Kapitel 7

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Das Klingeln meines Weckers riss mich am nächsten Morgen unsanft aus dem Schlaf. Ich stöhnte und tastete, mit noch geschlossenen Augen, nach meinem Wecker, um möglichst schnell die Schlummertaste zu betätigen und dem nervtötenden Piepen ein Ende zu bereiten. Als ich die Schlummertaste endlich gefunden hatte, drückte ich hastig auf den Knopf und atmete erleichtert aus als die wohltuende Stille mich wieder umgab. Langsam öffnete ich meine Augen und blinzelte, als ich sah, wie hell es in meinem Zimmer ist. Irritiert sah ich zu meinem Fenster. Die Jalousien waren noch komplett oben. Ich musste gestern Abend wohl vergessen haben sie runterzulassen.

Gestern Abend!  fuhr es durch mein Hirn. Langsam erinnerte ich mich an den Spaß mit Matt, dem Streit zwischen Matt und Jason und anschließend an den zwischen mir und Matt. Vielleicht hatte ich übertrieben. Immerhin konnte Matt ja nichts dafür, was Jason mir angetan hatte. Ich würde heute zu ihm gehen und ihm erklären, wieso ich so ausgerastet war. Seufzend quälte ich mich aus meinem Bett und fing an mich fertig zu machen.

***

„Jetzt erzähl schon, wie war's gestern Abend?", Amber hüpfte aufgeregt neben mir her und sah mich mit erwartungsvollem Blick an. „War in Ordnung.", presste ich zwischen meinen Lippen hervor und sah sturr gerade aus, während wir den Gang zur Mensa entlang gingen. Auch ohne mich zu Amber umzudrehen, wusste ich, dass diese Antwort sie nicht zufrieden gestellt hatte und sie jetzt wahrscheinlich schmollend ihre Unterlippe nach vorne geschoben hatte. Ein kurzer prüfender Blick zu Amber bestätigte meine Vermutung. Ich seufzte. Ich wusste, dass sie nicht locker lassen würde, bis ich alles bis ins kleinste Detail erzählt hätte. Manchmal war Amber echt ziemlich anstrengend, dennoch konnte ich nicht abstreiten, dass sie die beste Freundin war, die man sich vorstellen konnte. Ich hatte zwar nicht viel Vergleich, doch den brauchte ich für diese Aussage auch gar nicht.

Ich fing an ihr vom gestrigen Abend zu erzählen. Aufmerksam hörte sie zu und gab zwischendurch ein Kichern von sich. Doch als ich ihr von meinem Streit mit Matt erzählte wurde sie ernst. „Du solltest ihm das erklären, Alexa!", meinte sie und sah mich mitleidig an. Sie wusste, dass es mir nicht leicht fiel, mit anderen Leuten über mich selber zu reden, schon gar nicht über Sachen, die mir selbst nach drei Jahren noch einen Stich versetzten und immer noch an meinem, sowieso schon auf eine Mindestgröße geschrumpften, Ego nagten. „Ich weiß!", gab ich entnervt von mir. Mein Blick flog suchend über die schon eingetroffenen Schüler und suchte nach Matt, Jason und dem Rest, doch zu meinem Erleichtern konnte ich sie nirgendswo entdecken. Ich wollte das Gespräch noch ein wenig herauszögern. Gespielt enttäuscht drehte ich mich wieder zu Amber um und zuckte resignierend mit den Achseln: „Schade, ich kann Matt weit und breit nicht entdecken... Du etwa?", fragte ich unschuldig. Amber verdrehte die Augen. „Dann eben nach der Schule.", meinte sie triumphierend, denn sie würde schon dafür sorgen, dass ich mich nicht davor drücken konnte. Ich wandte mich wieder meinem Essen zu und schaufelte lustlos meinen Salat in mich rein, während Dora mir munter von irgendeinem Typen erzählte, der sich im Chemie Kurs neben sie gesetzt hatte und wohl unglaublich gut aussah. Tapfer ließ ich Ambers Schwärmerei über mich ergehen und kaute solange auf meinen geschmacklosen Salatblättern rum. Mein Blick fiel auf ein Mädchen am Tisch neben uns, die gerade einen Burger verschlang, den sie sich wohl von der Essensausgabe geholt hatte. Sehnsüchtig sah ich ihr zu, wie sie in den saftigen Burger biss. „Erde an Alex!", drang eine Stimme zu mir durch und unterbrach meine kleine Hungerattacke. Amber folgte meinem Blick. Mitfühlend musterte sie mich. „Du weißt, dass ich es nicht gut finde, dass du dich so verändert hast, nur um Aufmerksamkeit von Jason zu bekommen. Glaub mir, wenn ich nicht wüsste, dass du ihn eh nicht essen würdest, würde ich jetzt aufstehen und dir diesen blöden Burger von meinem letzten Geld ausgeben.", seufzte sie theatralisch und sah mich anschuldigend an. Genervt verdrehte ich die Augen. Tatsächlich war ich während der Ferien extrem hartnäckig gewesen, was meine Ernährung anging. Um genau zu sein, wusste ich schon gar nicht mehr, wie Schokolade schmeckte. Mein Blick glitt wieder zu dem Burger. Ich sagte Amber wohl besser nicht, dass ich gerade einen Schwächeanfall erlitt und definitv in diesen verdammt lecker ausssehenden Burger reinbeißen würde, wenn ich könnte. „Du hast gleich Englisch.", meinte Dora und wackelte mit den Augenbrauen. Ich nickte nur abwesend. Sie sagte das nicht nur so. Sie wusste, dass ich Englisch mit Matt hatte und spielte darauf an, dass das eine gute Gelegenheit wäre mit ihm zu reden. Ich mochte Matt und wollte diesen Streit  aus der Welt schaffen, da er mich mehr beschäftigte, als ich Amber gegenüber zugab.

***

Ich warf meine Tasche achtlos neben mich auf den Boden und ließ mich seufzend auf den Stuhl fallen. Ich sah mich unauffällig im Klassenraum und sah enttäuscht, dass weder Matt noch einer seiner Freunde schon da waren. Es vergingen einige Minuten, ehe unsere Lehrerin den Raum betrat und immer noch keine Spur von Matt. Wahrscheinlich schwänzten er und seine Freunde Heute. Das würde auch erklären, wieso sie sich gestern scheinbar ohne nachzudenken mit Alkohol zugekippt hatten. Mein Blick wanderte wieder nach vorne und ich gab mir größte Mühe dem Unterricht zu folgen, während meine Augen immer wieder drohten zu zufallen. Ich war so unlaublich müde!

Der Unterricht war für heute überstanden. Enttäuscht Matt nicht doch noch irgendwo auf dem Gang getroffen zu haben, machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ich stöpselte meineKopfhörer ein und summte leise zu meinem momentanem Lieblingslied mit:

Don't Make Me Choose –Nick Jonas.

The DecisionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt