H E I M K E H R

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Der kalte Nachtwind blies ihm über die Wangen, als er über die vielen, eng aneinanderliegenden Dächer sprang. Der Weg war ihm seltsamerweise bekannt, und er musste nicht ein einziges Mal auf seine Karte schauen.

Als wäre er die schmalen Wege, über denen er gerade wanderte, schon viele Male gegangen, bog er vor einem kleinen Park nach rechts ab, und folgte dann einer Seitenstraße zu dem Gebäude, das er gesucht hatte.

Hoffentlich waren sie ihm nicht gefolgt, hoffentlich schöpften sie keinen Verdacht. Wie viele Stunden voller Qualen hatte es ihn gekostet, HYDRA davon zu überzeugen, dass er nun ihr willenloses Werkzeug war.

Obwohl sein Bewusstsein nur noch aus Scherben bestand, war es ihm gelungen den Ort ausfindig zu machen, wo er sie zum letzten Mal richtig fröhlich gesehen hatte.

Das alte Theater.

Robyn musste einfach hier sein, sonst hätte er dieses Risiko umsonst genommen. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was HYDRA mit ihm machen würde, wenn sie davon wüssten.

Eigentlich sollte er sich gerade in die russische Botschaft schleichen, aber dieses verlassene Theater war ihm immer wieder in seinen Gedanken erschienen.

Wie groß waren die Chancen, dass sie nur wenige Meter von ihm entfernt auf dem Theaterdach saß? Schon allein die Möglichkeit, dass er sie nun wiedersehen würde, bescherte ihm rasendes Herzklopfen.

Schon zuvor war er die Szene mehrmals im Kopf durchgegangen, hatte jede Art von Problemen durchgespielt, und jegliche Risiken überdacht.

Bucky war zu dem Schluss gekommen, dass er sich lieber ein Stück von ihr entfernt halten sollte. Was auch immer ihn vor ein paar Tagen dazu gebracht hatte, den unschuldigen Soldaten zu töten, könnte auch Robyn angreifen wollen.

Er wollte sich gerade gegen einen der vielen Kamine lehnen, da hörte er ein altbekanntes Quietschen einige Meter hinter sich. Sofort ging er alarmiert in die Hocke, und versteckte sich hinter dem nächsten Kamin.

Jemand schleppte sich mit schweren Schritten die Treppen hinauf, und ließ sich dann auf etwas weichem, vielleicht einem mitgebrachten Kissen, nieder.

"Siehst du", sprach sie, und sein Herz blieb unweigerlich stehen. Mit beiden Händen auf dem kühlen Metalldach, starrte er wie eingefroren auf die Ziegelsteine vor sich.

Robyn war wirklich hier.

"Ich wusste, dass wir zwei wieder hier hochkommen würden. Man hat mir zwar davon abgeraten, aber ich kann fühlen, dass es dir genauso gut dabei geht wie mir." Aus dem Augenwinkel konnte er ihren Schatten sehen, der sich sanft durch die Haare fuhr.

Sie waren sehr viel länger, als beim letzten Mal.

Wie sollte er mit ihr reden? Was konnte er zu ihr sagen? Würde sie ihn überhaupt so akzeptieren, wie er nun leider war?

"Schon vom ersten Augenblick an, habe ich dich geliebt, als wärst du das einzige Licht auf dieser trostlosen Welt. Du hast meine Wunden heilen lassen, und auch meine Seele von ihrem Ballast befreit."

Mit zitternden Händen lehnte er sich leicht nach vorne, und blickte hinüber auf das Theaterdach. Dort saß sie, in Decken und Kissen eingehüllt, während sie beide Hände auf ein Kissen gelegt hatte, das über ihrem Bauch lag.

Escape - BuckyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt