Manuel
Ich saß am Tisch. Die Wohnung war dunkel, ich hatte nur die Lampe über dem Küchentisch angelassen.
Es war schon nach Zehn, doch ich war nicht früher zum Essen gekommen.Eine Schüssel mit Suppe dampfte auf dem Tisch, daneben stand eine weitere Garnitur Geschirr.
Unwillentlich hatte ich für Zwei gedeckt. Mir war es erst aufgefallen, als ich die zweite Schüssel schon an ihren Platz am Tisch gestellt hatte.Der Dampf von der Schüssel unter mir schlängelte sich wärmend über mein Kinn und beschlug leicht die Gläser meiner Brille.
Ich saß einfach nur da, zu gelähmt, um den Löffel zu nehmen und die Suppe zu essen. Ich zwang mich, geradeaus zu schauen, nicht auf ihren leeren Stuhl.Gefühlte Stunden vergingen, und ich saß einfach nur da, gezwungen, den Blick nicht nach unten zu richten.
Starr gerade aus.Die Uhr tickte, und mit jedem vierten Ticken atmete ich aus. Ich machte ein Spiel daraus, vier Sekunden einatmen, vier ausatmen.
Doch egal, wie stark ich mich bemühte mich zu konzentrieren, ich schaffte es nicht, meine Gedanken bei mir zu behalten. Ihr leerer Stuhl lächelte mich im Augenwinkel an.
Mein Handy vibrierte. Das dritte Mal schon, doch ich wollte keinen Blick nach unten riskieren. Zugegeben, es war einfach lächerlich.
Meine Gedanken schweiften wieder aus, waren wirr und ohne Sinn, so wie die Buchstabensuppe unter mir.
Doch im Gegenzug zur Suppe kühlten meine Gedanken nicht ab, sie erhitzten sich mehr und mehr, mit jeder Sekunde, die ich hier saß.Es klingelte an der Tür und alles fuhr in mir zusammen. Meine Hände in meinem Schoß ballten sich unwillkürlich zu Fäusten, auch der Rest meines Körpers spannte sich an. Ich war bereit, jeden Moment aufzuspringen, und ich war es doch nicht.
Ich konnte meinen Blick nicht von der Küchentheke hinter der Sitzbank gegenüber von mir losreißen.
Mein Handy klingelte und begann zu vibrieren. Es glitt durch die Vibration über den Tisch, der Löffel ließ das Glas neben meiner Schüssel klirren.Es läutete einmal, zweimal...
Steh auf und geh zur Tür.
Los, mach.Ich konnte mich nicht erinnern, wann meine Füße beschlossen hatten aufzustehen und zur Tür zu gehen.
Plötzlich fand ich mich vor der Tür wieder, im Rahmen stand Thaddeus."Oh? Du machst doch auf?"
Er blickte besorgt auf mich herab und ich hätte ihm die Tür vor der Nase zuschlagen können. Sein Mitleid konnte er sich sparen - doch ich konnte ahnen, wie ich aussehen musste.
Ein wenig fettige Haare, einen Pullover, den ich schon eine Woche trug.
"Wir haben uns Sorgen gemacht, weil du auch nicht an dein Handy gegangen bist. Marley ist jetzt nochmal weg zu ihr nach Hause, um deinen Wohnungsschlüssel zu holen. Sie hat ihn liegenlassen."Ich musste kurz überlegen was Thaddeus gesagt hatte, er hatte so schnell gesprochen.
"Alles in Ordnung bei dir?"
Er schaute mich eindringlich an."Ja, klar. Komm rein."
Er folgte mir durch die Wohnung und plötzlich war es mir peinlich. Scham wallte in mir auf, am Liebsten hätte ich ihn gar nicht reingebeten, ich gehörte einfach ins Bett.
Es war stickig, überall stand benutztes Geschirr rum. Ich merkte Taddls Blick, der durch die Wohnung glitt, als ich mich wieder an den Tisch setzte. Es lag kein Ekel oder Abwertung darin, doch fühlte ich mich unwohl.
Als sein Blick auf mich fiel, schrumpfte ich zu einer kleinen Küchenschabe, eingenistet in ihren eigenen Dreck.
Ich wäre am liebsten einfach weggerannt, weg von dieser Situation.
Ich wäre einfach auf meinen sechs ekeligen Beinen unter den Küchentisch gekrabbelt.
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Dunkelschatten
Fanfiction- Germanletsplay FanFiction - Das Leben ist nicht fair. Es war nie dazu gedacht, fair zu sein. Man verbiegt sich jeden Tag aufs Neue, bloß um wieder nicht gut genug zu sein. Um wieder aufs Neue abgewiesen zu werden. Wir arbeiten, leben unsere Tage...