eine Entscheidung

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Wir sind die ganze Nacht durchgeritten, am frühen Morgen beschliessen wir eine Rast einzulegen. Meine Beine fühlen sich steif an und die Haut kribbelt, als würden hundert winzige Nadeln über die Haut streichen. Das Gefühl ist etwas unangenehm, aber in den letzten drei Jahren habe ich so vieles erlebt, das dies das kleinere Übel ist. „So gerne ich mit dir durch die Wälder reite, Sassenach, so weiss ich nicht ob du mir das so lange durchhältst." Jamie hilft mir vom Pferd und hält mich mit seinen starken Armen fest.

Ich schmiege meinen Kopf an seine Brust und atme den Geruch seines Körpers ein. „Ich weiss was du meinst und ich weiss deine Besorgnis zu schätzen, aber wir müssen uns noch viel weiter von Frank entfernen. Am besten irgendwohin wo uns niemand kennt." Auf Jamies Gesicht schleicht sich ein optimistischer Zug, der mir aber auch Furcht vor allem Neuem offenbart. „Lass uns etwas essen, ich habe einen Bärenhunger." Und wie ich Jamie kenne, hat er sicherlich auch Hunger. Wir sitzen auf Jamies Plaid und lassen uns den Proviant von Elisabeth schmecken. Wie es ihr wohl geht? Ich hoffe Frank taucht nicht noch einmal auf und tut ihr etwas an. Denn das könnte ich mir nie verzeihen. Ich habe schon viele unverzeihliche Taten begangen, aber einer Unschuldigen sollte kein Leid angetan werden. Nur weiss ich nicht ob Frank sich daran halten wird, kaum, so wie ich ihn kennen gelernt habe.

Nach dem Essen legen wir uns hin, wir befinden uns immer noch in England, würden wir zurück nach Schottland reiten, würde Frank uns schneller kriegen, als wir beide Amen sagen könnten. „Wir sollten nach Amerika gehen. Das Land ist gross, Frank wird uns dort sicher nicht finden." Jamie setzt sich auf und sieht mich fragend an. „Nach Amerika? Zu den Kolonien?" Ich setze mich ebenfalls auf und geniesse die Wärme des Feuers, das auf mich fällt. „Kolonien gibt es nicht mehr, Jamie. Aber ja, Amerika." Er sieht zu Boden, scheint zu überlegen. Für mich steht die Entscheidung bereits fest. Amerika ist unsere einzige Chance ein gemeinsames Leben zu führen, ganz ohne Frank. „Ich war bereits in Spanien, in Frankreich und nun soll es Amerika sein? Aye, es ist vielleicht gross, aber was soll ich dort? Ich bin ein Highlander, stamme aus einer anderen Zeit. Sassenach, ich weiss nicht ob ich das kann."

Er schüttelt den Kopf, steht auf und geht einige Schritte. „Jamie?" Er bleibt nicht stehen, sondern verschwindet im Dickicht des Waldes. Seufzend lege ich mich wieder hin. Ich habe mir gedacht, dass er Schwierigkeiten damit haben wird, aber ich habe auch gedacht, dass er einverstanden damit ist. In Amerika gibt es genug Wälder, genug Flächen die unberührt geblieben sind. Er würde sich dort irgendwann wohl fühlen, da bin ich mir sicher. Ich schliesse die Augen und versuche etwas zu schlafen, doch ich schrecke hoch, als ich Schritte höre. Es ist bereits Nachmittag und von Jamie ist keine Spur zu sehen. Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen und horche. Ich höre definitiv Schritte, ich unterdrücke die aufsteigende Panik in mir und greife zu meinem Messer, dass ich stets bei mir trage. Leise stehe ich auf und sehe mich um, doch ich kann nichts entdecken. Wir haben auf einer kleinen Lichtung Rast gemacht, sie ist nicht gross also gut einsehbar.

„Wer ist da?", rufe ich. Das Messer halte ich fest umklammert. Ich entferne mich etwas vom Lager und spüre mein Herz wild gegen meine Brust schlagen. So fest, dass es beinahe schmerzt. „Komm raus du Feigling!", rufe ich, als es im Gebüsch raschelt. Langsam und so leise ich kann, gehe ich auf den Busch zu aus dem das Geräusch gekommen ist. „Sassenach?" Erschrocken drehe ich mich um und stehe Jamie gegenüber. Er sieht mich eindringlich an. „Wo warst du so lange? Ausserdem habe ich Schritte gehört." Wütend gehe ich auf ihn zu und schubse ihn leicht, Jamie hebt entschuldigend die Hände.

„Ich musste etwas alleine sein. Und die Schritte die vernommen hast, kamen von Wanderer. Ich glaube zumindest das es welche waren." Er kratzt sich am Kopf und sieht ziemlich witzig aus, was mich zum Lachen bringt. „Aye, Sassenach. Das findest du jetzt wieder witzig." Auch Jamies Mundwinkel ziehen sich nach oben und die Wut ist wie weggeblasen. „Ja, das ist witzig." Und obwohl es gut tut nach all den schrecklichen Ereignissen der letzten Zeit, wieder einmal zu Lachen, werde ich schnell wieder ernst. „Und? Hast du dich entschieden?" Ich nehme seine Hand in meine und zeichne seine Linien nach. Sie sehen beinahe so aus wie meine, nur ist seine Lebenslinie nicht geteilt. So wie es meine ist.

Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem mir Mrs. Graham aus der Hand gelesen hat. Damals wusste ich noch nicht, das sie recht hatte. „Ich kann doch meine Frau und mein Kind nicht alleine lassen. Natürlich komme ich mit, Sassenach. Nur weiss ich immer noch nicht, was ich dort tun soll" Er zieht mich an sich und küsst mich leidenschaftlich. Erleichtert erwidere ich den Kuss und schmiege mich an meinen starken Highlander. „Dann lass uns aufbrechen, zur Küste ist es noch etwas hin." Er nickt und obwohl er sich einverstanden erklärt hat, spüre ich, dass er Angst hat. „Ich weiss, Amerika ist nicht wie Schottland. Aber wir werden uns ein eigenes Reich erschaffen und du darfst es auch Lallybroch nennen."

Lachend schüttelt er den Kopf und beginnt unsere Sachen zusammen zu packen. Als wir das getan haben, steigen wir auf unsere Pferde auf und reiten weiter. Eigentlich sollten wir nicht mit den Pferden weiter reiten, so könnte Frank uns schneller folgen. Zwei Menschen auf Pferden die durch England reiten, ziehen viel mehr Aufmerksamkeit auf sich als sie sollten. Aber wir haben keine andere Wahl, zu Fuss wären wir erst in einer Woche an der Küste. So sind wir in 4 Tagen dort. Ich kann nur hoffen, dass wir noch ein Schiff erwischen das uns nach Amerika bringt. Denn so leicht ist das nicht, auch 1948 nicht.

Werden sie in Amerika glücklich werden?

eure Amanda

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