[9] Lost

2.1K 78 3
                                    

[Mary's Perception]

,,Mary?" Sanft strich eine Hand über meine Wange und blinzelnd öffnete ich die Augen, kniff sie aber gleich wieder zusammen, als unbändiger Schmerz durch meinen Rücken schoss und ich leises Wimmern von mir gab, ich hörte wie Jim leise fluchte, wusste dass er seinen Zorn zu beherrschen versuchte und ich bemühte mich ihn wieder anzusehen, wie er da vor mir kniete und das Bettlaken voll mit meinem Blut war. ,,Ich hab dich verbunden und gesalbt... Leider kann ich dir die Schmerzen nicht nehmen.", flüsterte er leise und ich nickte, biss mir krampfhaft auf die Unterlippe und bemühte mich angestrengt nicht in Tränen auszubrechen. Mein Rücken brannte als würde er wahrhaftig in Flammen stehen und ich begann nun doch leise zu weinen, spürte, wie Jim sich vorsichtig neben mich legte, seinen Arm um meinen Bauch legte. ,,Mary... Bitte hör auf zu weinen, ich werde uns hier irgendwie rausholen.", flüsterte er und ich nickte, wollte wieder tapfer sein so wie sonst auch, doch schaffte das einfach nicht und leise Schluchzer entwichen mir weiter, sodass er mir sanft an der Seite entlang strich, der Verband sogar um meine Brust herum reichte, sodass klar war, dass er mich ausgezogen haben musste. ,,Jim?", fragte ich weinerlich und wartete gar nicht erst seine Reaktion ab, sondern sprach gleich weiter. ,,Danke, dass du mein Freund bist. Ich wünschte du wärst noch mehr, könntest noch mehr sein...", hauchte ich schwach, hatte meinen Kopf gegen seinen starken und muskulösen Oberarm gelehnt und mein Gesicht an seiner warmen, durch die kurzen Arme seines Muskelshirts freigelegten, Haut vergraben, benässte sie leicht mit meinen Tränen. ,,Du kannst dir gar nicht vorstellen wie gerne ich mehr für dich wäre...", gab er wispernd zurück und mir entwich ein leises Schluchzen. ,,Dann sei mehr!", wimmerte ich und er schluckte, sein Griff verstärkte sich ein wenig, blieb jedoch noch immer so vorsichtig, dass er mir nicht weh tat. ,,Du weißt, das kann ich nicht. Lucifer würde uns zerstören.", wisperte Jim und ich schluchzte. Ja... das wusste ich.


[Mia's Perception]

Heute Vormittag war ich noch erstaunt von diesem Mann gewesen, jetzt war ich wieder bodenlos enttäuscht. Mein Zimmer war wiedereinmal nicht abgeschlossen gewesen, diesmal wollte ich fragen, ob eine der Bediensteten es vielleicht hinter mir abschließen könnte. Ich war instinktiv dem Jammern, Schluchzen und Betteln gefolgt, musste schließlich vor einem der sonst immer abgeschlossenen Zimmern bremsen, sofort stiegen mir Tränen in die Augen, einerseits aufgrund von Marys schrecklichen Anblicks, ihrem komplett aufgerissenen, blutigen Rücken, ihr bitterliches Weinen und Zittern... Andererseits Lucifers Gnadenlosigkeit, wie er dort über ihr stand, auf sie nieder sah und die Peitsche zur Seite schmiss, dann langsam aufsah, wie Mary es ebenfalls tat. Ich erwiderte nur den Blick von Mary, war dann herumgewirbelt, den Flur runter zurück zu meinem Zimmer gelaufen. Ich schmiss die Tür achtlos hinter mir zu, warf mich aufs Bett und vergrub schluchzend mein Gesicht in meinem Kissen. Wie konnte er nur so gnadenlos sein?! Was veranlasste ihn dazu, so zu sein?! Auch ohne diese Skrupellosigkeit könnte er seine Macht behalten- oder etwa nicht? Ich fände ihn noch großartiger, als er meiner Meinung nach insgeheim schon war- abgesehen von seinen teuflischen Phasen. Man könne mich wirklich als mehr als verrückt halten mit meiner Einstellung, Lucifer tatsächlich zu mögen... Ich hatte eine Art Gefühl für ihn entwickelt, ein geheimes Verlangen. Allerdings eins, das mir zeigen wollte, ob unter seiner dunklen, finsteren Schale nicht vielleicht noch ein leuchtender Kern schlummerte, den ich nicht vielleicht doch irgendwie wieder hervorbringen könnte. Wie absurd das doch war! - Ich wünschte mir, dass ich die sanfte Seite des Teufels hervorkitzeln könnte, ihm ein wenig guten Sinn einhauchen könnte... Absurd und unmöglich...

---

Am nächsten Morgen war ich eine der Letzten, die wach wurde und aufstand. Stirnrunzelnd betrat ich den Speisesaal, alle Mädchen hatten sich um die Liste versammelt. ,,Ich verstehe das nicht, wieso sind die Listen leer?", fragte Stella leise. ,,Vielleicht ist er außer Haus und hat keine Zeit?", entgegnete Amanda achselzuckend und Anne schüttelte den Kopf. ,,Lucifer mal keine Zeit für eine schnelle Runde? Glaube ich nicht. Außerdem hätte er uns dann eingesperrt, so wie letztes Mal", meinte sie und die anderen nickten zustimmend. ,,Ich würde vorschlagen, wir essen zu Ende auf und gehen dann wieder auf unsere Zimmer, warten", schlug ich leise vor und ich war zufrieden, dass sie mir tatsächlich alle zustimmten. Diesen Tag ja. Allerdings vergingen zwei weitere, in der die Liste leer blieb, Lucifer sich bei keiner blicken ließ und schließlich sogar nachts die Zimmertüren offen blieben, die anderen langsam aber sicher anfingen, sich entgegen der Regeln zu benehmen, länger aufzubleiben, mit den Wächtern zu plaudern, mehr zu essen... Ich war wohl die einzige, die sich ein wenig sorgte. Wie sollte es weitergehen? Was war mit Lucifer? Hatte er uns aufgegeben, würde er uns hier zurücklassen? Oder war ihm etwas zugestoßen? ,,Wer hat Lucifer denn zuletzt gesehen?", fragte ich am vierten Tag, Amanda saß zwischen den Zweien auf dem Tisch und aß genüsslich ein Eis, ein Privileg, das eigentlich nur Einsen genossen. ,,Ich", meldete sich Katha leise und schniefte dann. Er ist nach unserem Treffen in seine Gemächer verschwunden, hat sie vielleicht gar nicht mehr verlassen? Oder ist von dort weg, schwer zu sagen...", erklärte sie und ich rümpfte nachdenklich die Nase. ,,Traut sich jemand, nachzusehen oben?", fragte ich in die Runde und ausnahmslos jeder wandte seinen Blick ab, sodass ich aufseufzte. ,,Ich schätze er ist sowieso nicht da", fügte ich hinzu und Amanda zuckte mit den Achseln. ,,Willst du nachgucken gehen, Mia?", schlug Stella vor und bekam sogleich Zustimmung, sodass ich schließlich seufzend nickte. ,,Nagut... Wird schon nicht schief gehen..." Nuschelte ich. Oh, ich würde mich wundern...

Lucifer's C- ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt