Mayra strafte den jungen Mann mit Schweigen, mehr als bei den bisherigen Tagen. Sie sprach nicht ein Wort, sie sah ihn nicht an, sie nahm ihn überhaupt nicht wahr.
Wut zerfraß sie, noch nie war sie je wütend gewesen. Aber ihr war noch nie so ein Fehler unterlaufen, nein es war gar nicht ihre Schuld. Er hatte es verursacht! Sobald sie wieder an ihn und diesen Moment dachte, überkam sie der Zorn.
Immer wenn er sich einmischt passierte etwas Unvorhergesehenes, was sie selbst immer in eine verzwickte Lage brachte.
Selbstverständlich schwieg er kaum einen längeren Moment. Damir konnte es nicht sein lassen, zu beteuern, dass doch gar nichts schlimmes passiert sei, er habe sich schlicht erschreckt, als er einige Ritter sah. Er war einfach blind!
Blind gegenüber den Taten der Königin. Wie konnte sich so jemand als zukünftiger König schimpfen? Die meiste Zeit des Tages, wenn nicht gerade Wut in ihr herrschte, fragte sich Mayra, weshalb er nicht regieren wollte.
Als er alt genug war wurde er nicht in die Gesellschaft eingeführt, er wurde nicht dem Volk gezeigt und selbst nach dem Tod des Königs, blieb er im Schloss, statt aufbauende Worte an sein Volk zu sprechen.
Der Prinz müsste nur die Königin beschuldigten, an dem Tod seines Vaters beteiligt gewesen zu sein. Niemand hätte ihren Protesten geglaubt, sie hatte sich in den wenigen Jahren keine Freunde gemacht, was sie zum größten Teil Mayra zu verdanken hatte. Zudem war es nicht mal gelogen, dass die Königin Teilweise ihre Finger im Spiel gehabt hatte.
Der Marsch endete gegen Einbruch der Nacht, mitten im Wald. Mayra war sicher, dass es nicht regnen würde, auch wenn Damir ständig dies als Vorwand nahm, um möglichst nicht draußen schlafen zu müssen.
Die junge Frau traute sich nicht, auch nur ein Auge zu schließen, auch wenn es absolut lächerlich war. Sie war zu müde um die Augen offen zu halten, so sank sie in einen ihr gewohnten Halbschlaf.
Die ersten Strahlen der Sonne waren noch nicht zu erkennen, als Mayra würgend die Augen aufriss. Verzweifelt rang sie nach Atem, ihre Hand krampfte sich an ihre Brust. Ihr Herz fühlte sich an, als würde es zerdrückt werden.
Sie bäumte sich auf vor Schmerz. Tarjo jaulte auf, nicht in der Lage seiner Herrin helfen zu können. Mayra war bemüht ihren Atem zu verlangsamen, ihr Blick glitt zum immer noch schlafenden Prinzen. Derweil fand der Hund keine Ruhe, sein Jaulen gewann an Kraft und entwickelte sich in leichtes tiefes Bellen.
Da zuckten die ersten Muskeln im Gesicht von Damir. Er blinzelte leicht und schielte zwischen den Augenlidern hervor, um die Quelle des Kraches zu finden. Erst nahm er nur den Hund wahr dann merkte er, dass bei seiner Begleiterin etwas nicht stimmte.
Sofort war er auf, noch nie hatte Mayra den Prinzen so aufspringen sehen. Sein Gesicht spiegelte ihren Schmerz wieder, kaum dass seine blauen Augen ihre fanden, nahm sie ein letztes mal tief Luft und ihr Herz blieb ruhig.
Ihre verkrampften Finger öffneten sich aus Erschöpfung. Voller Ungewissheit hielten die blauen Augen des Mannes ihre braunen fest. Da merkte Mayra es.
Ein Schlag und dann ein weiterer und ein weiterer, immer schneller, doch nicht schmerzhaft. Es begann in ihr zu kribbeln.
Was geschah nur mit ihr? Die Jägerin erinnerte sich plötzlich an das lächerliche Spiel von der letzten Nacht. Schon da hatte etwas nicht gestimmt, als sie Damir in die Augen gesehen hatte.
Hatte die Königin seine Augen verhext? Doch weshalb? Hatte sie etwas geahnt und sich somit abgesichert?
"Sag doch was, Mayra!"
Damir durchbrach die Stille und damit auch den Strudel an Gedanken, der in ihrem Kopf wütete. Sofort sah sie weg und alles war beim Alten. Viel lieber vergrub sie ihre Finger in Tarjos weichem Fell."Es geht schon, hatte wohl einen Alptraum." Auch wenn sie nie träumte. Sie log ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, weshalb ihr der Prinz auch sofort glaubte.
Mayra wusste zwei Dinge sicher, sie musste schnellst möglich einen Magier aufsuchen und dass die Königen nun Macht über sie ausüben konnte.
Bis zum Aufbruch des Tages schlief die junge Frau nicht mehr. Sie war sich nicht sicher, ob die Königin mehr Einfluss auf sie hatte wenn sie schlief. Weshalb sie es erstmal sein ließ.
Der Prinz jedoch war schnell wieder im Land der Träume zurück und wachte erst auf, nachdem Mayra dem Hund befiehl den Mann abzulecken.
"Können wir nicht wenigstens einmal ausschlafen?" Waren seine ersten Worte, nein nicht ganz, davor streckte er sich ausgibig und wünsche mit trällernder Stimme einen 'Guten Morgen'.
Mayra verstand seinen Wunsch nicht. Sie waren erst seit wenigen Tagen unterwegs, wie konnte der Prinz da schon an Schlafmangel leiden?
"Wenn ich Euch mal wieder daran erinnern muss, wir sind dabei zu fliehen. Weil Ihr es nicht für nötig erachtet das Reich Eures verstorbenen Vaters zu übernehmen."
Ihr Begleiter blieb still, weshalb sie schon fürchtete zu weit gegangen zu sein. Aber wieso sollte es sie kümmern, wie persönlich sie ihn getroffen hatte?
"Es ist nicht so einfach."
Fragend sah die Frau zum Prinzen.
"Was sollte nicht einfach sein? Ihr seid der direkte Thronerbe."Er schüttelte jedoch nur den Kopf.
"Vater war geblendet von der Königin, er konnte letztendlich an nichts anderes denken. Er hatte sogar Mutters Gemälde abgenommen."In seine Stimme legte sich Traurigkeit. "Ich hatte mich nie vor dem Volk versteckt, ich hab lediglich geholfen. Ich war ein freier Helfer und nicht der Prinz. Ich wollte nicht, dass die Menschen nicht ehrlich waren und sich aus Ehrfurcht vor mir verschlossen."
Die Jägerin durchbrach die darauf folgende Stille. "Ihr wolltet für die Menschen kein Prinz sein? Ich versteh ja, dass Ihr ihnen näher sein wolltet, doch wäre es nicht vorteilhafter gewesen, sich nach Eures Vaters Tod genau diesen Menschen zu zeigen? Ihr wärt ihr Anker geworden."
"Ich habe keine Rechte an dem Thron, Vater hatte alles an die Königin übergeben, doch Ihre Tat, also der Befehl an dich lassen schließen, dass sie das gar nicht weiß."
Verächtlich schnaubte seine Begleiterin. "Na und wenn schon! Ihr seid sein Blut, Ihr seid sein Sohn!"
Plötzlich wechselte er das Thema.
"Wieso dienst du ihr? Du hast es mir noch immer nicht gesagt. Was bindet dich so sehr an sie? Und bitte erzähl mir nichts mit irgendwelchen Opfern und Blut, das an deinen Händen klebt. Es muss noch mehr sein."
Mayra war kurz davor ihm von ihrem Siegel zu erzählen, es lag ihr schon auf der Zunge und sie war dabei den Mund auf zu machen, doch da schob sie den Gedanken der Offenheit beiseite. Es ging ihn nichts an, sie musste sich hüten dem Prinzen zu nahe zu kommen.
In genau diesem Augenblick schlug ihr Hund Alarm. Den ersten Pfeil bemerkte sie und schaffte es Damir aus dessen Flugrichtung zu schieben, doch sofort folgten weitere so schnell hinter einander, dass sie nicht wusste wie viele sich in ihr Fleisch bohrten.
Im nächsten Moment verlor sie ihr Bewusstsein.
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Das Herz der Jägerin
FantasySie hat vor Jahren ihr Herz an eine grausame Königin verkauft. Ab dann war sie die Jägerin der Königin. Kein Befehl ist ihr zu grausam. Bis die Königen sie mit dem Prinzen in den Wald schickt. Die Jägerin soll ihr sein Herz bringen. Doch im Wald sch...