Abitur

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Reminiszenzen an alte Zeiten nehmen manchmal überhand. Deshalb stelle ich hier ein Gedichtlein ein, das ich vor 48 Jahren verfasst habe, anläßlich der Abschlussfete meiner Abi-Klasse.
Zur Erklärung für jüngere Leser: Damals lagen die schriftliche und die mündliche Abi-Prüfung fast ein halbes Jahr auseinander (in Baden-Württemberg jedenfalls), schriftlich im Januar und mündlich im Juni. Man wusste auch bis zum Beginn der mündlichen Prüfungen nicht, in welchen Fächern man geprüft werden sollte. Mindestens zwei Prüfungen in sogenannten Kernfächern (Deutsch, Fremdsprache, Mathe und in meinem Fall Physik statt Englisch) waren Pflicht. dazu konnte noch ein Nebenfach (Geschichte, Biologie, Geographie ect.) kommen.
Also hier mein damaliges Aufatmen:

ABITUR

Montag Morgen, 5 Uhr 30
Ist ein Schüler schon sehr fleißig,
Denn heut Mittag, 15 Uhr
Startet schon das Abitur.

Ach, der Arme, der nicht weiß,
Wo er drankommt, ist ganz heiß,
Und er frägt sich mit Gewichte,
Ob es Deutsch oder Geschichte,
Mathe, Physik oder Franz
Ist, wo er drankommt: Ganz
verwirrt rennt er umher
Und sein Schädel ist so leer.

Zu des Mittags hoher Stunde
Macht er um den Tisch die Runde,
Und anstatt etwas zu essen,
Hofft er ja nichts zu vergessen.

Endlich dann, um halber Drei
Eilt auch schon der Freund herbei,
Um ihn zu der Prozedure
abzuholen mit der Fuhre.

Kaum hat es 3 Uhr geschlagen,
Mit komischem Gefühl im Magen,
Empfängt man halb krank,
Die Zuweisung zur Schlächterbank.

Ach Du liebe, grüne Neune,
Physik und Franz, ja diese meine,
Ach, so wenig präparierten
Fächer meinen Namen zierten.

In einer Stunde komm ich dran,
Ob ich da noch lernen kann?
Nichts, ach nichts von allediesem,
Was wir gelernt, will mir entsprießen.

In das hochehrwürdge Zimmer,
Wo die Kommisionen immer
Prüfen im Verband,
Werde ich hinein gesandt.

Ach, Physik ich liebe Dich,
Weil Du mich nicht läßt im Stich.
Nach dieser Leistung, glaubts mir nur,
Ist fast vorbei das Abitur.

Doch abends, in dem Bette mein,
Fällt es siedend heiß mir ein:
Morgen Mittag, ach herjeh,
Ist noch Franz, herjehmineh!

Da befällt mich eine große
Prüfungspsycholophisose
Und noch bei dem Schein der Sterne
Beginnt schon wieder das Gelerne.

Und es kommt wie's kommen muß,
Es gibt Ärger und Verdruß,
Weil Grammatik ich nicht kann.
Das war der Rache böser Plan!

Schwein gehabt! Trotz großer Lücken,
mußte unser Plan doch glücken:
Alle sind durchs Abitur.
Nicht mehr Moll, nein, nur noch Dur,
Heißen unser Devisen,
Das laßt uns jetzt noch begießen!

AlterHase48 ]






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