Kapitel 2

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Ein tiefschwarzer Himmel mit einigen Gewitterwolken, die nichts Gutes verheißen mochten, lag über dem Dorf, als ein in schwarz gekleideter Mann durch die Nacht schlich. Er bewegte sich geschmeidig und es schien als würde er mit der Dunkelheit verschmelzen. Das Einzige, das in dieser Nacht seine Anwesenheit verriet, war sein Atem. Starker Regen hatte eingesetzt und trommelte auf den Boden. An den Flüsterern war er ohne Probleme vorbei gekommen, denn er hatte so seine Tricks, die dem eines Bankräubers gleich kommen würden. Wenn man ihn erwischen würde, würde er am Galgen landen, soviel war sicher, doch daran dachte er nicht mal. Das Einzige, an was er denken musste, war sein Auftrag. Kurz vor dem Soldatengebäude mit dem Zellentrakt blieb er plötzlich stehen. Schritte näherten sich und das Licht einer Laterne war schwach zu erkennen. Leute kamen und der Mann konnte wetten, dass es sich um Soldaten handelte. Kurz haderte er innerlich, ob er es trotzdem riskieren sollte, aber die Gefahr war zu groß. Es blitze und kurz darauf war ein lauter Donner zu hören der die Fensterscheiben zum Klirren brachte. Und mit ihm verschwand der Mann im Schatten der Nacht.

Ich schreckte auf. Ob es wegen dem Gewitter oder meinem immer wiederkehrenden Alptraum war, konnte ich nicht sagen. Als ich mich beruhigt hatte und ich mich auf meinem mit Stroh gepolsterten Schlafplatz umdrehte, stieß ich mit meinem Kopf gegen die raue Steinwand. Fluchend schob ich mich weg und legte mich auf den Rücken.Die Zelle war klein, roch modrig und die am Gang angebrachten Fackeln spendeten kaum Licht. Da der Mond heute Nacht von Wolken verhangen war, fiel ebenfalls kein Licht durch die Luke an der Außenwand. Ich konnte gerade noch so die Hand vor Augen sehen.

Aufgewühlt versuchte ich meine Gedanken zu ordnen und dachte über meinen Traum nach. Im Grunde war er der gleiche wie die letzten Tage oder Wochen. Ich sah immer wieder Tina, Mum und Jason in Bettlerkleidung vor einem Holzpodest stehen. Ihre Hände waren gefesselt und sie blickten zu Boden. Tina liefen die Tränen hinunter. Plötzlich erklang eine Trompete, die kurz aufspielte und danach war die Stimme eines Mannes zu hören, der Anklagepunkte verkündete. Anscheinend wurden sie wegen Beihilfe zur Flucht einer gesuchten Verbrecherin zur Hinrichtung durch einen Kopfschuss verurteilt. Es war als würde ich unter den Zuschauern stehen, konnte aber nichts machen. Verzweifelt hatte ich um mich geschlagen, aber niemand schien mich wahrzunehmen. Die Soldaten und meine geliebten Angehörigen setzten sich in Bewegung und stiegen die Treppen zum Podest hoch, während sich das Exekutionskommando bereit machte. Und kurz bevor der erste Schuss fiel, wachte ich jedes Mal auf.Immer wieder kamen mir die schrecklichen Bilder in den Sinn.

Es war eiskalt und ich zog meine Jacke fester um meinen Körper und die raue Decker näher zum Kinn. Die letzten Tage waren verregnet gewesen und der Winter fing an langsam einzusetzen. Die Bauern hatten wahrscheinlich schon ihr letztes Getreide geerntet. Früher half ich mit und verdiente mir ein paar Groschen dabei. Nicht viel, aber ich konnte Brot dafür kaufen und wenn wir sparsam waren, konnten wir damit fast eine Woche leben. Manchmal aber kaufte ich ein paar Bonbons beim Süßwarengeschäft im Dorf. Diese versteckten Tina und ich dann immer unter ihrem Bett und naschten jeden Tag nur ein bisschen davon, damit wir länger etwas davon hatten. Auch nachdem ich Jagen war und die erbeuteten Tiere zu einem guten Preis verkauft hatte, legte ich etwas für Süßigkeiten oder auch manchmal für eine Zimtrolle zur Seite. Die Erinnerungen an diese Tage traf mich so hart, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Schnell wischte ich sie weg und zog meine Knie heran. Die Kälte fraß sich in jede Zelle meines Körpers. Ich hatte mir schon öfter gewünscht mich ihr einfach hingeben zu können. Doch wie es das Schicksal so will, sitze ich noch hier und das einzige was vom Wunsch einzuschlafen und nie wieder aufzuwachen geblieben war, war eine leichte Erkältung. Da brachte mich das Leben schon in so eine Situation und dann erlaubt es mir nicht einmal ehrenvoll abzutreten. Bei der Vorstellung am Hauptplatz zu stehen und bei vorgehaltener Waffe sagen zu müssen, dass es mir leidtut und ich mich zutiefst bei der Basis entschuldige, wurde mir übel. Man möge denken, einem wäre das egal, aber beim Blick in den Lauf einer todbringenden Waffe, änderte sich so manches Gemüt.

TentraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt