[Mary's Perception]
Leise schlich ich mich den Gang runter, das belegte Brötchen in Taschentücher eingewickelt und mich immer wieder in alle Richtungen umsehend. Es war nicht das erste Mal, dass ich heimlich beim Abendessen etwas unter meinem Rock oder meiner Bluse verschwinden ließ, um es hinterher Jim zu bringen - einem der Wärter und gleichzeitig mein einziger Freund und sowas wie mein Fels in der Brandung. Wir beide überlegten ab und an wie es uns gelang unter Lucifers Fuchtel zu entwischen, doch verwarfen diesen Gedanken schnell wieder. Es war unmöglich, das wussten wir beide. Versuchen, das Beste draus zu machen war irgendwann unsere Devise geworden, weshalb ich mich nachts immer wieder heimlich zu ihn stahl, nachdem Lucifer Beschäftigung gefunden hatte. Ich huschte leise um die Ecke und mein Herz machte einen kleinen Satz, als ich Jim bei seiner Schicht an den geflügelten Türen stehen sah. ,,Mary? So früh heute?", fragte er überrascht und als ich aus dem Schatten trat sah ich auch das Lächeln, dass er auf dem Gesicht hatte. ,,Ja, Lucifer hat früh Beschäftigung gefunden, so wies ausschaut. Auch wenn ich keine Ahnung habe, ob ich das so gut finden soll." Ich überbrückte nun die letzten Schritte, die zwischen uns lagen und hauchte ihm einen zarten Kuss auf die Wange, ließ dann wieder mit leicht heißen Wangen von ihm ab und drückte ihm das belegte Brötchen in die Hand. Dankend sah Jim mich an und ich blickte mich in der Halle um, seufzte leise und wartete noch, bis Jim seine Schicht fünfzehn Minuten später beendet hatte und mich in sein Zimmer mitnehmen konnte - dort verbrachten wir meistens unsere Pausen, hatten wir welche, die wir zeitlich zusammen nutzen konnten. ,,Wie geht's dir?", fragte er mich sofort, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte und ich sah ihn vorsichtig an, als ich mich umdrehte, sodass er sofort näher schritt, das Essen beiseite legte und mein Gesicht in seine Hände nahm. ,,Mary?", hakte er sorgenvoll nach und ich schluckte schwer. ,,Es gibt wieder eine Neue... Und ich glaube, sie lehnt sich zu sehr auf. Ich kann nicht noch eine Leiche vergraben, Jim.", murmelte ich heiser und er wurde bleich, zog mich dann an seine starke Brust und ich lehnte leise schniefend meinen Kopf dagegen, rieb meine Wange zittrig am Stoff des hellblauen Shirts. ,,Falls es soweit kommen sollte, dann hol mich zu dir, Mary. Damit ich helfen kann. Himmel, wenn was ist, dann komm sofort zu mir! Auch wenn er dir irgendwann weh tun sollte, ja? Jeden Tag stehe ich da an der Tür, halte Wache und habe Angst, dass du nicht mehr wieder kommst...", murmelte er heiser, während er sein Gesicht fest in meinen Haaren vergrub und meinen Kopf mit seiner Hand sanft aber bestimmend ein wenig fester an seinen Brustkorb drückte. Ich nickte. ,,Versprochen...", flüsterte ich und er nickte ebenfalls, zog mich näher an sich und ich seufzte leise, schluckte den Kloß in meinem Hals runter und drückte mich ein Stück von ihm fort, um den Kopf in den Nacken zu legen und blinzelnd zu Jim aufsah. ,,Jetzt musst du aber mal essen.", sagte ich ernst und er lachte leise, nickte aber und ließ mich langsam wieder los, um sich das Brötchen wieder von der Kommode zu schnappen und sich dann damit aufs Bett zu setzen. Lächelnd sah ich ihn an, setzte mich auf den Rand und strich über das Laken, das sich weich an meine Fingerspitzen schmiegte und ich verschwieg jetzt mal, dass die Wächter eindeutig noch etwas besser lebten, als wir Normal-Bedienstete. Wir bekamen mehr zu essen, aber sie hatten wenigstens Dinge wie warmes Wasser und ein Bett. Wir mussten uns mit eiskaltem und einer Pritsche zufrieden geben - was Jim nicht wusste und was er auch nicht wissen sollte. Besser so.
[Mia's Perception]
Ich bekam kaum Luft. Im Keller hatte er mich an einen Pfahl gebunden. ,,Du hast dich mir hingegeben. Bedingungslos. Du kennst meine Regeln. Und trotzdem wagst du es, mir zu widersprechen- gar zu versuchen mich zu verbessern?!" Zornig starrten mich seine blauen Augen an und ich schluckte. ,,Ich wollte euch nicht verbessern, ich wollte euch...-", wagte ich kleinlaut von mir zu geben und er schnaubte, brachte mich zum Schweigen, indem er mir mit einer Handgeste erneut die Luft wegdrückte. ,,...Nur deine Meinung mitteilen? Die interessiert mich nicht, Mia! Und dein mangelnder Respekt mir gegenüber, den müsste ich eigentlich noch härter bestrafen!", knurrte er und ich seufzte glucksend, schnappte panisch darauf nach Luft, als ich dadurch erkannte, dass ich wieder nach Atem ringen konnte. ,,Ich zolle dir Respekt, Lucifer. Ich habe Respekt vor deiner Sturheit, nur dein Wort als das Richtige anzusehen. Oder deine Durchsetzungskraft, auch wenn du beide Dinge falsch einsetzt. Keinen Respekt habe ich vor deiner Skrupellosigkeit, die in den Wahnsinn und in einen solchen Narzissmus und Egoismus ausartet, dass ich dir wieder nur sagen kann, dass sie alle Angst vor dir haben, dass der Respekt, den sie haben, nur eine Lüge ist, ein Schutzschild" Es wunderte mich erneut, dass er mich ausreden ließ. Und ich wunderte mich auch, dass ich mich tatsächlich traute, so mit ihm zu reden, trotz allem meine Meinung zu sagen, mich nicht gleich zum Schweigen bringen zu lassen. ,,Ach? Und um echten Respekt erwiesen zu bekommen, soll ich so ein armes Würstchen sein, wie du?!", knurrte er und entfernte mir mit einem bloßen Schnipsen die Handfesseln, um meine Hände nach vorne zu ziehen und mich mit einer Halskette an den Pfahl zu halten, dass ich wieder nach Luft schnappen musste, da ich nur gerade so noch Luft bekam, das Leder eng an meinem Hals anlag. ,,Ich will keinen Respekt, sonst wäre ich nicht hier", knurrte ich und starrte ihn schluckend an. Ich hätte schwören können, ihn einen Moment perplex blinzeln sehen zu haben, bevor er knurrend einen Weidenstock hinter seinem Rücken hervorzog. ,,Hände her", sagte er bestimmt und ich schluckte. ,,Hände her!", wiederholte er wutentbrannt und ich zuckte zusammen, hielt ihm dann meine zitternden Hände hin. Daraufhin konnte ich mir herzzerreißende Schreie und dicke Tränen nicht mehr verkneifen, als er unermüdlich auf meine Finger einschlug, der schmale, aber harte Weidenstock in meine zarten Finger bis auf die Knochen schnitt und er immer und immer wieder zuschlug, bis kein Millimeter meiner Haut an beiden Händen ohne Blut und Schläge war. Sie waren taub, brannten, schmerzten höllisch. Wenn nicht sogar die Knochen gebrochen waren, jeder einzelne... ,,Du wirst noch lernen, Mia. Lernen, wie du mit mir umzugehen hast", fauchte er. ,,Du wirst schweigen bis morgen früh und nichts essen bis morgen Abend! Solltest du es wagen, wirst du ersticken", fügte er hinzu und das letzte, was ich sah, war ein mehr enttäuschtes Gesicht seinerseits, bevor es wieder dunkel um mich wurde und ich mich schließlich in meinem Zimmer wiederfand, ich schluchzend auf dem Bett saß, krampfhaft Schmerzschreie unterdrückte und auf meine zitternden, blutenden und schmerzenden Hände starrte. Warum war hatte ich mich ihm nur zugesprochen?!
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Lucifer's C- ✔
RomanceBist du eine von 12 strengstens ausgewählten Bewohnerinnen von Lucifers Schloss, gibt es da Regeln, an die man sich halten sollte, wenn man länger, begünstigt und einigermaßen schmerzfrei leben will. 1. Du bist sein Eigentum. Nur seins allein...