I wish you could hear me (42. Kapitel)

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"Ein Krankenhaus ist ein Ort voller Leid und Trauer, aber er ist auch ein Ort der Hoffnung und der Heilung."
(Hugo - Club der roten Bänder)

Niall's P.O.V.

Angespannt gehe ich vorsichtig in das Zimmer von Laura. Eigentlich wusste ich bereits vorher, was mich erwartet, jedoch fühlt es sich an wie ein Faustschlag in die Magengegend, als ich sie im Bett liegen sehe, umgeben von Schläuchen, Maschinen und Verbänden.
Langsam trete ich neben ihr Bett, erst jetzt merke ich, dass ich die ganze Zeit den Atem angehalten habe.
Ich setze mich auf einen der Stühle neben ihren Bett und nehme vorsichtig ihre Hand.
Sie fühlt sich warm an, ganz weich und jedoch so zerbrechlich.
Meine Augen wandern von ihrem Gesicht bis zu den Füßen, ich entdecke die blauen Flecken, die Schrammen, den Gips, der ihre Beine und Arme umgibt und den Verband um ihren Kopf. Bei den Anblick steigen mir die Tränen in die Augen und ich lasse ihnen freien Lauf.

Als ich mich wieder beruhigt habe, streichle ich vorsichtig ihr Gesicht.

Sie ist trotzdem noch wunderschön und ich würde nichts lieber tun, als sie zu küssen, jedoch habe ich Angst, dass ich ihr weh tu.
Ich sollte mit ihr reden, aber was soll ich ihr sagen. Vielleicht hört sie mich. Ich habe schon mal gelesen, dass Menschen im Koma ganz außergewöhnliche Dinge erleben und trotzdem noch anwesend sind, obwohl sie nicht den Anschein erwecken.

Ich räuspere mich kurz und wische mir die Tränen weg, eh ich mit reden beginne.
,,Hallo Laura, ich bin es, Niall, aber das wirst du sicherlich schon mitbekommen haben. Ich weiß nicht, ob du überhaupt willst, dass ich hier bin, aber Melina hat mir erzählt, dass du hier liegst und ich konnte nicht anders, ich muss dich einfach sehen. Als ich davon gehört habe, dachte ich, ich hätte dich verloren und dich jetzt hier zu sehen zerreißt mir mein Herz. Ich weiß, ich habe mich von dir getrennt und das war der größte Fehler überhaupt. Seit wir getrennt sind, denke ich jeden Tag an dich, aber ich habe mich nicht getraut dich zurückzurufen oder dir zu schreiben, ich war ein Feigling und stur noch dazu. Ich dachte einfach, du hast mich angelogen und ausgenutzt. Melina hat mir gestern aber erzählt, was wirklich vorgefallen ist, wäre ich nicht so ein Idiot gewesen und hätte dich nicht ignoriert, dann hätten wir das geklärt und du würdest jetzt nicht hier liegen."

Ich schluchze auf und wieder laufen die Tränen über mein Gesicht.
,,Laura, wenn du mich hörst, es tut mir alles so leid, ich bin der größte Idiot den es gibt! Ich hätte dich nie verlassen sollen, ich bin nichts ohne dich, seitdem du weg bist. Ich vermisse dich so, ich wünschte, wir könnten jetzt irgendwo Arm und Arm liegen, könnten uns küssen und einfach beisammen sein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich dein Lachen vermisse, deine verwuschelten Haare, wenn du früh aufwachst, deine Umarmungen, einfach alles, sogar dein Schimpfen, wenn ich dir deine Süßigkeiten oder dein Essen wegesse. Bitte wach so schnell es geht auf, ich brauche dich, jeder braucht dich."

Ich zucke zusammen, als die Tür hinter mir auf geht.

,,Mr. Horan, wir müssen sie nun bitten zu gehen, der Arzt kommt gleich um Untersuchungen durchzuführen.", erklärt mir eine Schwester und verlässt wieder den Raum.

Schweren Herzens stehe ich auf. Am liebsten würde ich die ganze Zeit hier sitzen bleiben, aber ich weiß, dass ich nicht darf. Bevor ich gehe, gebe ich Laura noch einen Kuss auf die Stirn.

,,Ich liebe dich, Prinzessin.", flüstere ich ihr zu und verlasse schluchzend ihr Zimmer.

Laura's P.O.V.

Wenn ich könnte würde ich auf der Stelle losweinen. Es mag verrückt klingen, aber als Niall den Raum betreten hat, habe ich eine Wärme in mir gespürt. Auch als er meine Hand genommen hat, wurde meine von Wärme umgeben. Seine Worte und seine Anwesenheit hatten mich berührt. Am liebsten hätte ich ihm geantwortet, aber meine Lippen blieben stumm, genauso wie meine Augen trocken blieben, weil ich nicht weinen kann.
Es ist schrecklich, wenn der Kopf etwas machen will, aber der Körper es nicht ausführt.
Ich wünschte, ich könnte bei Niall sein, natürlich hätte ich ihn sofort verziehen, ich liebe ihn und will ihn endlich wieder sehen. Warum musste es so kommen? Ich bin froh, dass Melina mit Niall gesprochen hat, aber leider weiß er nicht, wer wirklich daran schuld ist, dass ich hier liege, ich wünsche, ich könnte es ihm sagen.

"Ich liebe dich auch Niall!", flüstert einen Stimme in meinem Kopf und ich hoffe, meine Worte erreichen in irgendeiner Art und Weise Niall.

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Mittlerweile sieht meine Welt so aus, dass ich mich direkt auf der Straße befinde, auf der ich angefahren wurde. Im ersten Moment hat mir das Angst gemacht, aber ich habe mich daran gewöhnt. Es sieht alles so aus wie in der Realität, nur ohne Menschen, Autos oder Tieren. Es gibt nur mich, die Straße und die Häuser, die sich neben ihr befinden. Am Anfang dachte ich, dieser Ort wurde gewählt, damit ich meinen Unfall selbst beobachten kann, aber nichts dergleichen. Es soll mich wahrscheinlich einfach daran erinnern, warum ich hier gelandet bin.

Das einzige Gute an dieser Situation ist, dass ich alle Gespräche um mich herum mitbekomme.  Die Leute wissen das natürlich nicht, sonst hätte man schon längst Kontakt mit mir aufgenommen.
Ich habe schon viele Gespräche mitbekommen, Schwestern, die miteinander über Kollegen lästern oder über Ärzte oder Patienten schwärmen. Ein beliebtes Gesprächsthema ist auch, wie anstrengend manche Patienten sind und man froh ist, wenn sie endlich weg sind. Über mich wurde in meiner Anwesenheit zum Glück noch nie so geredet. Die Ärzte reden untereinander nur über meinen Gesundheitsstand oder meine Pflege. Immerhin erfahre ich so, wie es um mich steht.
Natürlich habe ich Angst, aber die Ärzte meinen ich bin auf einem guten Weg und meine Eltern haben mir schon von klein auf gesagt, dass ich nie aufhören soll zu kämpfen im Leben.
Meine Eltern vermisse ich schrecklich doll, sie weinen zu sehen zerreißt einen das Herz. Am liebsten würde ich ihnen sagen, dass alles gut ist und sie sich keine Sorgen machen brauchen, sie einfach in den Arm nehmen.

Ich höre wieder Stimmen, dieses Mal ist es von der Krankenschwester, die sich fast täglich um mich kümmert. Sie mag ich am liebsten, sie redet die ganze Zeit mit mir und schweigt mich nicht an, wie andere Schwestern. Kate, so ist ihr Name, erzählt mir immer, wie ihr Tag war oder was sie für verrückte, nervige oder lustige Dinge sie während des Dienstes erlebt hat. Ich weiß, dass sie allein in einer kleinen Wohnung mitten in London lebt, zusammen mit ihrem Kater Cookie, der sie besser versteht, als je ein Mann in ihrem Leben. Und sie glaubt an die große Liebe, sie will mal 3 Kinder haben und heiraten und im Vorort von London in einem Haus mit Garten leben. Auch wenn sie erst 28 Jahre ist, wünscht sie sich endlich einen Mann für Leben,  der sie so nimmt wie sie ist und die gleichen Interessen teilt. Sie erzählt mir jedes Mal wie ihre Dates gelaufen sind und warum es nicht mit dem Typen geklappt hat.
Ich finde es toll, wenn sie in mein Zimmer kommt und mir etwas aus ihrem Leben erzählt, als wären wir Freundinnen, nur dass die Gespräche einseitig verlaufen und ich nie antworten kann, obwohl ich es so gern tun würde. Dann würde ich ihr sagen, dass sie sich mit Tommy verabreden soll. Tommy ist Arzt und untersucht mich auch manchmal. Kate schwärmt immer von ihm und wird verlegen, wenn er den Raum betritt. Aber sie traut sich nicht ihn anzusprechen, da er sie nie wahrnehmen würde. Ich bin mir aber sicher, dass die beiden zusammengehören.
Außerdem macht Kate immer Pause, damit ich meine Meinung dazu sagen kann, auch wenn kein Wort über meinen Lippen kommt, ist sie still und lauscht. Manchmal habe ich das Gefühl sie versteht, was ich denke.
Sie ist wie eine große Schwester für mich und macht die Zeit hier im Krankenhaus erträglicher.

Das Jahr in dem wir uns trafen(Niall Horan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt