Kapitel 10

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Konzentriert starrte ich auf den Zettel, der auf meinem Schreibtisch lag. Die gähnende Leere, die auf dem Blatt Papier herrschte, machte mich fertig. Schon seit einer halben Ewigkeit, saß ich auf meinem Schreibtischstuhl und zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich Jasons Herz erobern könnte. Bis jetzt war ich nur zu der Schlussfolgerung gekommen, dass ein trainierter Hintern offensichtlich doch nicht genug war, um Jason um den Finger zu wickeln. Schon seit einer Woche hatte ich weder mit ihm geredet, noch mit ihm geschrieben oder sonstiges. Um genau zu sein hatte ich nicht einmal seine Nummer.

Seine Nummer!

Ich riss die Augen auf. Wieso war ich da nicht früher drauf gekommen? Ich könnte ihn einfach anschreiben, wenn ich seine Nummer hätte. Und ich müsste dabei vorerst nicht einmal mit ihm reden. Somit würde mir praktischerweise auch sein unverschämt hübsches Gesicht erspart bleiben, dass mich regelrecht einschüchterte.

Alex, er ist ein Idiot!, ermahnte ich mich selbst für diesen viel zu netten Gedanken und schüttelte angewidert von mir selber den Kopf.

Mein eigentlicher Plan schoss mir wieder durch den Kopf. Ich ließ den Stift fallen, den ich unterbewusst die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte und ließ meinen Blick suchend durch mein Zimmer schweifen. Ich blieb an meinem Handy hängen, das auf meinem Bett lag und eilte hastig darauf zu. Ich schnappte mir mein Handy und ließ mich noch ehe ich es entsperrt hatte auf mein weiches Bett fallen.

Nachdem ich Matts Kontakt angetippt hatte und meine Finger in Rekordzeit eine Nachricht mit meiner Bitte, mir Jasons Nummer auszuhändigen, getippt hatten, sah ich angespannt auf den Bildschirm. Wahrscheinlich war die Handyidee meine letzte Chance, denn das mit der neuen Alexa mochte vielleicht ab und zu klappen, aber auch nur von außen, denn innerlich erlitt ich jedes Mal einen halben Herzinfakt, wenn irgendwer mich ansprach, den ich nicht richtig kannte, womit jeder außer Amber und Mum gemeint war. Ein paar Minuten später sah ich, wie die blauen Haken blau wurden und unter seinem Namen das Wort „schreibt..." erschien. Erwartungsvoll starrte ich auf den Display. Es kam mir so vor, als würde er eine Ewigkeit schreiben, was mir irgendwie gar nicht passte. Er sollte mir doch einfach nur den Kontakt schicken!

Warum? Erschien seine Antwort auf dem Bildschirm. Das war doch nicht sein Ernst?! Dafür hat er so lange gebraucht? Für diese fünf Buchstaben plus Satzzeichen?

Schick mir bitte einfach den Kontakt. Ich hab keine Zeit. Antwortete ich. Ich war mir sicher, dass ich gerade mindestens doppelt so schnell schrieb, wie sonst, aber desto eher ich Jason schrieb, desto eher ist mein Plan auch erledigt.

Wenn du Zeit hast um mit Jason zu schreiben, hast du auch Zeit mir auf meine Frage zu antworten. Also wofür willst du seine Nummer?

Genervt stöhnte ich auf. Wieso stellte er sich denn jetzt so quer. Das war doch jetzt nun wirklich keine allzu große Bitte.

Wieso gibst du mir nicht einfach Jasons verdammte Nummer?

Ich musste nicht lange warten, bis eine Antwort kam: Weißt du, in der Zeit hättest du mir wahrscheinlich schon längst erzählen können, wofür du seine Nummer brauchst. Aber ich hab ja Zeit...

Fassungslos sah ich auf den Bildschirm. So ein Idiot! Langsam wurde ich ungeduldig. Ohne wirklich nach zu denken, tippte ich auf den kleinen Hörer an der Seite und hörte kurz darauf wie das Tuten verstummte. „Was ist dein Problem?", giftete ich genervt in den Hörer.

„Mein Problem ist, dass du offensichtlich lieber mit dem Idioten schreiben willst, der dir das Herz gebrochen hat als mit mir und mir dann nicht mal sagen willst wieso!", schoss er zurück.

„Es geht dich auch nichts an. Eigentlich kenn ich dich ja gar nicht wirklich."

Er schnaubte. „Du gibst dir ja auch nicht sehr viel Mühe mich kennenzulernen!"

„Vielleicht will ich das ja auch gar nicht! Außerdem brauch ich das auch gar nicht, weil ich weiß dass du genau wie Jason bist!", konterte ich. Erst als aus der Leitung keine Antwort mehr kam, fiel mir die Tragweite meiner Worte auf. „Matt, es tut mir..."

Doch er unterbrach mich bevor ich meinen Satz aussprechen konnte: „Achso, so ist das also?! Du musst die Leute also gar nicht kennenlernen um zu wissen, wie sie sind. Weißt du, wenn ich diese Begabung auch hätte, dann hätte ich mich niemals mit dir unterhalten. Dann hätte ich mir das hier gespart."

Ich wusste, dass er verletzt und sauer war, doch diese Worte trafen mich härter als ich zugeben wollte.

„Matt, ich...", ich stockte. Ich wusste nicht was ich sagen soll. Nichts was ich sagen könnte schien den direkten Vergleich mit Jason zu entschuldigen.

Er schien zu merken, dass ich nichts zu sagen hatte, denn er ergriff das Wort wieder: „Weißt du was? Ich hab jetzt auch keine Zeit mehr. Such dir doch jemand anderen, der dir Jasons Nummer besorgt, weil ich möchte nichts damit zu tun haben, wenn Jason dich demnächst wieder fallen lässt und dir das zweite Mal das Herz bricht...." Kurz brach er ab. Doch dann presste er noch einen letzten Satz durch seine Lippen: „Wenn ich wie Jason wäre, hätte ich dich schon längst flachgelegt!" Den letzten Satz sagte er etwas ruhiger. Er klang nicht mehr sauer, sondern eher enttäuscht und er sagte es genauso kraftlos, wie als wir nach dem Ärger mit Jason am Lagerfeuer gesessen hatten. Kurz darauf war die Leitung tot. Langsam nahm ich mein Handy von meinem Ohr und sah ungläubig auf den Display der mir mitteilte, dass Matt mittlerweile offline war.

Wie konnte das bloß passieren? Ich wollte doch einfach nur Jasons Nummer. Das war alles viel zu schnell gegangen. Ich wollte mich doch gar nicht mit ihm streiten...

The DecisionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt