Kapitel 42

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Sie machte die Tür ganz leicht auf und blinzelte durch den Spalt hindurch. Alles schien ruhig und verloren zu sein.
Die panische Angst ihm entgegen zu treten machte es Lucy fast unmöglich sich zu bewegen geschweige denn zu atmen. Sie schlich langsam in die Wohnung hinein, Schritt für Schritt quälte sie sich vorwärts und immer, wenn irgendein Geräusch zu hören war, hielt sie ihren Atem an und zitterte am ganzen Leib. Sie wusste nicht warum sie angst hatte oder sich verloren fühlte, sie wusste nicht einmal was sie zu ihm sagen konnte, es war wie ein schlechtes Spiel aus dem man nicht aussteigen konnte.
"Matthew?" Lucy's Stimme war still und ängstlich und ihr eigener Laut machte ihr nur noch mehr Angst. Kein Laut war zu hören. Ein zweites Mal und diesmal etwas stärker sagte sie "Matthew?" Doch immer noch war kein Gegengeräusch zu vernehmen.
Sie lief weiter in die Wohnung hinein, doch es war keiner da. Sie lief in der Wohnung umher wie als hätte sie sich verirrt und wäre in einer fremden Wohnung, aber das war sie auch! Die Wohnung wirkte wie fremd, wie von einer anderen Person, von schrecklichen Dingen zernagte Wände, von Schuld und Angst zerfetzte Kissen, Denken, Sofas und Teppiche, von Mitleid und Trauer versucht zusammengesetzte Dinge.
Lucy setzte sich auf das Sofa und starrte die Wand an, bis ihr irgendwann das kleine Döschen auf dem Tisch auffiel. Sie nahm es in die Hand und öffnete es. Es war der Ring. Ein wunderschöner, schlicht gehaltener Ring mit einem einzigen Diamanten darauf. Der Diamant glänzte aber es wirkte so als würde er wie eine Blume kurz von dem verwelken sein, er wirkte kraftlos und alt, verbraucht und gedemütigt. Je länger Lucy auf ihn nieder sah, desto abscheulicher fühlte sie sich.
Wo war er? Was macht er gerade? Wie fühlte er sich? Können wir über das Geschehene reden? Können wir es vergessen? Kann wieder alles gut werden?
Wieder einmal nach langer Zeit flogen ihr tausende von Fragen durch den Kopf und bereiteten ihr bohrende Kopfschmerzen. Stimmen sagte etwas zu ihr, doch Lucy verstand sie nicht.
Mittlerweile war es ganz dunkel geworden. Nur der Mond brachte ein wenig Licht durch die Fenster, doch selbst sein Licht schien sich verändert zu haben in Abscheu und Missachtung.
Wie hatte sie nur "nein" sagen können? Sie liebte ihn doch? Sie wollte mit ihm doch ihr Leben verbringen? Sie wollte endlich mit ihm glücklich sein? All das Grauen ihrer Vergangenheiten hinter ihnen lassen!
Plötzlich riss ein klackendes Geräusch Lucy aus ihren Gedanken. Die Tür der Wohnung ging auf und eine dunkle Gestalt kam herein.
"Matthew?" Sagte Lucy mit einer kranken und zerrissenen Stimme zu der Person, doch der Mann stand einfach nur da ohne sich zu bewegen oder einen Ton von sich zu geben.
"Wer bist du?" Fragte Lucy mit etwas stärkerer Stimme und trat einen Schritt auf die Gestalt zu.
"Komm schon raus und zeig dich!" Lucy's Stimme wurde kräftiger und wütender, aber dennoch spürte man die Angst in ihren Worten.
Langsam und spielend machte die Gestalt einen Schritt nach vorne, gerade so, dass sein Gesicht von ein paar Lichtstrahlen erfasst wurde. Lucy stockte der Atem, sie war unfähig sich zu bewegen oder zu sprechen, jedes Glied ihres Körpers schrie auf und jeder Muskel zog sich schmerzend zusammen.
"Hallo Lucy! Es ist lange her! Hast du mich vermisst?" Die mörderische Stimme kannte sie nur zu gut und ihr Blut fing an in ihren Adern zu gefrieren.
Die Gestalt machte noch einen Schritt nach vorne und nun wurde das gesamte Gesicht von William von der Dunkelheit freigegeben. Mit einem Totengleichen Gesicht grinste er sie an, weiße Zähne reflektierten das Mondlicht und ließen es dämonisch glitzern, seine Haut war definiert und ohne einen einzigen Makel, sein Körper war breit und muskulös und erdrückte Lucy und sog die Luft aus ihren Lungen.
"Was hast du nur mit ihm gemacht? Dachtest du wirklich du könntest ihn ändern? Dachtest du wirklich du wärst gut für ihn? Würdest im Glück schenken und ihn von allem Unheil und seiner Vergangenheit befreien? Hast du nur eine Sekunde gedacht, dass er ein besserer Mensch werden würde? Dich lieben würde? Dir gehören würde? Ich habe ihn erschaffen! Er ist mein Werk! Er ist mein Eigen! MEINES! UND KEINES ANDEREN!"
Ein harte Schlag traf Lucy und sie flog durch das Zimmer. Ihr Kopf knallte gegen die Wand und sie stürzte in tiefe Dunkelheit hinein.

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