Versprechen

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Ich wache als erste auf, ich drehe mich auf die Seite und betrachte Jamie der tief schlafend neben mir liegt. Seine vollen Lippen sind leicht geöffnet und leise Schnarchlaute dringen aus seinem Mund. Ich streiche ihm eine rote Locke aus dem Gesicht und hauche einen Kuss auf seine Wange, danach stehe ich auf und schlinge mir eine Decke um die Schultern. Leise gehe ich die Treppe nach unten und treffe auf die ältere Frau die mich freundlich begrüsst. „Schon so früh munter? Mich treibt die Gicht aus dem Bett. Aye, dieses Wetter, ", sie zeigt aus dem Fenster, „ist wahrlich ungünstig für eine alte Frau wie mich." Sie lässt sich ächzend auf den Stuhl, der hinter dem Empfangstresen steht, sinken und knipst die kleine Lampe an die auf dem Tresen steht. Es ist wirklich ein sehr trübsinniger Tag, eigentlich perfekt um im Bett zu bleiben aber ich sehe keine Möglichkeit länger hierzubleiben als nötig.

„Brauchen Sie etwas?", reisst sie mich aus meinen Überlegungen. „Ja, wissen Sie wo es hier in der Nähe einen Arzt gibt?" Die ältere Frau mustert mich eingehend, dann erhellt sich ihre Miene und sie nickt eifrig. „Oh aye, den gibt es. Dr. Gray hat seine Praxis gleich um die Ecke." Ich bedanke mich bei ihr und gehe nach oben um mich anzuziehen. Es regnet immer noch und Jamie schläft tief und fest. Fertig angezogen beuge ich mich über ihn und hauche ihm einen Kuss auf die Lippen. Im Schlaf erwidert er ihn leicht, ehe er wieder in den Tiefschlaf fällt. „Ich bin gleich wieder zurück." Als ich nach draussen gehe und der kalte Wind mir ins Gesicht bläst, geniesse ich es für einen Moment, ehe ich mich loseise um die Praxis von Dr. Gray aufzusuchen. Ich habe zwar eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und viele schwangere Frauen betreut, aber ich selbst habe einfach Angst, dass ich etwas übersehe. Ich habe schon eine Totgeburt durchgemacht, eine zweite möchte ich nicht noch einmal erleben. Die Praxis ist schnell erreicht und ich atme erleichtert auf, als ich mich im Trockenen befinde. Die kleine Praxis scheint beinahe verlassen zu sein, nur das schummrige Licht lässt erahnen das jemand hier ist. „Hallo?", frage ich und schaue mich um.

„Aye. Ich komme gleich...", höre ich eine kratzige Stimme. Sie kommt aus einem kleinen Raum der wohl als Lager für Medikamente genutzt wird. „Es tut mir leid, meine Sprechstundenhilfe ist krank geworden und meine Frau...na ja sie hat mit den fünf Kindern genug zu tun." Kommt es aus der Kammer und wird von lautem Geraschel übertönt. „Ist schon gut.", antworte ich und gehe auf die Kammer zu. Im selben Moment erscheint ein grosser, hagerer Mann mit einem grauen Schnauzer und sieht mich mit seinen grossen Augen an. „Sie müssen neu hier sein, aye, denn ich habe Sie hier noch nie gesehen.", stellt er fest und geht an mir vorbei. In seinen Händen hält er eine kleine Kiste auf der ein alter, abgewetzter Zettel klebt und als Beschriftung gedient hat. „Nun ja, dass kommt wohl daher das ich auf der Durchreise bin.", erwidere ich und folge ihm. „Oh, aye? Nun, was führt eine junge und schöne Frau wie Sie zu einem alten Arzt wie mich?" Ich mustere ihn, er ist nicht viel älter als Reverend Wakefield, Mitte fünfzig nicht mehr. „Ich bin schwanger und...", ich breche ab, denn ich weiss nicht was ich sagen soll.

„Wie schön. Nur leider bin ich kein Arzt der sich in diesem Bereich auskennt." Er sieht mich an und widmet sich der Kiste, die er auf den alten Schreibtisch gestellt hat, zu und scheint etwas darin zu suchen. „Nun, wissen Sie an wen ich mich wenden könnte?" Ich schaue ihn direkt an, zuerst sieht er stur in die Kiste doch dann hebt er den Kopf und sieht mich an. „Nun", er sieht sich suchend um und als er gefunden hat wonach er gesucht hat, greift er nach einem Stift und einem Notizblatt. „es gibt eine Hebamme die sich um alle Schwangeren in diesem Ort kümmert. Seit dem Krieg, nun wie soll ich es sagen, sind die meisten Ärzte ausgewandert, nach Amerika aye, oder sie sind gestorben. Entweder wegen den Bombenangriffen, oder an der Front." Sein Gesicht weist einige Falten auf, die von schwierigen und ereignisreichen Jahren stammen. Die blassen, grauen Augen sehen mich an und ein Gefühl von Einsamkeit nistet sich in mir ein.

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