7. Kapitel

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Überrascht, doch noch eine Antwort bekommen zu haben, drehte ich mich wieder zurück und hielt mich dabei an der Lehne des Sofas fest.

"Was meinst du damit?"

Doch ich hätte besser nicht fragen sollen, denn er fauchte: "Mein Gott, reicht es dir nicht, dass ich dir gesagt habe, dass es nicht an dir liegt?"

Schnaubend lief er an mir vorbei in sein Zimmer und schlug seine Zimmertür lautstark hinter sich zu.

Baff von dem plötzlichen Stimmungswechsel ließ ich mich aufs Sofa plumpsen. Durfte man in dieser Wohnung keine Fragen stellen, ohne dass jemand gleich den Raum verließ? Und warum hatte er so reagiert?

Obwohl es erst früher Nachmittag war, fühlte ich mich so erschöpft, dass ich auf der Stelle einschlafen konnte.

Aber anstatt dem Drang nachzugeben, schnappte ich mir die Wohnungsschlüssel, meinen Geldbeutel, mein Handy und meine Kopfhörer und verließ die Wohnung.

Nach diesem ganzen Durcheinander schrie mein Körper nach frischer Luft und ein Spaziergang schien mir jetzt gerade recht.


So lief ich mit Kopfhörern durch die Straßen und blendete meine Umwelt aus und versuchte mich nur auf die Musik zu konzentrieren, die mich immer wieder ruhig werden ließen.

Dabei nahm ich mir vor, sobald ich wieder in der Wohnung war, meinen Bruder zur Rede zu stellen. Denn sowas ließ ich mir nicht bieten. Ich wollte nicht weiterhin im Ungewissen tappen.

Wie von selbst und im Takt der Musik trugen mich meine Füßen der unbekannten Straßen und langsam konnte ich wieder klarere Gedankengänge fassen. Nach und nach ließen auch meine Kopfschmerzen nach, die ich gar nicht bemerkt hatte, da ich mich nach einer Weile an den dumpfen pochenden Schmerz gewöhnt hatte.

Gerade bog ich um eine Ecke, als ich mit einer kleineren Person zusammenstieß. Der zweite Mensch, der heute auf mich prallte. Kleiner als ich zu sein war nicht gerade schwer, da ich mit meinen 1,78 m beinahe Modelmaße hatte. (Zumindest von der Größe her)

Die Person landete eher unsanft auf ihrem Allerwertesten und stieß ein "Autsch" hervor.

Diese Person stellte sich als Mädchen heraus. Ich schätzte sie auf mein Alter. Sie war schlank, hatte blonde Haare und eine Stupsnase, für die viele Mädchen töten würden.

"Oh, das tut mir wirklich leid." Sie sah mit ihren grünen Augen zu mir auf und freundlich hielt ich ihr meine Hand entgegen. Diese ergriff sie und ließ sich von mir auf die Beine ziehen.

Ich zog mir meine Kopfhörer aus den Ohren und lächelte sie verlegen an. "Hast du dir weh getan?" Sie sah an sich herab und schüttelte sich gespielt einmal, um zu testen ob ihr irgendetwas fehlte, was mich zum Kichern brachte. "Nein es scheint noch alles am richtigen Platz zu sitzen. Und keine Sorge, mein Fettarsch hält eine Menge aus."

Sie war mir sofort sympathisch.

"Ich bin Jenny." Sie grinste mich breit an. "Hei, ich bin Grace." "Und wohin bist du so stürmisch unterwegs?" Ich lachte. "Eigentlich nirgendwo hin. Ich bin gerade hier erst hergezogen und kenne mich noch nicht wirklich aus. Gerade bin ich dabei mir alles ein wenig anzusehen." Das war zumindest die halbe Wahrheit. Doch als mir der Grund für meinen Umzug wieder einfiel, schwand mein Lächeln aus meinem Gesicht.

Sie nickte. "Nun Grace, wenn du willst kann ich dir ein paar Stellen hier zeigen, die ganz schön sind."

Warum eigentlich nicht.

"Das wäre toll, allerdings finde ich dann wahrscheinlich gar nicht mehr nach Hause."

"Hm." Nachdenklich legte sie den Kopf schief. "Wo wohnst du denn?"

Ich nannte ihr die Adresse und ihre Miene hellte sich auf. "Ach das ist gar kein Problem, ich wohne nämlich nur ein paar Häuser weiter. Ich kann dich also nach Hause bringen. Betrachte mich einfach als deinen persönlichen Reiseführer."

So schnell schloss man also neue Bekanntschaften. "Na dann. Es würde mich freuen, wenn du mir die Stadt ein wenig näher zeigen kannst."

Während wir unterwegs waren lachte ich so viel, wie schon lange nicht mehr und schon nach wenigen Stunden hatte ich Jenny ins Herz geschlossen. Ihre aufgedrehte, verrückte Art war ansteckend und wir hatten so ziemlich den gleichen Humor, sodass wir uns bald vor Lachen nicht mehr halten konnten. Es tat so gut, einfach wieder Freude zu verspüren. Gleichzeitig fühlte ich mich aber auch schuldig. Wie konnte ich so ausgelassen lachen, nachdem meine Eltern gestorben waren?

Und genau dieser Gedanke verpasste meiner Laune einen Dämpfer.

Ich erfuhr, dass ich mit ihr auf die gleiche Schule gehen würde und sie sogar mit mir im gleichen Jahrgang war. Ich war deswegen ziemlich erleichtert. Denn irgendwie beruhigte es mich, zu wissen, dass ich schon jemanden kannte.

Drei Stunden später standen wir bei mir vor der Haustür.

"Danke für den Tag, Jenny." Sie grinste mich an. "Immer doch, falls du später noch Lust hast, was zu unternehmen, dann geb' mir Bescheid. Du hast ja meine Nummer."

Ich nickte. "Das werde ich." Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung, nach der ich die Wohnung aufschloss und eintrat. Ich streifte mir gerade meine Schuhe von den Füßen, als hinter mir eine tiefe Stimme erklang.

"Wo warst du?"

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Da ich gerade noch etwas Zeit hatte, habe ich mich dazu entschlossen noch ein kleines aber feines Kapitel zu schreiben. Ich hoffe es freut euch. :)

Wie war euer Tag so? :)

Ich möchte euch außerdem für fast 200 Reads und die vielen Votes danken!  Ihr seid toll <3

xx






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