Sie legt ihren Kopf auf seine Schulter. "Ich dachte irgendwie, ich wäre es dir schuldig."
"Nein. Du bist mir gar nichts schuldig.", sagt er. Langsam streicht er über ihre Schulter.
"Hätte ich gewusst, dass du mir so etwas erzählst, hätte ich nicht nach dem Jungen gefragt. Das ist furchtbar schrecklich.""Ja, das ist es.", sagt sie und drückt sich enger an ihn. Sie weint, das kann er an ihrem zuckenden Körper spüren.
"Wenn es irgendetwas gibt, womit ich dir helfen kann, dann sag es."
"Das ist lieb, aber das kannst du nicht. Niemand kann verstorbene Personen zurückholen und niemand kann die Lücke füllen, die sie zurück lassen. Wenn Menschen noch leben ist es einfach sie zu verlieren. Man weiß, sie leben weiter und dass man sie immer wieder treffen kann. Aber wenn jemand tot ist, ist er für immer aus deinem Leben verschwunden."
Darauf weiß er nichts zu sagen. Ein unterbewusstes Drücken erfüllt seine Brust. Es schmerzt ihn, dass er jemanden voll Trauer und Sorge neben sich sitzen hat und nichts tun kann, um ihm zu helfen.
Langsam hebt sie ihren Kopf und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann schaut sie ihm in die Augen und lächelt. "Danke.", sagt sie leise und er hört, dass sie es ernst meint. Er lächelt sie zurück an.
Nach einer Weile steht sie auf, legt sich ins Bett und deckt sich zu. Er macht das Licht neben dem Schreibtisch aus und legt sich zu ihr, wobei er einen Abstand zwischen ihnen lässt. Zu wissen, dass sie da ist reicht ihm zur Zeit als Nähe. In den letzten Tagen hatte er sie lieb gewonnen. Dass sie ihm sich heute geöffnet hat hinterlässt ein Gefühl auf Besserung bei ihm.
Er freut sich darüber, sie scheinbar als Freundin gewonnen zu haben. Wenn er ehrlich ist erhofft er sich mehr. Er findet sie anziehend ohne viel von ihr zu wissen. Doch das alles hat Zeit und die braucht sie wohl. Er ist bereit ihr so viel Zeit zu geben, wie sie benötigt.
Nach einer Weile flüstert er "Hey.", gerade so laut, dass es sie nicht aufweckt, sollte sie schon schlafen.
"Hm?", entgegnet sie.
"Ich möchte, dass du glücklich wirst.", sagt er. "Das möchte ich ehrlich. Das hast du verdient."Sie dreht sich zu ihm um und durch das wenige Licht, dass durch das Fenster in den Raum kommt sieht er ihre Augen funkeln - sie weint noch immer.
"Das werde ich." Dann nimmt sie seine Hand und hält sie fest in ihrer und legt sie neben ihr Kopfkissen.
Er sieht sie noch schwach lächeln bevor sie ihre Augen schließt und er es ihr gleichtut.
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Wie weit darfst du gehen?
Short StoryFragen und Antworten über Leben und Tod gibt es massenhaft. Doch was passiert, wenn sich zwei Menschen, die zwei komplett unterschiedliche Meinungen darüber haben, sich genau darüber unterhalten? Eine Kurzgeschichte über Trauer und Freude, Liebe und...