Sieben

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Nach ihren Worten hatte sie sich schlafend gestellt und Damir blieb unerwartet ruhig. Anscheinend hatten ihm ihre Worte nicht gefallen.

Kaum dass die ersten Sonnenstrahlen den düsteren Himmel erhellten, war Mayra schon auf. Sie rüttelte den noch tief schlafenden Prinzen wach.
Leicht heiser wünschte er ihr, einen guten morgen. "Aber wieso weckst du mich schon? Noch niemand ist wach, wir sollten wenigstens bis zum Frühstück bleiben."

"Ihr wollt doch nur ausgiebig essen. Falls Ihr euch noch daran erinnert, wir sind auf der Flucht und müssen es schneller auf den Hof eures Onkels schaffen, als dass sie uns findet."

Es dauerte bis der Prinz endlich einverstanden war zu gehen, doch er bestand darauf wenigstens eine Nachricht mit ihrem Dank zu hinterlassen. Also begann Damir nach einem Blatt Papier und einem Stift zu suchen.

Am Ende schrieb er mit einem kleinen Kohlestück auf ein schmutziges Handtuch. Dieses breitete er auf einem Tisch aus. Endlich konnten sie die Hütte verlassen und das kleine Dorf im Wald hinter sich lassen.

Zwischen den Bäumen lief ihnen schon der schwarze Hund entgegen. Freudig ließ er sich von beiden hinter den Ohren kraulen. Mayra konnte es immer noch nicht fassen, wie zutraulich der dunkle Riese dem Prinzen gegenüber war.

Sie schafften es bis zum Mittag durchzulaufen ehe der junge Mann begann seinen Hunger zu beklagen. Sie mahnte ihn zur Geduld, doch er wollte gar nichts von einer weiteren Jagd wissen.
"Und ich habe genug von der vielen getrockneten Kost."

"Ihr habt erst gestern Abend gut gegessen, was wollt Ihr mehr?"
"Meine Kleider sind durch geschwitzt und ich kann nicht nur von drei getrockneten Scheiben Fleisch und ein paar Datteln leben. Ich bin ein Mann, ich brauche viel mehr."

Sie verdrehte die Augen. Mochte ja sein dass er ein Mann war, sein Wehklagen dagegen erinnerte sie eher an die feinen Damen vom Hofe.

"Solltet Ihr nicht zufällig einen Beutel Münzen dabei haben, muss ich Euch enttäuschen. Für einen Händedruck und ein kleines Lächeln, werdet Ihr gar nichts bekommen."

"Sei nicht so, du hast gestern auch nicht erwartet dass uns die Leute rein lassen." Gab er nicht auf. Natürlich hatte sie nicht daran geglaubt, hätten die Leute ihr Siegel gesehen, hätte man die beiden Reisenden zu Teufel gejagt.

Ein Gedanke machte sich in Mayras Kopf breit. Es wäre nicht gerade von Nachteil, wenn der Prinz endlich begreifen würde mit wem er unterwegs war. Er hatte noch nie gesehen wie andere Menschen auf sie reagierten.

Es war an der Zeit ihm die Augen zu öffnen und zu beweisen dass nicht alle gut und herzlich waren.
"Na gut an dem nächsten Gasthof, dürft Ihr Euer Glück versuchen."

Voller Überraschungen holte Damir sie ein und sah ihr fest in die Augen, als würde er nach etwas Suchen, was bewies, dass sie sich einen Scherz mit ihm erlaubte. Doch als er schließlich nichts fand, konnte er nicht verhindern zu lachen.

"Du wirst sehen, zu fragen schadet nie."
"Ihr wisst schon, dass niemand Euch als Prinzen kennt? Was Eure eigene Schuld ist."

Nun blieb er stumm. Er hatte sich immer hinter den Schlossmauern versteckt und jetzt wo sein Vater tot war, wäre ihm keine andere Wahl geblieben als sich dem Volk zu zeigen. Aber dies wäre nun dank ihrer Flucht nicht möglich.

Eine kleine Stadt ließ nicht lange auf sich warten und diesmal versteckte Mayra ihr Mal nicht. Erst beachtete sie niemand, dennoch dauerte es nicht lange und die Bewohner wechselten auf die andere Straßenseite.

Fragend sah Damir zu seiner Begleiterin. Diese wies ihn mit einer Kopfbewegung an weiter nach vorne zu schauen. Nun erklangen hin und wieder Flüche, die aber niemand wagte der Frau ins Gesicht zu sagen.

Vor einem Gasthaus rieb Damir sich die Hände und ging voller Freude hinein. Sie folgte ihm durch die Tür und verharrte dort, während der andere zur Theke ging. Das Gespräch verlief gut bis der Wirt die Unruhe zwischen seinen Gästen bemerkte und der jungen Frau an der Tür mehr Beachtung schenkte.

Augenblicklich wurde sein Blick hart.
"Nein, ein Zimmer haben wir nicht."
Nicht für sie, sagte sein Gesichtsausdrucken. Damir versuchte es weiterhin, dass sie beide auch mit einer Scheune zufrieden wären oder mit einer kleinen warmen Mahlzeit.

Doch der Wirt beharrte auf seine Worte. Mayra wusste, dass der Wirt niemals alle Zimmer schon vergeben hatte, doch für sie würde es keines geben.

"Der Hund der Königin kann draußen schlafen, wie die anderen Tiere auch." Traute sich der stämmige Mann neben dem Wirt. Er sah diesem sehr ähnlich, weshalb es auf der Hand lag, dass es sich um Vater und Sohn handeln musste.

Damirs Augen bohrten sich in die seiner Begleitung. Er hatte nie wirklich den Geschichten glauben wollen, doch nun sah er zum ersten mal deutlichen Hass. Mayra machte kehrt und verließ das Gebäude.

Vor der Tür wartete sie auf den Prinzen, welcher ihr ziemlich schnell nachfolgte. Mit einem Kopfschütteln setzte er ihren Weg fort.
"Ich versteh das nicht. Was ist schon dabei für wen du arbeitest? Komm wir sagen ihnen, dass du von ihr fliehst."

Er wollte schon wieder zurück, doch Mayra hielt ihn auf. "Nichts wird sich ändern. In diesem Dorf wissen nun alle, dass ich hier bin, niemand wird uns mehr zuhören."

"Aber wieso?" Verständnislos sah er mit seinen blauen Augen zu ihr herunter.
"Weil sie Angst haben. Sie wissen alle von einer Frau mit einem Siegel, die im Auftrag der Königin verfolgt, foltert und tötet."

Die Augen ihres Gegenüber wurden immer größer und das Gesicht immer blasser, endlich drang die Bedeutung ihrer ständigen Beteuerung zu ihm durch. Sie sah ihm an wie sich sein Gedankengang in die richtige Richtung bewegte.

"Ich wusste nicht dass es so schlimm um dich steht." Flüsterte er und kratzte seine Wange. Sein Blick glitt an ihr vorbei und ehe sie sich versah griff er ihre Schultern und wirbelte sie hinter sich.

Wie damals beim Wildschwein kam seine Handlung so unvorhergesehen, sodass Mayra ihr Gleichgewicht verlor. Hätte er sie nicht gehalten, wäre sie wohl gegen ihre Gewohnheiten gestürzt.

Beide landeten stolpern in einer Gasse. Wütend sah die junge Frau zu dem Prinzen. Doch gerade als er den Mund aufmachen wollte um etwas zu sagen, wurde er noch blasser als vorhin.

Seine geweiteten Augen besahen geschockt Mayras Kopf. Erst jetzt dämmerte es ihr was auf ihrem Kopf nicht stimmt. Wind wehte durch ihr zusammengeflochtenes Haar und genau dies sollte nicht sein.

Blitzschnell griffen ihre Hände in ihren Nacken und zogen das Stück Leder wieder über den Kopf.

Ihr war ein großer Fehler unterlaufen. Ausgerechnet ihr, der Jägerin, dem Hund der Königin, war ein dummer Fehler unterlaufen!

Nun wusste die Königin wo sie waren, auch wenn sie nur Mayra gefunden hatte, musste ihrer Herrin klar sein, dass der Prinz sich bei ihr befand.

Jetzt begann die wahre Flucht.

Das Herz der JägerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt