Perfectly Incomplete

55.Kapitel

Nicht Worte sollen wir lesen, sondern den Menschen, den wir hinter den Worten fühlen.
~Samuel Butler

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Seit vier Wochen huste ich.
Seit vier Wochen habe ich regelmäßig Luftnot.
Seit vier Wochen habe ich öfter Brustschmerzen.
Zwei von diesen vier Wochen war ich in der Schule.
Meine Eltern sorgen sich um mich...sie wirken erschöpft.
Jeden Tag kommt meine Madre mit einem aufgesetzten Lächeln in mein Zimmer,verlässt es manchmal aber mit einem echten,genauso mein Padre.
An einigen Tagen glaube ich in der Nacht meine Madre weinen zu hören und jedes mal bricht es mir das Herz.

In diesem Moment lese ich ein Buch und blicke erstaunt auf , als Amelie meine Zimmertür hinter ihr schließt.

" Hi...",meint sie schüchtern.
"Hey!",begrüße ich sie erfreut und klopfe auf den Bettrand , damit sie sich dorthin setzt , was sie auch tut.

" Wie geht es dir?",frage ich sanft.
" Es...es ist besser , jedenfalls ein wenig. Ich weiß, dass ich es nicht ändern kann , aber er starb so früh...ich habe ihn geliebt , auch wenn ich erst fünfzehn bin, Ellie!"

Ich umarme sie und murmele:"Ich weiß, Amelie , ich weiß.
Es tut weh , aber ich weiß genauso , dass du stark bist , Amelie. Du schaffst das und du wirst ihn loslassen können, dann wird er nur noch in deinem großen Herz herumschwirren."

" Ellie...",schluchzt sie , wischt sich die Tränen aber schnell wieder weg,"Du hast recht. Und ich habe eine Frage:ich weiß , dass du krank bist , aber willst du mit zum Sportplatz kommen? Also zum Sportplatz des Schützenvereins, meine ich."

"Klar , ich frage nur noch meine Eltern , zieh dir doch schonmal deine Schuhe an."

Ich bin zwar noch etwas schwach , aber kann mich mittlerweile gut auf den Beinen halten und etwas weiter laufen.

Ich sichte meine Eltern im Garten und frage sie , ob ich mit Amelie raus kann.

"Aber Hija , du bist doch krank!",argumentiert meine Madre besorgt dagegen.
" Madre! Ich bin erstens nicht wirklich krank , sondern habe nur die Wahrscheinlichkeit , dass ....dass ich Krebs habe , aber der Onkologentermin ist doch erst in zwei Tagen , also ist doch noch gar nicht klar , ob ich überhaupt krebskrank bin! Und selbst wenn ich wirklich Krebs haben sollte, dann will ich wenigstens noch die Dinge machen , die ich will-und Zeit mit meinen Freunden zu verbringen gehört dazu!"

Meine Madre seufzt laut , erlaubt es mir aber und ich bedanke mich schnell bei ihr , bevor ich das Haus mit einem lauten Knall verlasse.

Ich lächele , als ich draußen bin , weil die Sonne sanft auf mein Gesicht scheint und der kühle Herbstwind durch meine Offenen Haare bläst.
Endlich bin ich wieder draußen.

Ich nicke Amelie schmunzelnd zu und wir setzen uns in Bewegung.

Auf dem Weg unterhalten wir uns über belanglose Sachen und lachen oft , so wie früher.
Es tut Amelie gut , wieder einmal zu lachen, ohne an Daniel zu denken.
Deswegen möchte ich ihr auch nicht von meinem bevorstehenden Termin beim Onkologen erzählen...sie würde dann erst recht nicht mehr herzhaft lachen.

Beim Sportplatz angekommen sehen wir einen etwa 40 Jahre alten Mann , der bereits grinsend auf uns wartet.
Amelie hat mir erzählt , dass das ihr Trainer ist, welcher ihr die Waffen leiht.

Er grüßt uns und reicht Amelie einen Messergürtel mit fünf Messern.
Sie sind nicht sehr scharf , aber man kann sich damit schon eine relativ tiefe Wunde zufügen , wenn man nicht aufpasst.

Auf dem Gelände stehen am einen Ende circa acht Zielscheiben und davor sind eine fünf-Meter-Linie,eine zehn-Meter-Linie , eine fünfzehn-Meter-Linie und eine zwanzig-Meter-Linie rot in den Boden eingezeichnet.