Kapitel 15

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Naja eigentlich konnte ich mir schon denken, was jetzt kommt. Natürlich wollte sie wissen, wie es mir geht, was alles gerade so los ist, ob ich mit der Schule klar kam usw. . Ich gab ihr kurze Antworten, in den ich einfach das sagte, was sie anscheinend hören wollte. Denn danach verabschiedete sie sich nur noch zufrieden mit einem Lächeln von mir und wir gingen aus dem Klassenzimmer.

Obwohl ich in den Herbstferien eigentlich geplant hatte, mich etwas auszuruhen, war es doch schwerer als gedacht. Dadurch dass ich keine Schule hatte musste ich mir andere Beschäftigungen suchen, da ich nich nicht einfach so ausruhen konnte. Ständig hatte ich den Drang etwas zu tun, mich nützlich zu machen. Außerdem hätte ich sonst wieder viel zu viel über alles nachgedacht. Und das wäre bestimmt nicht gut ausgegangen.

Also räumte ich mein Zimmer auf, half meiner Mutter unser Wohnzimmer zu weißeln, ging öfter einkaufen und kümmerte mich trotz Ferien um Schulsachen.

Nach den Ferien verlief alles so wie immer. Meine Freunde und ich unternahmen noch mehrmals etwas nach der Schule, bevor der richtige Schulstress losging. Die Lehrer blieben auch still was meine Essstörung betrifft. Darüber beschwerte ich mich nicht. Ich war eher froh, dass außer meiner Mutter mich fast gar niemand mehr wegen meinem Gewicht oder Aussehen anmaulte.

Dieses ständige "Du bist zu dünn" , "Friss mal mehr" und "Man sieht deine Knochen, wie ekelhaft" nervte mich tierisch. Als ich diese Sätze zum ersten Mal hörte, freute ich mich wahnsinnig darüber. Es zeigte mir, dass ich mit dem Abnehmen tatsächlich etwas erreicht hatte. Doch seitdem ich versuche gesund zu werden, nervte es mich wie gesagt einfach nur. Die Sprüche habe ich schon viel zu oft mit anhören müssen.

Langsam wurde es besser mit dem "Zunehmen". Meine Freunde gingen öfter mal mit mir Mittagessen oder wir kauften uns Süßigkeiten, wobei es mir tausend mal einfacher viel zu essen, da ich wusste, ich nehme nicht alleine Kalorien zu mir. Meine Fortschritte konnte man allerdings nicht sofort sehen. Mein Gewicht zu diesem Zeitpunkt betrug ca. 43kg. Für mich nicht so optimal, aber ich versuchte dies zu verdrängen.

Natürlich fühlte ich mich nicht immer wohl beim Essen. Manchmal weigerte ich mich sogar noch, weil ich das Gefühl hatte beobachtet oder zum Essen gezwungen zu werden. Aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Es dauerte zwar etwas länger als gedacht, aber bald bekam ich das Gefühl, dass dieses Thema nur noch Nebensache werden würde.

Jeden Tag kämpfte ich mich aufs Neue durch. Immer mit den Gedanken, dass ich so vieles fast damit zerstört hätte. Wenn ich versuchen würde, Alles zu vergessen, hätte ich damit nicht nur meine Freundschaften gerettet, sondern auch ein normales, glückliches Leben zurück bekommen. Mein Leben.

Auch wenn ich ehrlich gesagt in meinen Augen nicht gerade viel nötige Unterstützung von wichtigen Menschen bekommen habe, war ich selbst doch schon mehrmals an dem Punkt, wo mir klar wurde, dass es einfach nicht so weiter gehen kann.

Vor allem weil die "nervigen Sprüche" mich immer mehr verletzten. Sie gaben mir wieder das Gefühl, für andere nichts wert zu sein, nur weil ich so war, wie ich eben in meiner Krankheit sein wollte. Aus diesem Kreislauf musste ich mich selbst herausziehen. Anfangen mich selbst zu akzeptieren, akzeptieren, dass Essen normal ist. Für jeden Menschen. Es gibt uns Kraft und niemand kann/darf/sollte ohne Essen leben. Das funktioniert einfach nicht. So etwas zu lernen, besonders in dem Alter von mir, war nicht leicht.

Tage, Wochen, Monate vergingen. Ständig mit psychotherapeutischer Hilfe. Ich gewöhnte mich daran. Allerdings mochten meine Eltern sie nach einiger Zeit gar nicht mehr.
Sie waren der Meinung, dass ich es langsam immer besser schaffen würde, allein zuzunehmen. Und das mein Normalgewicht eh nicht mehr weit entfernt ist.

Ich weiß nicht, ob sie dachten es würde mir Mut bringen, wenn ich nicht mehr so viel zunehmen muss. Auf jeden Fall wirkte es auf mich eher erschreckend. Zumindest hätte ich nicht gedacht, dass sie mich so sehen - nicht mehr dünn, sondern bald normal. Normal. Wie jeder andere. Nichts besonderes.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 04, 2017 ⏰

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