Sicherheit

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Zwei weitere Tage sind vergangen, endlich haben wir die Grenze erreicht und können aufatmen. Die ganze Zeit hatte ich Angst, dass uns Frank doch noch auf die Schliche kommt. Doch jetzt, jetzt können erst einmal ohne Angst leben. Hier wird er uns sicherlich nie finden und wer weiss, vielleicht lässt er die Sache ja irgendwann auf sich beruhen. „Ich frage mich wie du das alles schaffst, Sassenach." Er sieht mich an, ich spüre wie ihn die Reise angestrengt hat. Wie seltsam alles für ihn sein muss, ich habe mich schnell wieder an alle Annehmlichkeiten des zwanzigsten Jahrhunderts gewöhnt. Selbst an das Autofahren, was für Jamie nach wie vor seltsam ist. Denn er ist es gewohnt lange Reisen auf Pferden zu unternehmen, was er sicherlich vermisst. „Solange du bei mir bist überstehe ich alles. Selbst wenn ich durch die Hölle gehen müsste."

In seinen Augen erkenne ich wie meine Worte auf ihn wirken, sie sind so blau wie der klarste Bergsee in ganz Schottland und sind tiefer als jeder Ozean es sein könnte. Ich streichle ihm über die Wange und frage mich wann ich das das nächste Mal tun kann. Immerhin sind wir als Cousin und Cousine unterwegs und können uns nicht küssen. Nicht einmal uns an den Händen halten. Ich kann nur hoffen schnell von hier wegzukönnen und irgendwo mit Jamie neu anzufangen. „Was habe ich nur für eine starke Frau."

Er beugt sich runter und küsst mich leidenschaftlich. Es wird das letzte Mal für eine ungewisse Zeit sein. Ich habe den Wagen etwas weiter weg geparkt, so dass wir noch einen Moment für uns sein können. Doch irgendwann wird es Zeit und ich löse mich schweren Herzens von Jamie. „Egal was passiert, ich werde dich immer lieben. Mon nigehan." Er küsst mich ein letztes Mal, danach brechen wir zum Haus auf. Mit jedem Schritt wird der Knoten, der sich in meinem Hals gebildet hat, immer härter. Ich atme tief ein und klopfe an die Tür, mit jeder Sekunde die verstreicht werde ich angespannter. Doch die Tür wird geöffnet und eine ältere Frau mit einem netten Gesicht steht uns gegenüber.

„Ja?", fragt sie. Ich trete etwas nach vorne und sage ihr wer wir sind. „Aye, dann kommt doch rein." Sie lässt uns in ihr Haus und scheint sich über ein bisschen Gesellschaft zu freuen. Sie wohnt alleine, wie sie uns gleich erzählt und freut sich sehr über unseren Besuch. „Mein Cousin Reginald hat mir geschrieben, dass Sie, nun wie soll ich es sagen, vor einigen ehelichen Problemen auf der Flucht sind." Ich bin erstaunt, dass sie so direkt ist, immerhin kenne ich sie überhaupt nicht. Ich schaue sie entschuldigend an, was sie nur mit einem wissenden Blick erwidert. „Möchten Sie etwas essen?"

Sie schaut zuerst Jamie dann mich an, wir nicken beide und die ältere Frau verschwindet in der Küche. Ich schaue Jamie lange an, er scheint sich wenigstens wohl zu fühlen. Während wir im Wohnzimmer auf Elisabeth warten, schaut Jamie aus dem Fenster. „Gibt es hier Pferde?", fragt er, als sie zurück kommt. „Aye, ich habe ein paar Pferde auf der Koppel. Draussen hinter dem Haus." Jamies Augen leuchten auf als er das hört, Elisabeth scheint es ebenfalls gemerkt zu haben, denn ein leichtes Lächeln umspielt ihre dünnen Lippen. „Wenn Sie wollen können Sie nach den Tieren sehen, sie müssten sowieso getränkt und gefüttert werden. Natürlich nur wenn es Ihnen recht ist."

Jamie bedankt sich bei ihr und kommt auf mich zu, als ich mich etwas anspanne merkt er, dass er mich nicht küssen darf und verlässt das Haus. „Ein netter Mann, und so attraktiv." Sie setzt sich an den Tisch und serviert mir eine Schüssel mit Suppe die lecker riecht. Ich bedanke mich bei ihr und nehme einen Löffel, sie ist stark und gut gewürzt. „Ich bin neugierig, als alte Frau hat man bereits so viel gesehen, aber eine Frau die Schutz vor ihrem Ehemann sucht sieht man nicht alle Tage." Da hat sie recht, viele Frauen trauen sich einfach nicht ihre Ehemänner zu verlassen. Ich tupfe mir den Mund mit der Serviette sauber und schaue sie an. „Nun, viel gibt es nicht zu erzählen. Mein Mann und ich, wir...wir waren glücklich. Doch der Krieg...sagen wie es so, der Krieg hat uns vieles genommen."

Es ist die Wahrheit, wäre der Krieg nicht gewesen, wäre die Ehe mit Frank vielleicht ganz anders ausgegangen. Nur weiss ich nicht, ob ich mir das wünschen würde. „Aye, da haben Sie recht. Aber deswegen verlässt man doch den Mann nicht so einfach, oder?" Wo sie recht hat, hat sie recht. Ich nehme noch einen Löffel Suppe und geniesse die Wärme die sich in mir ausbreitet. „Nein. Aber wenn man sich fünf Jahre lang nicht mehr gesehen hat, weiss man nicht mehr so genau wen man geheiratet hat. Es kommen Seiten zum Vorschein die man nicht kannte und die man nicht weiter ertragen möchte."

Wieder nickt Elisabeth und sieht mich lange an. „Es sollte mehr solche Frauen wie Sie geben die den Mut besitzen so etwas zu wagen. Und ich wäre eine Närrin, wenn ich Ihnen und ihrem Cousin kein Obdach geben würde. Sie können solange bleiben wie es Ihnen beliebt. Und wie ich bereits gemerkt habe, hat Ihr Cousin einen Hang zu Pferden." Sie lächelt verschmitzt und schaut aus dem Fenster. Der Himmel ist grau und wolkenverhangen, aber das satte Grün der Wiesen macht den trüben Anblick wieder wett. „Er wird sich bestens um die Pferde kümmern." Jamie liebt Pferde, es wird im sicherlich Freude bereiten. Mehr als nur herum zu sitzen und zu warten.

Ich esse die Suppe auf und helfe Elisabeth beim Abwasch, danach gehe ich nach oben wo wir schlafen können. Natürlich in getrennten Zimmern. Ich sitze auf dem Bett und geniesse die Stille, doch meine Gedanken kann ich nicht aufhalten. Was Frank wohl macht? Ich will es lieber nicht wissen.

Frank

Am nächsten Morgen steige ich, noch bevor das Frühstück serviert wird, in meinen Wagen und fahre los. Ich muss so schnell es geht zurück nach Inverness um den Reverend auf die falsche Fährte anzusprechen. Die Wut brodelt nach wie vor unter meiner Haut und wird mit jedem Kilometer, den ich hinter mich bringe, mehr. Das Wetter ist schlecht und die Fahrt zögert sich immer mehr hinaus. Erst gegen Mittag habe ich Inverness erreicht und somit auch das Haus des alten Reverends. Ich klopfe an die Tür und stürme ins Innere, als die Haushälterin mir die Tür öffnet. „Was soll das?", fragt sie empört.

Ich ignoriere sie und gehe ins Wohnzimmer, doch dort ist niemand. Ich will nach oben dort wo er sein Büro hat, doch die kleine Frau hält mich auf in dem sie mir den Weg versperrt. „Sie können nicht so einfach hier rein platzen." Die kleine Haushälterin baut sich vor mir auf, oder versucht es zumindest. „Wo ist Reverend Wakefield?", frage ich barsch. Sie zuckt leicht zusammen und funkelt mich noch aufgebrachter an. „Der ist nicht hier. Er ist in der Kirche." Umso besser. Ohne etwas zu sagen verlasse ich das Haus und gehe den kleinen Pfad, der vom Haus direkt zur Kirche führt, und betrete diese. Im Innern befinden sich einige Menschen die mich interessiert mustern, ich schaue keinen an und gehe geradeswegs zur Tür die zum Nebenraum führt in dem sich der Pfarrer umzieht.

Anscheinend hat die Messe noch nicht begonnen, denn ich finde ihn schnarchend im Schaukelstuhl. Mit der Faust schlage ich auf den kleinen Tisch und sehe wie er aufschreckt. „Was?", fragt er verschlafen und sieht mich mit grossen Augen an. „Was machen Sie denn hier, Rendall?", fragt er und steht auf. „Was ich hier mache? Sie haben wohl gedacht, dass ich bereits tief im Norden Schottlands bin, da Sie mit meiner Frau unter einer Decke stecken."

Ich mache eine Pause und sehe wie meine Worte auf den Geistlichen wirken. Er sieht mich erschrocken an, versucht es dann aber zu verstecken. Ein schlechter Schauspieler dieser Reverend. „Das hätten Sie nicht tun sollen, Reginald. Ich dachte wirklich Sie seien so etwas wie mein Freund, doch da habe ich mich wohl geirrt. Denn Freunde lügen sich nicht an, und ist lügen nicht eine Sünde?" Ich baue mich vor ihm auf und schaue auf ihn runter, er versucht etwas zu sagen, aber es kommt nur Gestammel aus seinem Mund. „Erwischt?"

Ich lache auf und könnte mir jedes Haar einzeln herausreissen, dass ich auf eine Lüge wie diese hereingefallen bin. „Sie haben zwei Möglichkeiten. Erstens Sie erzählen mir jetzt und hier wo sich meine Frau wirklich aufhält, oder aber Sie wählen Möglichkeit zwei. Sie erzählen es mir nachdem ich mit Ihnen fertig bin. Und glauben Sie mir ich will keinen Mann Gottes schlagen müssen, es liegt ganz bei Ihnen." Reverend Wakefield sieht mich verzweifelt an, die Messe sollte bereits begonnen haben und die drohende Prügel scheint Wirkung zu zeigen. „Nun gut, ich habe Sie angelogen. Aber nur, weil ich nicht anders konnte. Ich habe sie und diesen Schotten zu meiner Verwandten geschickt. Sie wohnt an der englischen Grenze."

Ich lächle zufrieden und tätschle ihm auf die Schulter. „Guter Mann." Mit einem verschlagenen Lächeln entlocke ich ihm auch noch die genaue Adresse und lasse ihn dann seine Messe halten. Mit einem Plan mache ich mich auf den Weg zu dieser Verwandten. „Warte nur, Claire! Ich werde kommen um dich zu holen."


oh je was das wohl für Konsequenzen für Claire und Jamie mit sich bringt?

eure Amanda

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