Letztes Wochenende wurden uns bei einer offiziellen Feier unsere Abitur Zeugnisse überreicht. Mit Bürgermeister, Fotografen, Leuten von der Zeitung und vielen anderen wichtigen Leuten.
Wir haben es also endgültig geschafft, 13 Jahre Schule hinter uns und den Großteil unseres Lebens noch vor uns. Mein Opa hat immer gesagt:'Bald beginnt der Ernst des Lebens.' Ich denke aus diesem 'bald' ist letztes Wochenende das 'Jetzt' geworden. Wir sind jetzt alle, mehr oder weniger, erwachsen und werden unsere eigenen Entscheidungen treffen. Unsere Wege, die sich in der Schule tagtäglich gekreuzt haben, führen jetzt in vollkommen verschiedene Richtungen. Wie die Samen einer Pusteblume, die vom Wind erfasst werden, treiben wir in die unterschiedlichsten Richtungen.
Ich für meinen Teil möchte Lehramt studieren. Und daran ist nur ein einziger Mensch Schuld, der von seinem Einfluss allerdings nie etwas erfahren wird. Ein einzelner Mann hat es geschafft mein Denken so zu verändern, dass ich mich freiwillig täglich mit nervigen pubertierenden Teenagern herum schlagen will.
Dieser Mann ist niemand anderes als mein Musik- und Deutschlehrer Herr Bastian. Schon seit ich ihn in der 10. Klasse das erste Mal hatte, keine Ahnung wieso erst nach 5 Jahren auf dieser Schule, hat er mich sofort in seinen Bann gezogen. Täglich bin ich in die Schule gegangen nur um IHN zu treffen. So viele Fantasien habe ich mir abends als ich im Bett lag in meinem Kopf zurecht gesponnen. So viele schlaflose Nächte haben mir die Gedanken an ihn beschert. Jedes Mal wenn ich ihn auf dem Schulhof gesehen habe, habe ich mir gewünscht, dass er mich an spricht, was er natürlich nicht tat. So viele Vorstellungen von unserem ersten Kuss geisterten während seinem Unterricht, aber auch sonst immer meinem Kopf herum. Doch all das konnte ich jahrelang vor ihm geheim halten, und auch vor meinen Freunden. Die einzige, die etwas davon weiß, ist meine allerbeste Freundin Jonna. Aber auch ihr habe ich nie von dem vollen Ausmaß meiner Gefühle berichtet, sie weiß lediglich, dass ich auf ihn stehe.
Unser ganzer Jahrgang hat beschlossen, abgesehen von dieser offiziellen Feier, einen ganz klassischen Abschlussball zu veranstalten, den es an unserer Schule normalerweise nicht gibt. Schicke Kleider, Tanz und vorallem kein übermäßiger Alkoholkonsum. Wem das nicht passt, der soll zu Hause bleiben, haben wir besprochen. Sogar die Lehrer haben wir eingeladen, von denen aber nur die kommen wollen, die wirklich in den letzten Jahren viel mit uns zu tun hatten. Dieser Anlass wird wahrscheinlich vorerst das letzte Mal sein, wo ich Herr Bastian treffe. Heute Abend muss ich endlich damit abschließen und ihn vergessen, sonst werde ich niemals jemand neues finden. Natürlich könnte ich ihm von meinen Gefühlen erzählen, da wir nicht mehr Lehrer und Schüler sind und uns wahrscheinlich nie wieder sehen werden, aber ich habe mich schon vor längerer Zeit dagegen entschieden. Was ist wenn er über mich lacht, meine Gefühle verletzt oder vielleicht sogar wütend wird? Dann wäre mein Bild von ihm zerstört. Nein. Ich will ihn als den netten liebevollen, lustigen und immer gut gelaunten Mann in Erinnerung behalten.
"Los Louisa, beeil dich", ruft Jonna mir zu und ich probiere in meinen hohen Schuhen hinter ihr und ihrem Freund Simon her zu kommen. Die beiden passen, heute sogar von der Kleidung her, perfekt zusammen. Generell ist gefühlt jedes Mädchen mit ihrem Freund da, oder einer anderen männlichen Begleitung. Ich hingegen habe mich dazu entschieden alleine zu gehen. Vielleicht ist es die Hoffnung, dass ein Wunder geschieht und Herr Bastian doch vielleicht mal mit mir tanzt. Vielleicht will ich aber auch den Abend genießen und ein letztes Mal die ganze Zeit auf Herr Bastian starren und ihn anhimmeln, bevor ich ihn versuche zu vergessen. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem.
Unwillkürlich suchen meine Augen den bereits vollen Saal nach einem einzigen Gesicht ab, als wir durch die Tür treten. Lange dauert es nicht, bis ich den Gesuchten auch finde. Er steht ganz hinten im Raum, bei Frau Weise, einer jungen Referendarin und lacht gerade über irgendetwas, was sie gesagt hat. Ohne meine Erlaubnis steigt die Eifersucht in mir auf und ich merke, wie ich meine Hände zu Fäusten balle. Ganz kurz treffen sich unsere Blicke, doch ich schaue sofort wieder weg und laufe zu einer kleinen Gruppe von Freunden.
Wirklich jeder hat sich schick gemacht und ich muss zu geben, dass Herr Bastian wirklich umwerfend in seinem schwarzen Anzug aussieht. Normalerweise kenne ich ihn nur in weiten Jeans und gewöhnlichen T-Shirts. Selbst am Tag der Zeugnisausgabe hat er nur eine Jeans, ein weißes Hemd und ein dunkelblaues Sacko getragen.
Die ganze Zeit über vermeide ich es meinen Blick auf diesen wunderschönen Mann zu richten, denn es bricht mir bei jeder Sekunde mehr und mehr das Herz, ihn mit dieser anderen Frau lachen zu sehen. Also versuche ich mich, so weit es mir eben möglich ist, in das Gespräch meiner ehemaligen Klassenkameraden einzubringen. Immer wieder verschwindet mal ein Paar um auf ein ruhiges Lied eng aneinander zu tanzen. Wir anderen reden in der Zeit weiter über alles mögliche. Was wir jetzt so vor haben, wo wir hin ziehen oder wir erzählen uns lustige Geschichten aus den letzten neun Jahren.
Mittlerweile sind zwei Stunden vergangen und meine Laune ist bereits im Keller. Die Hoffnung auf nur einen einzigen Tanz mit Herr Bastian habe ich bereits aufgegeben. Das einzige was mich etwas aufheitert ist, dass er auch noch nicht mit Frau Weise getanzt hat.
Gerade ertönen die letzten Klänge eines recht schnellen Liedes und eine sehr langsame ruhige Melodie setzt ein, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre. Etwas erschrocken drehe ich mich um und schaue direkt in die strahlend blauen Augen meines Lehrers. Die braunen Haare stehen schon wieder, trotz Haargel, ein bisschen ab, was mich zum Schmunzeln bringt.
"Dürfte ich um diesen Tanz bitten?", fragt er mich in charmantem Ton und hält mir die Hand entgegen. Hinter mir höre ich allerhand Getuschel und Gekicher, doch das ist mir vollkommen egal.
Mit zitternden Händen greife ich nach seiner großen Hand und lasse mich auf die Tanzfläche führen. Ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen, zieht er mich ganz dicht an sich und legt seine Hände an meine Hüften und ich verschränke meine Arme in seinem Nacken. Mein Herz schlägt gerade so schnell, dass ich wirklich Angst bekomme, es könnte mir gleich aus der Brust springen und vor mir auf dem Boden landen. Auch sein Herz spüre ich an meiner Wange rasen, als ich meinen Kopf auf seiner Brust ablege während wir uns fast unmerklich im Takt der Musik bewegen.
Nach einiger Zeit schaue ich nach oben und sehe, dass er die ganze Zeit schon auf mich herab sieht. Unsere Blicke treffen sich und sofort verliere ich mich in seinen glitzernden Augen. Alles um uns herum rückt in den Hintergrund. Die Musik, das dauernde Getuschel um uns herum, das Gekicher und generell alles. Je länger dieser Moment andauert, desto mehr rutsche ich ab in eine andere Welt. In eine Welt in der nur ich und dieser wunderschöne Mann existieren. Eine Welt von der ich immer geträumt habe.
"Wenn du wüsstest wie lange ich schon auf diesen Augenblick gewartet habe." Die verträumte tiefe Stimme meines Schwarms durchbricht die Stille und ich spüre seine weichen Hände an meiner Wange. Ich bin unfähig mich auch nur einen Millimeter zu bewegen, geschweige denn etwas zu sagen.
"Seit drei Jahren warte ich darauf, dass du dein Abitur hast und ich endlich ehrlich zu dir sein kann. Schon nach unserer ersten gemeinsamen Stunde habe ich auf genau diesen Moment hin gefiebert. Ich habe mich hoffnungslos in dich verliebt, Louisa, und ich wollte es dir nur beichten bevor du für immer verschwunden bist. Wenn du das jetzt widerlich oder so findest, ist das vollkommen okay. Ich will dich nur wissen lassen, dass ich dich aus vollem Herzen liebe", flüstert er ganz leise, so, dass ich es gerade noch verstehen kann.
Eigentlich will ich etwas erwidern. Ich möchte ihm sagen, dass es mir genauso geht, doch ich bekomme keinen Ton heraus. Als sein Gesicht meinem dann auch noch immer näher kommt ist es ganz aus mit mir.
Im nächsten Moment liegen seine Lippen auch schon auf meinen und ich muss zu geben es ist besser als in meinen Träumen."Mir geht es genauso", flüstere ich zwischen zwei Küssen ganz leicht gegen seine Lippen und sofort ziehen sich seine Mundwinkel nach oben zu einem bezaubernden Lächeln.
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Das war jetzt wirklich lang. Aber es ist mir einfach nicht gelungen mich kürzer zu fassen. Sind die Teile euch zu lang oder kann ich das so lassen? Bitte schreibt mir mal eure Meinung in die Kommentare. Und Ideen könnt ihr mir gerne Direkt schicken:)