Kapitel 18

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Mein pochender Kopf lässt mich langsam erwachen. Ich öffne kurz meine Lider, nur um sie gleich wieder zu schließen, als die Sonne mir entgegenscheint.
„Zoe!", quiekt eine Stimme nicht weit weg von mir. Ich öffne erneut meine Lider und sehe schnell zur Seite. Mit der Hilfe meiner Arme stütze ich mich aufrecht.
„Zoe, bist du okay?" Ich blinzle ein paar Mal um die Sterne vor meinen Augen wegzubekommen.
„Was ist passiert?", frage ich mit der Hand an meiner Stirn. Jane kommt in mein Sichtfeld.
„Es liegt an dem Stein in mir, ich konnte wirklich nichts dafür", antwortet sie so schnell, dass ich kaum mitkomme.
„Bist du verletzt, tut dir irgendetwas weh?", fragt sie aufgeregt. Ich nehme die Hand von meiner Stirn und sehe zu ihr.
„Ich glaube nicht." Jane ist weiß wie die Wand und atmet so schnell, dass sie jeden Moment daran ersticken könnte.
„Du warst die ganze Nacht bewusstlos", erklärt sie. Sofort springen meine Augen auf. Die ganze Nacht?
„Wir wurden eingesperrt", sage ich eher zu mir selbst. „Weiß Thor davon?"
„Ich weiß es nicht, sie haben niemanden zu uns gelassen oder Nachricht überbracht", antwortet sie und sieht traurig zu Boden.
„Wenn Thor davon erfährt, wird er uns sicher hier raus holen." Nicht einmal einen Dollar würde ich darauf verwetten, doch was bleibt uns anderes übrig als zu hoffen? Das Thor es versuchen wird glaube ich, doch das er sich seinem Vater widersetzten wird, eher weniger. Und da Odin weder von mir noch von Jane begeistert ist, ist es noch unwahrscheinlicher dieses Zimmer zu verlassen.
„Was ist das eigentlich in dir?", frage ich.
„Odin sagte mir, es sei einer der Infinity-Steine, der Äther."
„Etwas wie der Tesserakt?"
„Ja." Wie kann dieser Stein nur in ihr sein? Da ich in New York eher mit anderen Dingen beschäftigt war oder außenvorgelassen wurde, musste ich mir von Steve später erklären lassen, was eigentlich genau Lokis Plan war. Er hat wirklich versucht es mir so gut wie möglich zu erklären, doch ich habe gerade einmal die Hälfte verstanden.
„Sie haben vor ein paar Stunden Frühstück gebracht, möchtest du etwas?", fragt Jane von der Seite aus. Sie hat sie neben einen kleinen Tisch gestellt, auf dem ein Tablett mit ein paar Sachen steht.
„Ich glaube nicht", antworte ich, während mein Blick auf das Essen gerichtet ist. Ein Krug mit Wasser, schätze ich, steht noch neben dran. Ich bin zwar hungrig und durstig, doch ich sterbe eher als dieses Zeug von Odin anzunehmen.
„Weißt du wie viel Uhr es ungefähr ist?" Bei einem Blick durch den Raum muss ich leider feststellen, dass es nicht einmal irgendetwas Uhrähnliches gibt. Nichts.
„Ähm, nein. Aber es dürfte bereits Mittag sein", gibt sie zurück und setzt sich neben mich. Jane scheint die Situation weniger zu stören als mich, so wie sie da sitzt.
„Du sagtest, dass du etwas gesehen hast, bevor wir gestern unterbrochen wurden." Ihr Kopf richtet sich zu mir. Ihre Lippen öffnen sich ein kleines Stück. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht, verrät mir, dass sie nicht weiß was sie sagen soll. Die Sekunden verstreichen. Bevor sie die Chance bekommt zu sprechen, wird die Tür zu unserem „Zimmer" aufgerissen. Eine Wache mit einem Tablett tritt ein und eine weitere, die die Tür aufhält.
„Wir sind nicht hungrig", blafft Jane ihn an. Wie aus dem nichts werden die Wachen plötzlich zu Boden geschlagen. Erschrocken fällt mein Blick zu der eisernen Frau, die als einzige noch steht.
„Gut, gehen wir", sagt Sif mit einem selbstgefälligen Lächeln auf den Lippen und geht voran. Jane und ich sehen uns kurz an. Ist das ein Trick? Will sie uns in eine Falle locken.
„Wir sollte ihr folgen", meint Jane und steht auf. Sie lächelt mir zu und folgt Sif nach draußen. Widerwillig gehe ich ihnen nach. Ob sie etwas gegen Jane hat weiß ich nicht, doch auf mich ist sie nicht so wohl gesinnt. Also warum sollte sie mir helfen?
„Wir müssen uns beeilen, Thor wartet bereits", informiert Sif uns und läuft weiter durch die Gänge. Nach wenigen Minuten sind wir bereits bei einem offenen Gang angekommen, der ein paar Blicke auf Asgard gewährt. Jane beschleunigt ihr Tempo und versucht mit Sif mitzuhalten. Eine Biegung später kann man zwei Gestalten am Ende des Ganges ausmachen. Jane und Sif werden schneller, doch ich langsamer, als ich die Gesichter erkenne. Sif hat nicht gelogen, Thor wartet wirklich. Doch er ist nicht in Begleitung von einem seiner Freunde. Mein Herz setzt für eine Sekunde aus. Meine Kehle schnürt sich zu. Grinsend steht er da und erwidert meinen Blick. Leider ist er nicht einmal annähernd so überrascht wie ich. Er unterbricht den Blickkontakt für eine Sekunde, um zu Jane zu sehen, die vor ihm zum Stehen kommt.
„Du?", stöhnt sie aufgebracht und sieht dabei zu Loki.
„Ich bin Loki. Du hast sicher von mir-" Bevor er seinen Satz beenden kann macht seine Wange mit Janes Hand Bekanntschaft. Grinsend wie davor dreht er seinen Kopf wieder in Thors Richtung.
„Das war für New York", mault Jane.
„Sie ist großartig", erwidert Loki und lacht kurz auf.
Ich komme wieder zu mir und versuche Loki so gut es geht zu ignorieren. Ich stelle mich neben Thor.
„Alles okay", fragt er mit Besorgnis in seiner Stimme. Ich nicke nur leicht als Antwort.
„Da sind sie!", schreit jemand vom anderen Ende des Ganges aus. Ein dutzend Wachen kommt direkt auf uns zu.
„Ich werde sie aufhalten, geh nur", murmelt Sif zu Thor.
„Danke", erwidert dieser und geht zurück zu Jane und dann in einen anderen Gang. Bevor Sif sich den Wachen zuwendet, richtet sie ihre Klinge erst gegen Lokis Kehle.
„Wenn du ihn verrätst, bringe ich dich um", droht sie ihm. Loki kann nur lachen.
„Ich freue mich auch dich zu sehen Sif." Widerwillig zieht sie ihre Klinge wie-der zurück und erlaubt ihm zu gehen. Loki sieht wieder zu mir und nimmt mich mit beiden Händen am rechten Arm. Erstmals fällt mir auf, dass seine Hände aneinander gefesselt sind. Jedoch hält es ihn nicht davon ab mich neben sich herzuziehen.
„Ich kann alleine laufen", zische ich und reiße mich von ihm los.
„Aber nicht schnell genug", gibt er sarkastisch zurück. Um nicht einen neuen Streit zu beginnen beiße ich die Zähne zusammen und will weiter, aber Loki lässt mich nicht. Mit einer schnellen Bewegung hat er mich wieder ganz nah bei sich und drück mich mit seinen Augen nieder.
„Ich berühre dich heute zum ersten Mal nach Monaten wieder", murmelt er mit sanfter Stimme. Seine Gesichtszüge sind beinahe weich wie Butter. Auf meinem Handrücken spüre ich wie sein Daumen langsam darüberstreicht.
„Ich würde gerne mehr mit dir machen, doch mir sind die Hände gebunden", witzelt er, diesmal allerdings mit einem ehrlichen Lächeln. Er entlockt mir ebenfalls ein kleines Lächeln.
„Ich störe ja nur ungern, aber wir müssen los", ruft Thor von der anderen Seite des Ganges. Mit einem kurzen Blick auf Loki nehme ich meine Hände aus den seinen und laufe zu Thor und Jane.
In der großen Halle angekommen, wo ich bereits gestern mit Jane war, erwartet uns schon Volstagg vor einem großen Raumschiff.
„Ich verschaffe euch so viel Zeit wie ich kann", sagt er zu Thor mit seiner riesigen Axt in den Händen.
„Danke mein Freund." Thor schüttelt seine Hand und lächelt dankbar. Mit Loki neben mir gehe ich Jane hinterher, die Volstagg einmal zulächelt. Gerade als Loki an ihm vorbei will, drückt er ihn mit der Hand an seiner Brust zurück.
„Wenn du auch nur daran denkst Verrat an ihm zu üben-" Loki unterbricht ihn.
„Dann bringst du mich um? Die Schlange wird immer länger" Seine Stimme trieft vor Sarkasmus. Ohne noch etwas zu sagen, folge ich Thor und Jane in das riesige Raumschiff vor uns. Loki geht an mir vorbei zu Thor und ich gehe zu Jane, die am Kopf des Schiffes steht.
„Sagtest du nicht, du weißt wie man das fliegt?", fragt Loki Thor, als dieser bemerkt, dass Thor ahnungslos durch die Gegend sieht.
„Ich sagte, wie schwer kann das schon sein." Hinter uns ertönen laute Schritte und aufeinander klirrende Schwerter.
„Nun, egal was du tust, Bruder, tu es schneller."
„Klappe halten Loki."
„Jane bist du okay", frage ich sie, da sie leicht blass geworden ist.
„Ja alles okay", versucht sie glaubhaft rüberzubringen, doch ich glaube ihr kein Stück.
„Du musst etwas übersehen haben."
„Nein habe ich nicht, ich habe schon auf jeden dämlichen Knopf hier gedonnert." Thor schlägt mit seinen starken Fäusten auf das Pult vor ihm ein.
„Nicht wild draufhauen, sanft drücken."
„Verdammt ich streichle sie sogar, dennoch funktioniert es nicht!" Mit einem weiteren festen Hieb auf das Pult, springt es plötzlich an und beginnt zu leuchten. Stolz jubelt Thor. Das Schiff bewegt sich und steigt in die Luft. Durch das Ruckeln werden ich und Jane durch die Gegend geworfen, während Thor die halbe Halle zerstört.
„Du hast eine Säule verfehlt", berichtet Loki.
„Halt die Klappe", zischt Thor.
„Warum lässt du mich nicht fliegen, ich bin ganz klar der bessere Pilot"
„Ist das so und wer von uns beiden kann tatsächlich fliegen?" Abgelenkt von dem Streit der beiden, merke ich nicht wie Jane ins Schwanken geratet und mir entgegenfällt. Unvorbereitet falle ich mit ihr zu Boden. Hart lande ich auf dem Metall des Schiffes und Jane direkt auf mir.
„O je, ist sie tot?", witzelt Loki schon wieder.
„Jane", haucht Thor besorgt.
„Mir geht's gut", winkt sie ab, doch sie ist so heiß wie kochendes Wasser. Ich befreie mich aus der Lage und lege Jane vorsichtig zur Seit.
„Jetzt folgen sie uns", kommentiert Loki schon wieder.
„Jetzt beschießen sie uns!" Das Schiff gerät erneut ins Schaukeln.
„Ja, danke für deine Bemerkungen Loki, fördert die Konzentration." Nachdem wir erneut beschossen werden, kommt Loki erst richtig in Fahrt.
„Na das ist ja fabelhaft. Ein Geniestreich vom aller feinsten. Stehlen wir einfach das größte, auffälligste Schiff des Universums und fliehen darin. Fliegen dabei durch die Stadt und zertrümmern alles was wir sehen, damit es auch der letzte bemerkt. Eine Meisterleistung, Thor. Wirklich meisterhaft!" Nicht einmal eine Sekunde nach Lokis lautstarken Worten, wirft Thor ihn aus dem Schiff. Mein Mund klappt auf.
„Fandral wartet mit einem kleineren Schiff dort unten", antwortet er mir auf meine unausgesprochene Frage. Thor drückt ein paar letzte Knöpfe und kommt dann zu mir und Jane. Er nimmt sie hoch in seine Arme und stellt sich zu der offenen Seite, des Schiffes.
„Du musst springen", sagt er locker und deutet auf die, keine Ahnung wie viele Meter unter uns liegende, Wasserfläche. Entgeistert sehe ich ihn an.
„Springen?" Ich bin bereits von Stark-Tower „gesprungen", nochmal brauche ich diesen Kick nicht.
„Fandral wird dich auffangen", versichert er mir. Kann er mir das auch schriftlich geben? Ich sehe nochmal nach unten und entdecke das kleine fliegende etwas. Ohne weiter darüber nachzudenken springe ich in dem unvorteilhaft langen Kleid in die Tiefe. Der Wind weht mir hart ins Gesicht. Wie beim letzten Mal schließe ich fest meine Augen und warte auf den Aufprall, der eine gefühlte Ewigkeit dauert. Diesmal ist es zwar nicht so tief, doch trotzdem würde ich zu einhundert Prozent sterben, wenn Fandral an der falschen Stelle steht. Der Wind wird sanfter und nicht mal ein Wimpernschlag später, spüre ich bereits die starken Arme von Fandral um mich.
„Hallo, meine Hübsche", erklingt seine warme Stimme neben meinem Ohr. Meine Lider öffnen sich. Ich blicke in seine glanzvollen Augen. Langsam lässt er mich runter und stellt mich wieder auf meine Füße. Vor uns landet Thor mit Jane in den Armen auf dem kleinen fliegenden Schiff. Vorsichtig legt er sie an der Spitze ab.
„Tu was du versprochen hast, Loki, führe uns zu deinem geheimen Pfad", befiehlt Thor, dem am Boden liegenden Loki. Fandrals Arm liegt immer noch um meinen Rücken.
„Mit Vergnügen", sagt er spitz und sieht Fandral mit einem Blick an, der ihn töten könnte. Loki tritt nah zu uns heran.
„Ich werde es niemals wiederholen", beginnt er drohend. „Berührst du sie auch nur noch ein einziges Mal, kannst du dir meines Zorns sicher sein. Ich werde mir Dinge für dich ausdenken, für die dein Verstand nicht einmal im Entferntesten reicht." Mit einem kurzen Blick zu mir, wendet Loki sich dem Steuer zu und lenkt das Schiff. Fandral scheint kaum beeindruckt, dennoch schluckt er kräftig.
„Fandral!", ruft Thor, als ein weiteres Schiff auf uns schießt.
„Ja, bereit!" Fandral geht zum Rand des Schiffes und schnappt sich ein festgeknotetes Seil. „Auf Wiedersehen, hübsche Zoe. Für Asgard!" Samt dem Seil springt er vom Schiff und landet auf dem, das uns angreift.
„Loki!", schreit Thor leicht panisch. Ich sehe in seine Richtung und verstehe was er meint. Loki steuert uns direkt auf eine Felswand zu, die nur einen hauchdünnen Spalt durch sich trägt.
„Wäre es leicht, würde es jeder tun", ruft Loki freudig.
„Bist du verrückt?!"
„Möglich wär's." Thor nimmt meine Hand und zieht mich runter zu sich und Jane. Wir fliegen direkt durch die Spalte und knallen wie beim Flipper abwechselnd gegen die Felswände. Ich schließe wieder meine Augen, während Thor sich schützend über mich und Jane gebeugt hält. Ich kann spüren, wie wir durch etwas hindurchfliegen und an einen anderen Ort versetzt werden.
„TADA!"

Die letzte Sirene - The Dark WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt