Kapitel 10

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Es war ein warmer Tag in Windhelm und ich stand am Fenster meines Zimmers. Es war aus durchsichtigem Glas, das jedoch in feste Stahlstangen gefasst war. Durch das Fenster konnte ich auf den Palasthof sehen und auch auf die Häuser dahinter. Ich konnte ebenfalls ein Stück hinter die Stadtmauer sehen und erkannte die Böen eisiger Winde, die dort draußen auf den kargen Straßen einsame Händler peinigten. Das Fenster, das sogar zu einem Balkon führte war allerdings abgeschlossen und die schwere Holztür, die auf den Flur hinaus führte auch. Es war schon einige Tage her, das ich hier angekommen war und eingesehen hatte, dass ich hier im Palast bleiben musste. Ulfric hatte mir freundlichst erklärt, dass er mich hier nicht weglassen würde und falls ich nicht genau das tun würde, was er von mir verlangte, würde ich auf ewige Zeiten im Kerker verrotten. Neben meinem Verbrecherfreund, wie er Brynjolf genannt hatte. Aber ich war geschickt gewesen, ich hatte Ulfric zu einem Handel überredet, da ich sicher gewesen war, dass er mich mehr brauchte als ich ihn. Wenn er Brynjolf freilassen würde, den er übrigens vorhatte in den Kerker zu werfen, würde ich sein Spiel mitspielen. Ich hatte Brynjolf in diese Lage gebracht und ich hatte ihn auch dort herausgeholt, aber ich dachte nicht, dass er sich noch ein mal melden würde. Er war sehr enttäuscht gewesen, als er erfahren hatte wer ich wirklich war. Viele Diebe hatten Geheimnisse in der Gilde. Aber solche Geheimnisse, die andere Mitglieder oder die ganze Gilde in Gefahr brachten, waren eindeutig nicht erwünscht. Ich hatte Brynjolf nur noch gesehen, als er von den Wachen aus dem Palast geführt worden war und wie er ohne sich umzudrehen zwischen den Häuserreihen verschwunden war. Er hatte zum Glück nur maximal einige Stunden im Kerker gesessen, aber seit er freigelassen worden war, waren schon mehrere Tage vergangen. Ich hatte aufgehört sie zu sehen, wahrscheinlich war ich aus der Gilde geworfen worden. Der einzige Ort, an dem ich mich zu Hause gefühlt hatte, war mir nun nicht mehr zugänglich. Ich seufzte, als ich mich vom Fenster wegdrehte und mich auf mein Bett setzte. Ich musste schon sagen, der Palast war unglaublich luxuriös. Ich hatte nie in meinem Leben in solchen Betten geschlafen, ich hatte ein großes Himmelbett mit seidenweichen Vorhängen bekommen und mein Zimmer war zehn mal so groß, wie mein ehemaliges Haus. Jeden Tag kam eine Dienerin und machte den ganzen Raum sauber. Ich hatte bis jetzt noch keinen Termin gehabt, wo ich wie eine Puppe neben Ulfric stehen musste oder ähnliches, bis jetzt hatte ich mich im Schloss einleben können. Ich hatte die ganzen Tage in meinem Zimmer verbracht, sogar das Essen war mir gebracht worden. Ich wurde behandelt wie eine Gefangene, auch wenn ich eine Dienerin bekommen hatte die für mich putzte, wurde ich nicht an die große Tafel in der Halle eingeladen. Und auch vor meiner Tür standen Tag und Nacht zwei Wachen, damit ich ja nicht ausbrechen konnte. Aber so eine gute Diebin war ich sicherlich nicht, als das ich mich hinausschleichen konnte, ohne das die beiden Muskelpakete vor meiner Tür etwas mitbekamen.

Es klopfte an der Tür und der Schlüssel drehte sich im Schloss. „Guten Morgen, Nevena!" flötete die Dienerin, die schon öfter bei mir gewesen war. Sie trug einige Kleider auf dem Arm und schlüpfte durch einen Spalt in der Tür, die sich danach sofort wieder schloss. „Guten Morgen... ähm..." sagte ich, da ich ihnen Namen nicht kannte. „Ich bin Suvaris Atheron, ich war früher Angestellte beim Schmetter-Schild-Clan, aber nun habe ich die Gunst im Palast der Könige zu arbeiten." sagte sie lächelnd. Sie war ebenfalls eine Dunmer und hatte hellbraunes, schulterlanges Haar. Ihre roten, stechenden Augen fixierten mich, als sie näher kam. „Du hast heute deinen ersten Termin, ich soll dich einkleiden, schließlich wirst du mit Jarl Ulfric Hof halten. Das einzige was du zu tun hast ist die Dunmer dieser Stadt an der Seite des Jarls zu repräsentieren. Und aus diesem Grund...musst du gut aussehen!" sagte sie und ich erkannte eindeutig, dass Lächeln ziemlich aufgesetzt war.

In der nächsten Zeit probierte ich viel zu enge Kleider an, lies mir die hellbraune Haartönung herauswaschen und wurde geschminkt. Ich hatte nie Geld für Schminke gehabt, besonders nicht für das teure Puder und das teure Parfüm, dass ich nun aufgelegt bekam. Suvaris sah selbst aus wie eine Bedienstete und trug nur einfache Stoffschuhe und ein dunkelgrünes Leinenkleid, aber sie wusste wie man mit diesen Luxusartikeln umzugehen hatte. Ich selbst wusste schon als sie einen kleinen Koffer voller Utensilien öffnete nicht mehr, was ich davon nehmen sollte. Daher war ich froh, dass ich mich nicht selbst schminken musste. Nach dem ich bestimmt mehr als zwanzig verschiedene Kleider angezogen hatte, die mir allesamt zu eng waren, hatte Suvaris endlich das 'perfekte' Kleid gefunden. Es war ein Kleid aus fließend grünem Stoff, das unten am Saum mit einem Muster aus weißen Fäden verziert war. Es besaß einen weiten Ausschnitt und Ärmel, die desto länger sie wurden immer weiter wurden. Zum Schluss legte mir Suvaris noch das schwarze, dazu passende Korsett an und schnürte es ordentlich zu. Ich konnte einige Sekunden nicht atmen, doch nach einiger Zeit gewöhnte ich mich daran und begann flacher zu atmen. So konnte man sich darin sogar relativ frei bewegen. Ich bekam einfache, schwarze Lederschuhe, die man unter dem Kleid nicht sehen konnte und Suvaris drapierte meine schwarzen Haare zu einer Hochsteckfrisur. Dann war ich endlich fertig und durfte mich in einem Wandspiegel begutachten. Ich sah bezaubernd aus, das Kleid stand mir wirklich gut und ich hatte eine tolle Figur darin. Ich sah gleichzeitig elegant aber auch stark aus. Ich war froh, dass Suvaris aus mir keine Puppe gemacht hatte, sondern ich immer noch meine Entschlossenheit ausstrahlte. Als Suvaris mir noch eine Perlenkette um den Hals gelegt hatte, zwinkerte sie mir zu und begleitete mich zu den beiden Wachen vor der Tür. Wir waren pünktlich fertig geworden und die beiden Wachen packten mich mit einem festen Griff an den Schultern. „Passt auf das ihr sie nicht verletzt!" rief Suvaris den beiden Männern noch hinterher, die augenblicklich etwas lockerer ließen. Sie führten mich in die Eingangshalle und zerrten mich auf einen kleinen Thron, der eher aussah, wie ein zu groß geratener Sessel. Dieser Thron stand direkt neben dem prunkvoll verzierten Thron von Ulfric. Er selbst saß noch nicht darin, sondern kam gerade aus einem anderen Gang. „Ah, Nevena, meine geliebte Tochter!" säuselte er und setze sich auf seinen Thron. „Dies ist eine große Premiere für uns beide, findest du nicht? Das Volk wird das erste mal sehen, dass ihr wundervoller Großkönig auch ein wundervoller Vater sein kann!" sagte er und lachte. Man merkte eindeutig, wie wenig Sinn in diesem Satz gesteckt hatte. „Wenn du auch nur eine falsche Bewegung machst, bringe ich dich um." zischte er mir zu und sah mir direkt in die Augen. „Und sei eine überzeugende Tochter, ja?" fragte er dann noch und warf mir ein Lächeln zu, wie es falscher nicht sein konnte. Ich nickte nur höflich und dann ging schon die große Tür des Palastes auf. Die Wachen standen immer noch an meiner Seite, allerdings hielten sie mich nicht mehr fest, sondern standen gerade dort, wie die anderen bewachenden Wachen auch.

„Hof halten" war das langweiligste, das ich in den Tagen die ich hier war gesehen hatte. Jarl Ulfric schien es auch nicht zu gefallen, aber langsam musste er sich einen Ruf beim Volk machen – sein jetziger Ruf war leider nicht sehr berauschend. Ulfric lies also von seinen Wachen nach und nach einige Leute hereinbringen, die etwas vorzutragen hatten. Als erstes kamen einige Ladenbesitzer herein, die sich über die zu hohen Handelssteuern beschwerten. Ich saß dabei an seiner Seite, lächelte in die Runde und lies mich sehen. Mehr war nicht zu tun, aber ich wurde eindeutig gesehen! Die Ladenbesitzer machten große Augen und ich hoffte, dass sie nicht dachten, ich wäre die neue Großkönigin und Frau von Ulfric. Bei dem Gedanken musste ich würgen, doch schaffte es mein falsches Lächeln aufrecht zu erhalten.

Es kamen viele Leute, viele wollten Ulfric auch nur beglückwünschen oder Vorschläge für einige neue Handelsgesetze machen. Einige Zeit später, ich hörte schon gar nicht mehr zu, öffnete sich die Tür ein letztes mal und eine Frau kam herein. Sie war die einzige Dunmer, die bis jetzt vor den König getreten war und es verwunderte mich, dass die Wachen sie überhaupt herein gelassen hatten. „Bitte, Ulfric, Großkönig und Jarl von Windhelm, ich brauche eure Hilfe." sagte sie sehr leise und ich konnte es gerade so verstehen. Ulfric war sichtlich genervt, aber er verdrehte nur leicht die Augen und nickte dann, er wollte sich ihre Bitten tatsächlich anhören. „Die Häuser im grauen Bezirk sind in sehr schlechten Zuständen, wisst Ihr. Ich möchte mich gar nicht über die Größe der Häuser beschweren, aber ihr Zustand macht mir sorgen. Es regnet hinein, die Wände haben große Risse und in einigen Jahren wird der ganze graue Bezirk zusammenbrechen." aus ihrer leisen Stimme wurde ein Wimmern. Die Dunmer war etwa im mittleren Alter, doch durch ihr Gesicht zogen sich zahlreiche Narben. Sie trug nur einen Fetzen anstatt richtiger Kleidung, sie gehörte wohl zu der ärmsten Schicht im Grauen Bezirk. Ihre Haare waren fettig und an den Spitzen eingefroren, sie musste wohl sehr lange vor dem Schloss in der Schlange gestanden haben. „Für so etwas haben wir kein Gold." sagte Ulfric hart und wollte bereits aufstehen, da stand ich auf und hielt ihn am Arm fest. Ich wusste, ich würde mir hiermit wahrscheinlich mein gesamtes Leben im Palast versauen, aber ich hatte mir immer geschworen, dass wenn ich jemals die Möglichkeit haben werde die Umstände in meiner Heimat, und das war nun mal der Graue Bezirk, besser machen zu können, ich dies auf jeden Fall durchsetzen würde. „Vater bitte!" sagte ich theatralisch und warf Ulfric einen viel zu freundlichen Blick zu. Ihm fiel sofort auf, dass ich die freundliche Tochter nur spielte und ihn in Wirklichkeit hasste, aber nun hieß es 'Spiel das Spiel' und ich wusste das Ulfric mitspielen würde. „Ich persönlich werde mich darum kümmern, für uns mag es nicht viel Gold sein, aber für die Bewohner des Grauen Bezirks ist es ein neues Leben!" sagte ich eine Spur zu laut. Langsam begann es mir Spaß zu machen, diese 'Maske' der Tochter zu tragen. „Wir werden bald mit den Renovierungsmaßnahmen beginnen!" sagte ich mit einem Nicken in Richtung der Frau, die sich augenblicklich die Tränen aus den Augen wischte und in eine tiefe Verbeugung verfiel. „Bin ich keine liebreizende Tochter?" zischte ich Ulfric zu. „Du brauchst mich mehr als ich dich und so etwas wirst du mir ja wohl verzeihen können. Wenn du die Zuneigung des Volkes willst dann musst du auch etwas für sie tun!" flüsterte ich ihm weiter zu und verengte die Augen zu schlitzen. „Für meine Tochter tue ich doch alles!" zischte er zurück, sichtlich sauer. Aber ich hatte es geschafft, nun hatte er nicht mehr mich unter Kontrolle, sondern viel mehr ich ihn. Ich lächelte und nickte der Frau noch ein mal höflich zu, während Ulfric mir zu meinem erstaunen nachmachte. Überglücklich rannte die Frau aus dem Saal, gerade Wegs in den Grauen Bezirk um die Nachricht zu verbreiten. Ulfric sah mich noch ein Mal böse an, dann stand er auf und schritt mit seinem Berater, der ebenfalls sehr grimmig drein blickte, in einen anderen Gang, der von dieser Halle ausging. Ich spürte wieder die Hände der Wachen auf meinen Schulter. „Ist ja gut, ich kann alleine laufen!" sagte ich und stieß die beiden mit den Armen weg, als sie mich ziemlich stark in eine Richtung schoben. Sie ließen tatsächlich ihre Hände sinken, aber blieben immer noch so nah bei mir, das ich mich ziemlich eingeengt fühlte. Sie brachten mich zurück zu meinem Zimmer, in dem ich eigentlich Suvaris erwartet hatte, aber sie war nicht dort. Stattdessen saß jemand, den ich sehr gut kannte im Fensterrahmen und lächelte mich an.

~ suddenly princess of skyrim ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt