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Draco fror, obwohl es nicht mal so kalt war. Er stand zusammen mit den anderen Slytherins und den Gryffindors am Rand des Verbotenen Waldes. Er hasste Pflege magischer Geschöpfe.
»Ich habe mir etwas Tolles überlegt!«, sagte Hagrid motiviert, der sein Lehramt dieses Jahr wieder fortsetzte. Das Letzte Mal, als er das gesagt hat, habe ich mir einen Arm gebrochen.
»Wir werden uns als zukünftige Projekte ein paar Diricawls vornehmen!«, verkündete Hagrid. Draco verdrehte die Augen. Er hatte von diesen Vögeln gehört. Es waren die, die die Muggel als Dodos bezeichneten und für ausgestorben hielten. Die konnten auch nicht einmal die Augen aufmachen, oder?!
»Wer von euch kann mir sagen, was ein Diricawl ist?« Granger streckte sofort den Arm in die Luft. Draco dachte nicht mal daran, sich zu melden.
»Ein Diricawl«, sagte Granger, die eine auffordernde Geste von Hagrid bekommen hatte, »ist ein Vogel, der nicht fliegen kann. Allerdings kann er, genau wie ein Phönix, an einem Ort plötzlich verschwinden und sich an einem beliebigen anderen Ort wieder materialisieren.«
»Ganz genau«, brummte Hagrid zufrieden. »Und ihr werdet welche adoptieren und aufziehen. In Partnerarbeit« Pansy warf Draco einem flammenden Blick zu. Draco tat, als merke er es nicht.
»Wir werden die Partner auslosen.«, sagte Hagrid und nahm eine hölzerne Schüssel in die Hand, in der viele winzige Blüten aus Papier waren. Sie schimmerten leicht im Licht, woran Draco erkannte, dass die Blüten mit Zauberei erschaffen und nicht von Hand gefaltet worden waren. Sicher hatte das Professor Flitwick getan.
»Hermine, würdest du wohl bitte...?«, fragte Hagrid und Hermine schwang ihren Zauberstab und im Takt ihrer Bewegungen flogen auch die kleinen Blüten durcheinander.
»Dreiergruppen«, sagte Hagrid knapp und griff mit seinen riesigen Händen grob in die Schüssel und zog eine Blüte heraus. Er warf sie in die Luft und sie entfaltete sich auf magische Weise. Weasleys Name leuchtete einen kurzen Moment in der Luft auf. Draco fragte sich, wieso Hagrid die Gruppen nicht einfach willkürlich selbst einteilte. So eine Zeitverschwendung, und dabei durfte dieser haarige Berg nicht mal zaubern, dachte Draco genervt.
Der zweite Zettel zeigte den Namen von Parvati Patil. Sie stellte sich neben ihren rothaarigen Teampartner. Das dritte Mitglied wurde Dean Thomas. Die erste Gruppe war komplett.
Dracos Name war der nächste. Angespannt wartete er auf die Entfaltung der nächsten Blüte. Als der Name erschien, verschlechterte sich Dracos Laune stark. Neville Longbottom, leuchtete es in der kalten Herbstluft auf. Longbottom warf Draco einen missmutigen Blick zu. Schlimmer konnte es ja nicht mehr werden. Zumindest dachte Draco das. Denn natürlich kam es noch schlimmer. Harry Potter war das letzte Gruppenmitglied. Er und Draco stöhnten synchron auf. Longbottom schien der Einzige, der sich über die Kombination freute. Zumindest über Potter.
Hagrid loste noch den Rest der Gruppen. Draco interessierte das nicht. Er überlegte, wie er es schaffen könnte, der Gruppenarbeit zu entkommen.
»So!«, unterbrach Hagrid seine Gedanken. »Los geht's«
»Ich will ja nichts sagen«, unterbrach Draco ihn barsch, »Aber mal ganz ehrlich! Diricawls können, wie vorhin schon erwähnt, einfach verschwinden und woanders wieder auftauchen. Wie wollen wir bitte welche aufziehen, wenn sie uns jeden Moment entschwinden können und nie wieder kommen?« So blöd konnte  ja nicht mal Hagrid sein.
»Natürlich habe ich das bedacht!«, antwortete Hagrid triumphierend. »Ich habe mit Hilfe von Professor McGonagall und Professor Flitwick die nötigen Maßnahmen getroffen. Wir haben Vogelkäfige für euch. Sie sind mit einem ähnlichen Zauber belegt wie Hogwarts. Naja, jedenfalls können die Diricawls sich nicht aus ihnen heraus apparieren sozusagen. Aber, weil der Zauber ziemlich stark sein muss, um die Entmaterialisierungskräfte von so'nem Viech auszuschalten, sind die Käfige nicht sehr groß. Und die Tiere brauchen ja auch ein bisschen Auslauf, ne?! Also haben wir uns noch etwas einfallen lassen. Wenn ihr die Diricawls aus den Käfigen nehmt, könnten sie einfach verschwinden und überall innerhalb von Hogwarts irgendwo auftauchen. Wie würdet ihr ihn dann wiederfinden? Dafür haben wir Halsbänder. Ihr macht sie nachher den Diricawls um. Ich erkläre euch nachher, wie die Halsbänder funktionieren, denn sie verhindern nicht, dass die Vögel verschwinden.
So, genug geredet; jetzt könnt ihr euch eure Diricawls ansehen!« Draco konnte sich kaum vorstellen, dass es eine gute Idee war, Diricawls aufzuziehen. Würden die Viecher dann überall in Hogwarts rumlungern und man musste immer aufpassen, wo man hintrat? Mal ganz abgesehen davon, dass Draco das schlimmste Team hatte, dass er sich vorstellen könnte. Zum Einen war da Harry Potter, Dracos Erzfeind, zum Anderen Neville Longbottom, der größte Trottel von Hogwarts, der erst im fünften Jahr den Expelliarmus-Entwaffnungszauber gelernt hatte. Langsam glaubte Draco daran, dass sein Schicksal ihn hasste.
Sie folgten Hagrid zu seiner Hütte. Vor dem Holzhaus war ein großer, unförmiger Haufen, abgedeckt mit einem roten Seidentuch. Die Käfige waren deutlich darunter zu erkennen.
»So!«, sagte Hagrid und zog schwungvoll das Tuch weg. Darunter befanden sich, wie Draco schon geahnt hatte, die magischen Vogelkäfige mit den kleinen, schlafenden Diricawls darin.
»Ihr dürft nicht so laut sein!«, sagte Hagrid mit seiner gewaltigen Stimme und Draco schürzte empört die Lippen. Das war alles so lächerlich.
»Die Gruppe von Seamus kommt bitte als erstes her!« Hagrid drückte Finnigan einen Käfig in die Hand. Es folgten alle anderen Gruppen, bis Hagrid als letztes Potter zu sich bat. Potter brachte den Käfig zu Draco, Longbottom im Schlepptau. Ihr Diricawl war deutlich kleiner als die anderen. Die anderen Küken waren vielleicht ein wenig größer als Dracos Faust, ihrer war so groß wie ein Hühnerei. Er sah irgendwie unschuldig aus, wie er da schlief.
»Wieso ist unserer so viel kleiner?«, fragte Potter Hagrid über die Schulter. Dieser trat hinter ihn und sagte:»Das arme Ding wurde von seiner Mutter verstoßen. Sie hielt ihn für zu schwach, um zu überleben. Deswegen ist er unterernährt und viel schwächer als die anderen Küken, obwohl sie alle gleich alt sind. Ihr müsst ihn sehr gut aufpäppeln! Aber er wird immer kleiner bleiben, als die anderen. Ich habe ihn extra dir anvertraut, Harry.« Potter nickte und Hagrid trat wieder in die Mitte zwischen den Schülern.
»So, wir werden ihnen jetzt die Halsbänder umlegen. Stellt euch bitte gruppenweise in der Reihenfolge an, in der ich euch eben eure Diricawls zugeteilt habe.«
Es dauerte eine Weile, bis Draco, Potter und Lonbottom - die letzten in der Reihe - endlich vor Hagrid standen. Draco, der größer als die beiden Gryffindors war, fühlte sich direkt vor dem Halbriesen ungewohnt klein.
Hagrid hielt ihnen ein dünnes Band aus rotbräunlichem Leder hin. In schimmerndem Grün waren Blumenranken darauf kunstvoll ineinander verschlungen.
»Ihr müsst es jeder mit eurem Zauberstab berühren.«, erklärte Hagrid. Draco zückte seinen Zauberstab und tippte das Band an. Die beiden anderen machten es ihm nach, wobei Longbottom mehrere Versuche brauchte, weil er das dünne Band nicht mit der Spitze seines Zauberstabs traf. Als er es geschafft hatte, nahm Potter das Band und sie gingen zu ihrem Diricawl zurück.
»Gut, nun müsst ihr ihnen das Halsband anlegen. Schaut her!« Hagrid ging zu der Gruppe von Theodore Nott, Hermine Granger und Millicent Bullstrode. Obwohl er so riesige Hände hatte, schien es für ihn eine Leichtigkeit zu sein, das Halsband anzulegen.
»Jetzt ihr! Seid vorsichtig, damit euer Diricawl nicht aufwacht!«
»Warum eigentlich?«, fragte Parvati Patil.
»Weil sie, wenn sie aufwachen bevor sie das Halsband tragen, einfach verschwinden können und ihr sie dann auf dem gesamten Gelände von Hogwarts suchen könnt«
Longbottom trat einen Schritt zurück. Er wollte ganz offensichtlich nicht riskieren, dass irgendetwas passieren würde. Draco hielt das auch für klug.
»Gut«, sagte Potter, der immer noch das Halsband in der Hand hielt. »Machst du die Tür auf?«, fragte er Draco. Draco antwortete nicht, sondern machte einfach vorsichtig das dünne Gittertor auf. Potter atmete einmal durch und streckte dann die Hände in den Käfig. Draco war sich sogar sicher, dass Potter es hingekriegt hätte, wäre das Halsband nicht für ein normales Diricawl-Küken ausgelegt, sondern für so ein winziges wie ihres. Das Leder war viel zu lang und war schwer um den dürren Hals des kleinen Vogels zu schließen. Draco beschloss, das Problem zu beheben, indem er das Band magisch zuschneiden und kürzen würde. Er richtete den Zauberstab durch die Gitterstäbe auf das Leder und ehe Potter wegziehen konnte, murmelte Draco:»Diffindo«
Natürlich kam es, wie es kommen musste. Draco hatte nicht das Band abgeschnitten, sondern Potters Fingerkuppe vom linken Zeigefinger - sie hing nur noch an einem dünnen Faden an seinem Finger und Blut tropfte daran runter. Potter schrie auf vor Schmerz, der kleine Diricawl öffnete die Augen und Draco und Longbottom schafften es gerade noch, schnell die Käfigtür zu schließen, damit der kleine Vogel nicht disapparieren konnte.
»Ups«, grinste Draco, der die Situation gerade ungewöhnlich amüsant fand. Nicht, weil er sich freute, dass er Potter verletzt hatte. Er fand es einfach lustig und hatte urplötzlich wieder gute Laune. Potter sah ihn mit einem halb genervten, halb schmerzverzerrtem Blick an. Aber trotzdem sah er auch in seinen Augen schwache Belustigung. Sie waren in einer Gruppe mit Neville Longbottom, dem größten Tollpatsch überhaupt. Aber nicht er hatte es geschafft, genau Alles falschzumachen, sondern Draco Malfoy und Harry Potter. Genau genommen nur ich, dachte Draco. Große Leistung!
»Episkey!«, lachte Draco, aber wie er erwartet hatte, war der Heilungszauber nicht stark genug, um die abgetrennte Fingerkuppe wieder anzufügen.
»Ich glaube, wir brauchen Madame Pomfrey«, sagte Draco immer noch lachend, und inzwischen grinste auch Potter.

Why? || DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt