Kapitel 13

194 19 2
                                    

Ich atmete tief durch, ich hatte es tatsächlich wieder in mein Zimmer geschafft. An der äußeren Mauer war ich um den Palast herumgeklettert und wieder über den Balkon in mein Zimmer gelangt. Ich hoffte niemand hatte mich gesehen, aber das war das kleinere Übel. Meine Hände waren von den kantigen Steinen der Palastmauern zerschrammt und bluteten. Für mich war das nichts schlimmes, aber als Suvaris am Abend zu mir kam, erschrak sie. Ich hatte meine Hände zwar gesäubert und mir wieder das violette Leinenkleid angezogen, aber die Schnitte und Kratzer waren geblieben. Auf die Frage, was ich denn gemacht hatte, antwortete ich mit einem Schulterzucken, das sie wohl noch mehr aus der Fassung brachte. Sie eilte schnell aus dem Zimmer und lies mich wieder alleine. Ich musste kichern bei dem Gedanken, dass sie nun zum nächsten Alchemisten eilte um eine Salbe oder einen Trank zu besorgen. Ich kam wirklich noch nicht ganz damit klar, die Prinzessin zu sein. An die Kleider würde ich mich irgendwann gewöhnen und über die Mahlzeiten konnte auch niemand klagen – aber ich würde mich nie daran gewöhnen nicht frei zu sein. Nicht dahin gehen zu können, wo ich gerne hinwollte. Ich stand von dem Tisch auf, an dem ich gerade saß, dabei fiel mir der Brief aus der Tasche. Ich hob ihn auf und erinnerte mich dabei daran, dass ich den Brief noch weiterleiten wollte. Eigentlich war mir Briefe schreiben verboten, aber ich hatte meinen kleinen, illegalen Boten. Nach dem ich eine Notiz an die Diebesgilde dazu geschrieben hatte versiegelte ich den Brief mit Wachs und lies Alesan rufen. Der kleine Junge machte große Augen, als ich einen besonderen Auftrag für ihn hatte. Er solle den Brief zu einem anderen Boten bringen, der den Brief nach Rifton tragen würde. Er solle dem Boten sagen, dass es sich um einen Brief seiner Eltern handelte oder ähnliches, aber es durfte mal wieder niemand mitbekommen. Alesan war für mich unersetzlich geworden, nachdem ich erfahren hatte, dass er für mich die Regeln nicht ganz so ernst nahm. Ich sah ihm durch das Fenster zu, wie er aus dem Palast auf den Markt rannte um nach einem Boten zu suchen. Kurz darauf kam auch schon Suvaris mit einer Paste zurück, die sie mir auf die Wunden schmierte. Ich verdrehte nur die Augen und lies es geschehen, doch eigentlich war ich froh, dass sie die Paste geholt hatte. Alesan und Suvaris verpassten sich immer genau, sodass das brechen der Regeln erst möglich wurde.

Der nächste Tag brach an und noch bevor Suvaris mir das Frühstück brachte, wurde ich geweckt. Es war Alesan, mein kleiner Bote. Er entschuldigte sich zehn Mal, dass er mich geweckt hatte, aber gab mir dann einen Brief. Er versicherte mir das ihn niemand gesehen hatte und reichte mir dann das Pergament. Das Wachssiegel zeigte das Wappen der Diebesgilde und sofort schlug mein Herz schneller. Der Brief war nur eine kurze Notiz von Brynjolf, der mich für mein Engagement lobte und dann ein langer Brief in dem stand, dass sich die Vermutung des anonymen Schreibers bewahrheitete. Die Handelsgesellschaft aus Morrowind benutzte tatsächlich argonische Sklavenarbeiter um die Ware einzutreiben, die sie mit Himmelsrand handeln wollten. Ich schluckte kurz. Auch hier wurden Argonier nicht wirklich gut behandelt, das beste Beispiel war Shahvee. Als Hafenarbeiterin hatte sie zwar ein Dach über dem Kopf und konnte sich gerade so ihre Mahlzeiten bezahlen. Aber wirklich gut leben konnte sie von ihrem Lohn auch nicht. Dazu kam die Diskriminierung – so wie Dunmer kaum aus dem Grauen Bezirk heraus durften, durften Argonier das Hafenviertel nicht verlassen. Ich las den Brief weiter, er war unterzeichnet mit 'der Gildenmeister'. Dies lies mir den Atem stocken. Der Gildenmeister, der sich nicht mal den anderen Mitgliedern zeigte, hatte mir einen Brief geschrieben. Ich freute mich innerlich sehr, las jedoch auch, dass die Gilde die Nachricht unter das Volk bringen wollte. Ulfric sollte mitbekommen, dass man keinen Vertrag mit einer Handelsgesellschaft voller Sklavenmeister wollte. Ob das so eine gute Idee war? Ich konnte mir schon die Massen an wütender Bürger vorstellen, die den Palast stürmen wollten. Sicherlich würden es kaum Nord sein, die 'wahren Bürger' von Windhelm hatten schließlich auch nichts gegen den Grauen Bezirk oder die Lage im Hafenviertel. Aber der Rest würde sich aufregen. Eindeutig. Ich bedankte mich schnell bei Alesan, der immer noch bei meinem Bett stand und wohl gehofft hatte, noch eine Aufgabe zu bekommen. Als ich endlich allein war, stand ich auf und ging zum Fenster hinüber. Ich mochte es den geschäftigen Arbeitern zuzusehen, wie sie fleißig im grauen Bezirk arbeiteten. Doch heute war etwas anders. Ich erkannte Flugblätter, viele Flugblätter. Der Wind wirbelte dutzende von Blätter durch die Straßen. War wieder jemand aus dem Kerker ausgebrochen oder wurde gesucht? Ich musste wissen was los war und so lies ich doch noch ein Mal Alesan rufen. Der Kleine war eindeutig froh, etwas für mich tun zu können und ich war froh, dass ich ihn hatte. Er tat all das, was ich nicht durfte da es verboten worden war oder ich als Prinzessin dafür zu auffällig war. Zum Beispiel trug ich ihm jetzt auf, mir eines dieser Flugblätter hoch zu holen.

Als er mir das Pergament reichte und sich außer Atem am Tisch abstütze, staunte ich nicht schlecht. Auf den Flugblättern war ein Text abgedruckt, der über die Sklavenarbeit aufklärte. Ulfric wurde stark kritisiert und es wurde teilweise zu Protesten aufgerufen. Signiert war das ganze von der Diebesgilde in Zusammenarbeit mit mir, der Tochter von Ulfric persönlich. Ich musste grinsen – wer hätte gedacht, dass ich das Volk so gegen den König aufhetzen konnte? Und sie kannten mich gerade mal einige Tage! Ulfric würde das gar nicht gefallen, so viel stand fest, aber ich war dennoch bester Laune. Ulfric war kein guter Großkönig, auch wenn er endlich das Kaiserreich geschlagen hatte und nun wieder die Nord ihr Land besaßen. Es war gerecht, dass ein Nord der Großkönig war, aber es hätte jemand mit Diplomatieverständniss und Interesse am Volk sein sollen und nicht dieser Mann, dem das Wohl aller anderer egal zu sein schien. Ich wandte mich wieder dem Pergament zu und sah dann aus dem Fenster. Es bildeten sich kleine Grüppchen auf den Straßen, besonders im Grauen Bezirk konnte man erkennen, dass sich die Leute um die Flugblätter sammelten.

Als das Schiff der Handelsgesellschaft aus Morrowind mit ihren schwarzen Segeln anlegte, mussten die herbei strömenden Menschen von den Wachen wieder zurück in ihre Häuser getrieben werden. Sie waren sauer und nach der Hetzrede auf den Flugblättern konnte ihnen das auch keiner übel nehmen. Vielleicht hatte die Diebesgilde doch etwas übertrieben, aber so konnte ich wenigstens meinem Vater eins auswischen. Es hatte mich doch selbst so ans Volk binden wollen und nun hasste nicht nur ich ihn, sondern auch die ganzen Bewohner des Grauen Bezirks und des Hafenviertels. Das Schiff war riesig und sollte nicht nur den Vorstand, sondern auch einige Waren zum Test mitbringen. Ulfric und ich standen zusammen mit einigen Wachen, die erst vor kurzem das Hafenviertel geräumt hatten, am Steg und sollten den Vorstand begrüßen. Nach einander stiegen einige Dunmer aus, erst einige Arbeiter die das Schiff befestigten und dann eine Frau und ein Mann. Die Frau trug einen Pelzmantel mit einem seltenen Tiermuster darauf und ein unglaublich langes Kleid. Ihre Haare waren kompliziert geflochten und ihr Gesicht deutlich zu sehr geschminkt. Der Mann hinter ihr wirkte ebenfalls edel, trippelte jedoch etwas schüchtern hinter der Frau her. Man konnte ganz klar erkennen, dass der Mann viel Respekt vor der Frau hatte und sie weit mehr Macht hatte. Ich knickste zur Begrüßung kurz und hielt mich weiter im Hintergrund, wie es Ulfric gesagt verlangte. Ulfric hatte selbstverständlich auch die Flugblätter gelesen und kochte innerlich vor Wut, aber hatte mit mir noch kein Wort darüber verloren. Er hatte mich nicht mal angesehen sondern mich nur von den Wachen aus dem Schloss eskortieren lassen. Suvaris hatte mich vorher natürlich zurecht gemacht, ich trug ein schwarzes Seidenkleid, dass meiner Figur sehr schmeichelte und eine komplizierte Hochsteckfrisur. Allerdings hatte ich mir den Dolch, den ich ebenfalls im Versteck meines Schrankes gefunden hatte, in den Schuh gesteckt. Ich wusste nicht wie sauer Ulfric auf mich war und ich wollte zur Sicherheit eine Waffe dabei haben. Die Frau sprach in einer viel zu hohen aber strengen Stimme mit Ulfric, danach wurden wir von unseren Wachen ins Schloss begleitet. Die Wachen hatten gut zu tun, keine aufgebrachten Leute an uns heranzulassen, doch ich konnte es nicht lassen hin und wieder einige anerkennende Blicke in die Menge zu werfen. Ich war auf ihrer Seite, und das wussten sie. Nachdem wir es sicher in den Palast geschafft hatten, gingen wir durch den verwinkelten Teil des Schlosses in den Verhandlungsraum. Er bestand aus einem großen Tisch mit vielen Stühlen daran, heute wurden aber nur wenige davon gebraucht. Die Wachen ließen uns herein und schlossen dann die Tür. Sie würden draußen warten, da solche wichtigen Gespräche nicht für ihre Ohren bestimmt waren. Ich lies mich auf einen Stuhl nieder und sagte immer noch keinen Ton, ich würde meinen Mund zur richtigen Zeit aufmachen. Ich wusste nicht genau wann es mir in den Sinn gekommen war, den Vertrag komplett zu vermasseln, aber ich fand meinen Plan sehr gut. Ulfric stellte mich kurz vor und wollte mit der Aufstellung des Vertrags fortfahren, die Vorstands-Frau fand aber mehr gefallen auf mich einzugehen. „Tochter des Großkönigs, so so." sagte sie mit ihrer viel zu hohen Stimme. „Du bist Halbdunmer wenn ich das richtig sehe." sagte sie und lächelte. Ich nickte nur und wandte mich zu Ulfric ab, ich hatte tatsächlich jemanden gefunden mit dem ich noch weniger reden wollte als mit meinem Vater.

~ suddenly princess of skyrim ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt