Als sie endgültig nicht mehr zu sehen war stand ich erst auf. Hatte ich mich gerade ernsthaft mit meiner Mutter gestritten?! Mit einer von den Personen, die ich am meisten brauchte?! Aber ich hatte doch gar nichts getan... Sie war die jenige, die nichts davon verstand und mich trotzdem vor so eine verdammte Entscheidung stellte. Unglaublich. Als ob sie damit etwas ändern könnte. Dass sie mich dadurch unter Druck stellte war nicht die schlauste Möglichkeit zur Besserung.
Ich verzog mich auf mein Zimmer. Dank meiner Mutter hatte ich jetzt beschissene Laune. Ich wollte niemanden mehr sehen. Der Besuch war ein totaler Reinfall. Die ganze Zeit dachte ich über ihre Worte nach. Klar wollte ich, dass ich wieder so fröhlich sein kann wie früher, aber mein Gewicht stand mir da im Weg.
Mittlerweile war ich mir auch komplett unsicher, ob ich weiterhin alleine kämpfen sollte oder mit anderen zusammen. Ich huschte zu meinem Schrank und holte mir mein Handy. In meiner Kontaktliste suchte ich eilig nach dem Namen meiner Schwester. Als ich Leonies Nummer gefunden hatte schrieb ich sie direkt an. Ich wollte einfach mal wieder mit ihr reden und wissen, was sie mir raten würde. Immerhin verstand ich mich mit ihr in den letzten Jahren viel besser als damals als wir noch klein waren. Also abgesehen von lustig gemeinten Beleidungen, die bei Geschwistern ja normal sind.
Sie antwortete überraschend schnell und entschuldigte sich sogar direkt dafür, dass sie nicht bei Mamas Besuch dabei war. Sie wollte mir auch früher schreiben, hatte jedoch zu viel zu Hause zu tun. Leonie freute sich über meine Nachricht, aber wollte lieber mit mir telefonieren. Bei ihrem Anruf fragte sie zuerst wie es mir geht und ob ich schon Fortschritte gemacht hätte. Anscheinend hatte Mama ihr nichts erzählt. Ich berichtete ihr, dass sich kaum etwas gebessert hatte und was noch alles passiert war. Auch das von Mamas Besuch.
Meine Schwester hörte mir ununterbrochen aufmerksam zu. Der Streit mit Mama schockierte sie. Genau wie die Entscheidung, zu der Mama mich zwang. Sie stand definitiv auf meiner Seite und versuchte sich in meine Lage zu versetzten. Leider konnte sie mir auch keinen Rat geben. Leonie behauptete jedoch, dass ich die Ansage von Mama wahrscheinlich nur falsch aufgenommen hätte und sie es gar nicht so böse meinte. Mich nervte es, wie sie versuchte Mama zu verteidigen und gleichzeitig mich unterstützen zu wollen.
Ich diskutierte ein paar Minuten genervt mit ihr bis sie plötzlich mit zittriger Stimme sagte: "Mama hat nach dem letzten Anruf der Klinik geweint. Sie war verzweifelt und hatte Angst um dich. Sie wusste nicht mehr was sie tun sollte."
Mama hatte wegen mir geweint? Bei diesen Satz war es vorbei. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Diese Worte zerstörten mich auf einmal komplett. Leonie bat mich darum mit dem Weinen aufzuhören, doch ich konnte nicht. Ich meinte, dass alles gerade nur zu viel ist und dass es mir leid tut. Sie erwiderte, dass mir gar nichts leid tun müsste und bereute es, mich zum Weinen gebracht zu haben.
Ich stotterte nur noch abschließend: "Du musst dich nicht entschuldigen... es ist alles ok, kümmer dich nicht weiter um mich. Ich hab dich lieb." Danach legte ich einfach auf.Ich wischte mir die Tränen ab und putzte mir die Nase. Das Weinen hätte mich nicht wirklich weitergebracht. Also versuchte ich mich schnell zu beruhigen. Anschließend setzte ich mich an den Schreibtisch, nahm ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber. So vieles lastete mittlerweile auf mir. Wenn ich nicht richtig mit meiner Familie oder nicht mal mit Therapeuten reden konnte, musste ich eben alles aufschreiben. Es war auch überhaupt nicht mehr möglich, alles was mich bedrückte, in eine Zeichnung zu bringen.
Also fing ich an zu schreiben:
Wie soll ich anfangen...
Mein Name ist Lilly Maren und ich bin magersüchtig.
Eigentlich würde ich jetzt schlafen gehen, aber es wird immer schwieriger zu schlafen mit diesen Depressionen. Oft hab ich Panik davor einzuschlafen und von meiner größten Angst zu träumen... dem zunehmen.
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Stop eating - You must be beautiful!
Ficção AdolescenteLilly Maren - ein noch damals glückliches Kind in einer normalen Familie mit einer großen Schwester. Doch mit 13 Jahren begann ihr Kampf gegen sich selbst. Ein Albtraum wurde zum Alltag. Warum musste das passieren? Wäre es überhaupt soweit gekommen...