"Es ist nicht deine Schuld.", ruft sie hinterher, dann knallt sie die Tür zu.
Er schaut ihr nach, bis er sicher ist, dass die Tür sich hinter ihr schließt und ihr niemand mehr folgen kann.
Mittlerweile stört es ihn nicht mehr, dass er sich so viele Gendanken um sie macht.Sie hat eine eigensinnige Art, doch er hat sie lieb gewonnen. Irgendwas sagt ihm, dass er sie festhalten wird. Sie sind keine Freunde, nein, so weit sind sie noch lange nicht. Doch irgendwas verbindet ihn mit ihr.
Er fährt durch die dunklen Straßen und Musik erfüllt das Auto. Die Straßenlaternen beleuchten seine Hände, die zu dem Takt auf dem Lenkrad mitklopfen.
Erst am nächsten Morgen bemerkt er, dass sie weder einen Treffpunkt, noch eine Uhrzeit ausgemacht haben.
Will sie sich etwa gar nicht mit mir treffen?, denkt er. Nein, das würde keinen Sinn machen. Sie hat doch nach dem Treffen gefragt.Er läuft die Treppen hinunter, schnappt seine Jacke und seine Schlüssel und setzt sich in sein Auto. Er beschließt zu ihr zu fahren in der Hoffnung, sie würde dort warten. Die Uhr zeigt 9.23 an.
Seine Hoffnung bestätigt sich nicht und zum ersten mal bereut er es, sie nicht nach ihrer Handynummer gefragt zu haben.
9.25Uhr. Er tippt ungeduldig auf seinen Beinen herum.
9.30Uhr. Er hupt ein Mal.
9.40Uhr. Er hupt ein zweites Mal.
Dann gibt er die Hoffnung auf, dass sie dadurch herunterkommen würde und steigt aus dem Wagen.
Er läuft hinüber zu ihrer Haustür und sieht um die 20 Klingelschilder.Auf gut Glück, denkt er sich und wählt eine Klingel aus.
Eine alte Frauenstimme meldet sich.
"Hallo?", sagt sie.
"Enschuldigen sie. Ich muss die falsche Klingel erwischt haben..."Bei der nächsten meldet sich niemand, es war früh am Morgen und er schämt sich irgendwie dafür wildfremde Menschen aus dem Bett zu klingeln um ein ebenfalls wildfremdes Mädchen zu erreichen.
Das Schild der nächsten Klingel trägt zwei Namen, der eine ist zerkratzt, sodass man ihn kaum lesen kann. Er drückt sie ein und wartet wieder.
"Jonathan?", meldet sich dann eine bekannte Stimme und er atmet erleichtert auf.
"Ich komme runter."Die Tür öffnet sich und zwei braune Augen schauen ihn entschuldigend an.
"Hey.", sagt sie schwach. "Ich hab total vergessen eine Uhrzeit auszumachen gestern."
"Nicht schlimm, jetzt bist du ja da.", sagt er.
War das etwa ein Flirtversuch?, fragt er sich und schlägt den Gedanken schnell wieder zur Seite."Wollen wir irgendwo hinfahren?", fragt er dann.
"Nein, das Auto brauchen wir heute nicht.", erwidert sie und lächelt ihn verschmitzt an.Sie laufen durch die Straßen. Dieses Stadtviertel ist ihm unbekannt also lässt er sie entscheiden, wo es als nächstes hingeht und folgt ihr einfach.
Die Häuser vereinzeln sich. Es sind dreckige Blockbauten und sie erinnern an das Wohnhaus des Mädchens.
Sie gehen unter einer Brücke hindurch und eine breite Straße führt einen Berg hinunter. Durch den Nebel scheint es als führte sie ins Nichts.
Dann biegt sie in einen kleinen Waldabschnitt an der Straße.
"Woher kennst du diesen abgelegenen Ort?", fragt er.
"Tja, das hier ist mein Ort zu dem ich gehe, wenn ich mal traurig bin. Ich dachte es wäre nur fair, wenn wir nachdem wir deinen besucht haben zu meinem gehen."Sie gehen einen kleinen Berg hoch, vorbei an knorrigen alten Bäumen. Dann kommen sie auf eine Art Lichtung auf der ein altes, verfallenes Hochhaus steht. Jedes seiner Fenster ist eingeschlagen und Grafittis zieren die Wände.
Er zählt die Fensterreihen, es müssen um die 15 Stockwerke sein.Sie folgt seinem Blick nach oben.
"Jonathan?", fragt sie. "Hast du zufällig Höhenangst?"
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Wie weit darfst du gehen?
Short StoryFragen und Antworten über Leben und Tod gibt es massenhaft. Doch was passiert, wenn sich zwei Menschen, die zwei komplett unterschiedliche Meinungen darüber haben, sich genau darüber unterhalten? Eine Kurzgeschichte über Trauer und Freude, Liebe und...