Ich kramte mein Handy aus der Schultasche und schrieb Sophie an. Denn ich musste es irgendjemanden erzählen. Ich glaubte nicht, dass sie noch sauer auf mich war. Ich schrieb also erstmal nur ein "Hi" mit Herzchen wie immer. Ich konnte nicht so lange auf eine Antwort warten und schrieb deshalb direkt weiter. Ich schrieb alles, was mich gerade fertig machte. Es fühlte sich etwas besser an, wenn ich jemanden davon erzählte. Vor allem Sophie würde mich verstehen. Sie hat ja schließlich auch für kurze Zeit Diät gemacht.
Endlich las sie die Nachrichten. Doch es kam keine Antwort. Ich hakte nach, was los ist. Daraufhin schrieb sie einen langen Text ohne Herzchen oder irgendwelchen Smilys. Schon wieder staute sich die Angst in mir hoch. Ich fing an zu lesen.
"Ich hab mit Melanie über dich gesprochen. Wir sind beide der Meinung, dass du es einfach übertreibst. Ich hab dir oft genug gesagt, dass das nicht richtig ist, was du tust. Ich meine, was willst du mit diesen ständigen Hungern und vielen Sport erreichen? Willst du etwa magersüchtig werden?! Ich hab jedenfalls keine Lust mehr darauf. Ich weiß, wie es dir geht. Es ist kaum zu übersehen, dass du null Energie mehr hast. Deshalb hoffe ich einfach nur, dass du bald damit aufhörst. Mir brauchst du diesen Mist jetzt nicht mehr schreiben. Denk erstmal darüber nach, was du da eigentlich getan hast."
Ich legte mein Handy auf meinen Schreibtisch und legte mich in mein Bett. Ich vergrub mein Kopf in das Kissen und fing an zu weinen. Ich hätte schreien können. Ich war nicht nur wütend auf mich selbst und alle anderen, sondern auch traurig und völlig ratlos. Ich wollte weiter abnehmen. Aber ich wollte auch, dass meine Familie sich nicht ständig Sorgen machen muss oder dass Sophie und ich wieder über so viele lustige Dinge labern und lachen können in der Schule.
Ich ärgerte mich gleichzeitig, wieso gerade ich so fertig gemacht werde. Immerhin wollte ich nur nicht mehr so dick sein. Ich muss mich ja wohlfühlen. Da hätten die anderen eigentlich gar nichts zu sagen. Die wollen alle nur, dass ich fett bleibe. Und ich soll dann damit klar kommen. Na wartet. Ich entscheide immernoch selbst, wie ich jetzt weitermache. Da redet mir niemand mehr rein. Das ist meine Entscheidung! Ich werde es weiterhin schaffen abzunehmen, ob es den anderen passt oder nicht, sagte ich mir im Gedanken während mir gefühlt tausend Tränen über meine Wange liefen.
2 Wochen später...
Mit zitternden Beinen stieg ich erneut auf die Waage. Tatsächlich habe ich mich nicht geirrt. 45 kg. Ein Grinsen tauchte in meinem Gesicht auf. Für diesen einen Moment war ich wieder glücklich. Dann dachte ich an alles andere. Meine Familie, die nur enttäuscht von mir waren und mich erfolglos zum Essen zwingen wollten. Meine besten Freundinen, mit denen ich jetzt schob seit zwei Wochen nicht mehr geredet hatte. Meine Noten in der Schule... Die waren auch noch eine Katastrophe. Aber heute war Sonntag. Und deshalb machte ich mir keine Gedanken mehr über das. Nicht am Wochenende.
In meinem Zimmer verbrachte ich die meiste Zeit mit Sport. Das war schließlich schon Gewohnheit. Wenn mir der Magen knurrte, trank ich so viel Wasser bis es aufhörte. Denn Engel haben keinen Hunger... das war mein Lieblingsspruch zu der Zeit. Am Nachmittag legte ich mich in mein Bett.
Obwohl ich die ganze Zeit Sport gemacht habe, frierte ich trotzdem. Also kuschelte ich mich in meine Decke. Es fühlte sich gut an, wenn mein Magen knurrte. Meine Beine schmerzten extrem, genau wie mein Bauch und meine Arme. Das war jedoch schon ein vertrautes Gefühl. In den letzten Tagen blieb ich die meiste Zeit in meinem Zimmer. Damit ja niemand aus meiner Familie auf die Idee kam mir was zu Essen anzudrehen. Meine Schwester hielt sich da sowieso schon raus. Sie wusste anscheinend, dass mich keiner zum essen zwingen kann.
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Stop eating - You must be beautiful!
Novela JuvenilLilly Maren - ein noch damals glückliches Kind in einer normalen Familie mit einer großen Schwester. Doch mit 13 Jahren begann ihr Kampf gegen sich selbst. Ein Albtraum wurde zum Alltag. Warum musste das passieren? Wäre es überhaupt soweit gekommen...