin ich nicht mehr alleine!", freute er sich. Und das meinte er ehrlich hörte Amy aus seinen Worten heraus. Also fand er das mit dem Avatar wohl doch nicht so schlimm. Erleichtert seufzte sie leise. Hoffentlich konnte sie sich nachher auf ihre Ausbildung konzentrier und musste nicht an die anderen Bändiger denken. Die Blicke mit denen sie Amy gestern angeschaut hatten spürte Amy noch immer auf ihr „Ja ich mich auch. Können wir jetzt anfangen Lukas?" „Klar. Ich hab mir gedacht wir fangen heute mit der Übung „das Blatt im Wind" an." Schon wieder runzelte Amy die Stirn. Hatte sie das Wort nicht schon mal gehört? Das Blatt im Wind. Angestrengt suchte sie nach dem Begriff in ihrem Gedächtnis, doch Yosha kam ihr zuvor: „Ist das nicht diese Übung mit den drehenden Wänden, die die Mönche früher erfunden haben?" „Genau. Das ist ein antikes Gerät, bei dem es sich um kleine drehende Wände aus Papier handelt, die mit einem Luftstoß zum Drehen gebracht werden. Der Luftbändiger, oder die Luftbändigerin muss dann dort hindurch gehen und dass ohne eine der Wände zu berühren. Die Person muss dazu wie das Blatt im Wind sein und bei jeder kleinsten Bewegung die Richtung ändern können. Aber zuerst solltet ihr die Grundstellung zum Luftbändigen einnehmen." ,erklärte ihnen Lukkas. Sofort nahm Yosha eine bestimmte Position ein. „Für dich Amy: Stell den rechten Fuß etwas nach vorne, dann nehme deine Armen nach oben bis zu deinem Oberkörper und öffne deine Hände. Die rechte flache Hand nimmst du dabei etwas weiter nach vorne und die linke nimmst du wie zu Schutz näher an deinen Körper." Wie der perfekte Tutor führte Lukas Amy in die Welt der Luftnormaden und verdeutlichte ihr den Zusammenhang und Sinn der verschiedenen Übungen. Bis sie endlich das Highlight des Tages erreichten. „Ich glaube, du bist weit genug. Wir können jetzt mal die Übung „Das Blatt im Wind" versuchen.", meinte Lukas plötzlich, als Amy zum tausendsten Mal eine einfache Luftbändiger Übung vorführte. Sofort hellte sich Amys Gesicht auf. Doch auch gleichzeitig merkt sie, wie erschöpft sie war. Gequält biss sich Amy auf die Unterlippe. Diese Übung würde sie noch durchhalten. Auf Lukas' Worte hin nickte Yosha eifrig und sauste auf die andere Seite der Lichtung, in der Nähe eines Kastanienbaums, wo die Erdbändiger meistens trainierten. Und tatsächlich kehrte er nur eine Minute später mit Jason und Yase im Schlepptau zurück. Angestrengt versuchte Amy eine Erklärung dafür zu finden, während sich die Drei mit Lukas berieten. „Amy, komm mal her!" Artig unterbrach Amy ihre Übung und folgte Lukas' Anweisung. „Du weißt ja, dass wir keine solche Konstruktion haben, aber diese Übung geht auch anders. Deswegen helfen uns Jason und Yase netterweise. Die beiden werden sich die Augen verbinden und mehrere Felsbrocken auf einem Bestimmtem Gebiet hin und her bändigen. Der Kreis im Boden - siehst du ihn? - ist die Grenze. Du musst einfach einmal durchlaufen. Verstanden?" „Klar." Alle Jugendliche nahmen ihre Stellungen ein. Yosha stand aufbruchsbereit am Kreisrand und wartete darauf, dass es los ging. Amy hatte ihm den Vortritt gelassen, oder Lukas hatte ihn eher gesagt als Vorführmodell eingesetzt. Kaum bewegten sich die ersten Felsbrocken, flitzte Yosha los. Mit leichten Schritt, geschlossenen Augen und in der Grundstellung betrat er den Kreis. Amy beobachtete gespannt wie sich von hinten ein riesiger Felsen mit enormer Geschwindigkeit Yosha näherte. Doch der mache einen Schritt nach links, jedoch nicht zu weit, da sich von dort wieder ein weiterer Felsen an ihm vorbei zischte. Immer mehr Felsen flogen einen halben Meter über den Boden auf die Person zu, aber kein einziger traf sein Ziel. Sicher erreichte Yosha die andere Seite. Applaus ertönte von den umstehenden Schaulustigen. Fast alle Bändiger, die derzeitig beim weißen Opal waren, würden Amy zu schauen. Diese musste mit den immer wachsenden Angstgefühl kämpfen. Vorsichtig beäugte sie die Felsen, die am Rand standen. Diese Brocken waren die gerade klein und auch nicht gerade langsam unterwegs. Wenn sie von einem dieser Teile getroffen werden würden, würde das sicherlich ganz schön weh tun. Mit flehenden Blick sah Amy zu Jason. Hoffentlich würde er nachsichtiger mit ihr umgehen, doch er blickte nur stur zu Yosha, ohne jegliche Gefühlsregung. Nun blickten alle den Avatar an, der seine erste Luftbändigerstunde zu meistern hatte. „Achte auf die kleinsten Veränderungen der Luft. Du wirst sie kommen spüren. Nicht mit den Augen sehen. Und dann schau wohin dich der Wind trägt und weiche dorthin aus.", rief sich Amy die Die unzähligen Tipps von Lukas ins Gedächtnis. Fest entschlossen kniff sie die Augen zusammen. Sie spürte, wie die Felsen vor ihr vorbei rauschten. Mit langsamen Bewegungen traute sich Amy einen Schritt in den Kreis. Sie spürte von links eine Veränderung in der Luft ein Brocken kam auf sie zu. Sofort ging Amy einige Schritte weiter vor, doch dort war sie in der Bahn von einem weiteren Felsen, der sie schmerzhaft gegen den nächsten Felsen schleuderte. Mit voller Wucht knallte das Mädchen gegen den Brocken, der sie wiederrum wieder weg von sich stieß. Bevor sie jedoch ihr Gleichgewicht wieder finden konnte, erwischte sie der nächste Stein. Wieder spürte Amy unzählige schmerzhafte Zusammenstöße. Ihre Schulter brannte schon unaufhörlich und an ihren Fingern spürte sie viele Schürfwunden. Doch schließlich landete sie auf dem Boden und kein weiterer Stein kam ihr entgegen. Amy hustete Staub und starrte sich verwundert auf ihre blutigen Finger. Da bemerkte sie die Schatten über ihr und blickte auf. „Das war ganz gut für den Anfang. Aber du hast nicht auf die Wind Richtung geachtet. Den ersten Stein hast du zwar gefühlt, aber du hast nicht darauf geachtet, wo ein weiterer Stein kommt, oder wohin du ausweichen musst. Du hättest dich einfach etwas vom Wind tragen lassen müssen. Probier's gleich nochmal." Lukas war ein ungnädiger und strenger Lehrer. Aber gut. Bis zum Abendgrauen musste Amy die Übung machen, bis Lukas sie schließlich völlig erschöpft im Schatten der großen Trauerweide hinsetzen ließ. Doch dem jungen Avatar blieb keine einzige Verschnaufpause gegönnt.

Welcome back ~ Avatar der Herr der Elemente Ff ~ Buch 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt