Der Krieg und seine Opfer

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Reverend Wakefields Verwandte wohnt in Berwick upon tweed, direkt an der Grenze zu England. Wir fahren über Elgin und Inveriue bis nach Aberdeen wo wir Benzin nachfüllen müssen. Dort machen wir den ersten Halt, nach über vier Stunden fahrt. Der Wind frischt auf und zerzaust Jamies rotes Haar. „Was denkst du, hat Frank bereits gemerkt, dass wir weg sind?" Ich weiss ich sollte ihn das nicht fragen, aber diese Frage schwirrt mir schon die ganze Zeit im Kopf herum. Keine Chance sie aufzuhalten, ich sehe also nur eine Möglichkeit sie aus meinem Schädel zu kriegen. Jamie sieht mich an, streicht sich eine Locke seines Haares aus der Stirn und wendet seinen Blick wieder der Umgebung zu. „Aye, wäre gut möglich. Du sagtest, dass er ein schlauer Mann ist. Er könnte es durchschauen, aber genauso gut könnte es gut gehen und er fährt nach Norden um uns dort zu suchen."

Wieder sieht er mich an, seine dunkelblauen Augen strahlen im Gegensatz zum Himmel, der grau und stark nach Regen aussieht, wie die Sonne mit einem Diamanten um die Wette. „Das ist er. Das ist er wirklich.", seufzend reibe ich mir über den Arm. Das Kleid, das ich von Mrs. Graham bekommen habe, ist nicht besonders wärmend. „Wir müssen uns noch passende Kleidung besorgen. Immerhin müssen wir unsere Geschichte glaubhaft der Verwandten von Reverend Wakefield verkaufen." Ich versuche es etwas positiver klingen zu lassen, doch das will mir nicht so ganz gelingen. Auch Jamie scheint nicht gerade begeistert davon zu sein. „Ich habe nie gedacht, dass wir uns einmal als Cousin und Cousine ausgeben müssen um von deinem Mann fliehen zu können." Missmutig sieht er mich einen Augenblick lang an, bevor er den Kopf wegdreht und sich einige Schritte vom Wagen entfernt. Nachdenklich sehe ich ihm zu wie er im Abstand von einigen Metern auf und ab geht, es erinnert mich daran wie er im Herrenhaus in Paris umhergewandert ist, wenn wir uns einen neuen Plan zurecht legen mussten. Und es erinnert mich daran, dass wir uns schon einige Male verstellen mussten, aber nie hat es unsere sexuelle Beziehung in Frage gestellt. Wir sind immer als Mann und Frau aufgetreten, Laird und Lady Broch Tuarach.

„Jamie, es war die einzige Möglichkeit. Ich konnte nicht zulassen, dass Frank dir schadet." Ich gehe auf ihn zu, bleibe aber stehen und schaue ihn verzweifelt an. Er erwidert den Blick genauso verzweifelt, nur mischt sich in seine Verzweiflung Wut mit und das kann gefährlich werden. „Aye, du hättest es nie zugelassen. Aber ich, ich hätte es zulassen müssen." Er schüttelt den Kopf, so dass seine Locken hin und her fliegen. Wie gerne würde ich sie ihm aus dem Gesichts streichen und dabei die markante Linie seines Kiefers nachzeichnen. „Ja, du hättest dich gestellt, das weiss ich. Aber ich habe dabei nicht nur an mich gedacht, sondern auch an deinen ungeborenen Sohn." Ich eliminiere die letzten Meter und bleibe dicht vor ihm stehen, kann seine Körperwärme spüren und werde davon beinahe überwältigt. Dieser grosse Schotte, mein Ehemann, ist wahrlich stark, aber auch den grössten Sturkopf dem ich je begegnet bin. Dieser Gedanke lässt mich Schmunzeln, nur ein kleines Lächeln huscht für ein paar Sekunden über mein Gesicht, doch dann wird es wieder ernst. „Ich liebe dich und ich habe mich für dich entschieden. Für dich." Ich tippe mit dem Zeigefinger gegen seine Brust und spüre die starken, sehnigen Muskeln unter seinem Hemd.

„Du hast mich so viele Male beschützt, hast mich aus jeder Situation, und sei sie noch so gefährlich gewesen, gerettet. Aber dieses Mal kannst du nichts tun. Also bitte, lass mich dich beschützen. Nur dieses eine Mal wenigstens.", flehend schaue ich zu ihm auf und hoffe aus ganzem Herzen, dass er nickt. Wir schauen uns in die Augen, dunkles Blau wie der unendliche Ozean trifft auf bernsteinfarben. „Aye, ich habe dich beschützt und ich werde es immer wieder tun. Denn du, ", er macht eine Pause und nimmt meine Hand in seine, „bist meine Ehefrau. Und ich werde dich immer beschützen, weil es meine Pflicht ist. Aber du hast recht, dieses Mal kann ich nichts tun, ausser mein Schwert in seinen Körper zu bohren und ihm das Leben aushauchen, aber das werde ich nicht tun. Weil ich weiss, dass er dir noch etwas bedeutet und das respektiere ich. Aye, ich werde mitspielen, auch wenn ich nicht weiss wie lange ich ohne deine körperliche Zuwendungen leben kann." Er zieht mich an sich, schlingt seine starken Arme um mich und presst mich an sich.

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