Kapitel 4

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Liv

"Na, hat das Küken Matheo begrüßt?", ich konnte es nie lassen, Leute mit Kleinigkeiten aufzuziehen, doch Antoine nahm es mir auch nicht übel. "Ja und er hat sich sehr gefreut sein Küken endlich wiederzusehen", erwiderte er mit gespielt ernster Miene. "Sag mal, woher kennst du Matheo eigentlich so gut? Ist ja irgendwie schon ein lustiger Zufall, dass wir ihn beide kennen", eigentlich hatte ich immer Hemmschwellen, wenn ich mit Fremden redete und war eher schüchtern, bei Antoine war es aber auf wundersame Weise das Gegenteil, es fühlte sich an, als würden wir uns schon ewig kennen, sodass ich keinerlei Angst hatte ihm alle möglichen Fragen zu stellen. "Du bist ja gar nicht neugierig", er grinste " eigentlich kenne ich ihn schon immer. Meine Eltern sind eng mit ihm befreundet, sodass ich früher schon ständig in seinem Café, damals allerdings noch in Macon, war. Er ist für mich wie ein Onkel, deshalb versuche ich auch immer, wenn ich in Paris bin, hierher zu kommen." 

Stopp, hatte er gerade gesagt, immer wenn er hier war? Heißt das, er war hier nur ab und zu? "Wohnst du etwa nicht  hier in Paris?", fragte ich erschrocken. "Nein", antwortete er in einem bedauernden Tonfall "den Großteil des Jahres verbringe ich aufgrund meines Jobs in Madrid. Ich muss aber auch viel reisen und komme so oft es geht nach Frankreich, es ist schließlich meine Heimat. Hier in Paris habe ich auch eine Wohnung, da ich mich hier einfach sehr wohl fühle." Madrid...wie weit war das weg? Auf jeden Fall viel, viel, viel zu weit. Zu meiner eigenen Überraschung, überkam mich eine Welle der Enttäuschung, bei dem Gedanken, dass er in einigen Wochen schon wieder tausende Kilometer von mir entfernt sein würde, dabei kannte ich ihn ja kaum. 

" Du wohnst hier?", fragte er. "Ja, seit einem Jahr. Ich studiere hier Modedesign." 

"Wie cool ist das bitte? Ich liebe es, wenn Menschen eine kreative Ader haben, ich bin damit leider nicht gesegnet worden. Aber du kommst nicht von hier oder, du hast einen Akzent, einen leichten, aber man hört es." Ich nickte. " Lass mich raten, du kommst aus Deutschland oder?" das erstaunte mich wirklich:" Wie bist du denn da jetzt so schnell draufgekommen?" Wieder rückte er gefährlich nahe an mich heran:"Einen süßen deutschen Akzent würde ich immer erraten. "Du Schleimer!", ich schlug ihm aus Spaß leicht auf den Oberarm und er tat so, als sei er zutiefst verwundet worden. "Dennoch,ja ich komme aus Deutschland, aus dem hohen Norden", ich lachte. "Im Mai war ich sogar da, also nicht im hohen Norden, außer München zählt dazu, was ich bezweifle, doch Deutschland ist es schon. Es war dort echt schön, also weshalb wolltest du weg?" "Hmm", ich überlegte kurz, wie ich es ihm am Besten erklären konnte "Naja, ich bin hier mit 19 hergekommen, da war ich gerade ein Jahr mit der Schule fertig und ich brauchte mal etwas Neues. Mir ist im wahrsten Sinne des Wortes die Decke auf den Kopf gefallen. Ein anderes Land war die perfekte Lösung für einen Neustart. Trotzdem wollte ich irgendwo hin, von wo ich zumindest halbwegs schnell nach Deutschland komme. Im Notfall halt. Da war Frankreich die perfekte Lösung. Wieso warst du denn überhaupt in München?" "Hatte berufliche Gründe", weiter schien er nicht auf die Frage eingehen zu wollen, denn er wechselte bereits das Thema " Na, was meinst du, die Straßen, wie auch die Parks sind alle leer. Wollen wir noch ein wenig spazieren gehen?"

Du, ich und die Welt (Antoine Griezmann)Where stories live. Discover now