{16. Kapitel}

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Bist du daheim? stand auf dem Display meines Handys.
Ja. Danke für heute, schrieb ich zurück. In diesem Moment fragte ich mich, wie Logan's Nummer eigentlich in mein Handy kam und diese Frage schickte ich ihm gleich hinterher.
Er hatte sie eingespeichert, als ich mein Handy bei ihm vergessen hatte. Okay, das klang logisch und erklärte einiges.
Aber warum hast du das getan? Du warst damals so kalt, antworte ich und starrte auf mein Handy, auf seine Antwort wartend.
Das sollten wir nicht so klären. Du weißt noch nicht alles, aber für heute reicht das. Wir sehen uns in der Schule.

Das war noch nicht alles? Was kam denn noch? Ich machte mir schon wieder Gedanken und verwirrende Szenarien kamen mir in den Kopf. Seufzend legte ich mein Handy auf den Nachttisch. Mir tat der Kopf so weh, dass ich begann mir meine Schläfen zu massieren, während ich mich auf die linke Seite rollte.
Schlaf war jetzt wahrscheinlich wirklich die beste Idee.
Auch wenn ich dachte, ich würde heute nicht schlafen können, dauerte es nur zwei Sekunden bis ich in den Tiefschlaf fiel. Wie in jeder Nacht träumte ich. Nur diesmal nicht von Mom. Diesmal war Logan der Protagonist.

»Es ist schön hier«, flüsterte er. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung um sein Gesicht sehen zu können. Seine Haare wirkten heller durch die Sonne und die blauen Augen funkelten. »Ja, es ist einer meiner Lieblingsorte. Vor allen an warmen Tagen ist es hier schön«, gab ich zurück. Wir lagen auf einer grünen Wiese, über uns vereinzelte Wolken, die es allerdings nicht schafften die Sonne zu verdecken und somit die Hitze etwas zu verringern. Die Vögel schienen regelrecht nur für uns zu singen und das Plätschern des Wassers war zu hören, als der Wasserfall auf den See traf. »Ich muss schon sagen der Ausblick hier gefällt mir sehr.« »Ja, der Himmel ist so-« »Ich meinte nicht die Natur, Summer. Ich meinte dich«, unterbrach mich der braunhaarige Junge neben mir. Natürlich wurde ich rot wie eine Tomate. Seine Finger nahmen mein Kinn und somit zwang er mich ihn anzusehen. Logans Lippen kamen immer näher und schon wollte ich die Augen schließen als sich das Bild plötzlich änderte.
Ich stand auf dem Rathausplatz. Ringsum lagen entweder tote Menschen oder Menschen, die meinen Namen schrien. Tränen liefen mir die Wange entlang.
Und dann sah ich ihn. Mit einem kalten Blick lief er auf mich zu. »Logan«, wisperte ich kurz bevor er mir das Genick brach.

Schweißgebadet wachte ich auf. Meine Finger hatten sich in das Laken gekrallt und die Bettdecke lag auf dem Boden. Die nassen Strähnen strich ich mir aus dem Gesicht.
05:32 zeigte der Wecker an. Wohlwissend, dass ich sowieso nicht mehr einschlafen konnte, stand ich auf und richtete erst mal wieder mein Bett.

Mit einem Seufzer band ich mir auf dem Weg ins Bad einen Zopf. Mein Herz klopfte immer noch wie wild und als ich mich im Spiegel betrachtete, merkte ich dass ich geweint hatte da meine Augen gerötet waren. Der Traum hatte sich so real angefühlt. Ich kannte Albträume von meiner Mom, doch dieser war komplett anders gewesen. Aber meine Mom war auch kein verdammter Alien gewesen.

Und du hast sie nicht auf die Weise geliebt wie du es bei Logan tust, sagte die Stimme in meinem Unterbewusstsein. Klar musste ich mir eingestehen, dass ich Gefühle für Logan hatte - aber Liebe? Das nun wirklich nicht. Es gab noch so viel zu bereden und nach der gestrigen Nacht wusste ich zu einhundert Prozent, dass ich Logan bisher nicht kannte.

Meine Klamotten fielen auf den Boden und langsam stieg ich in die Dusche. Ich dachte das Wasser würde nicht nur meinen Schweiß sondern auch meine Sorgen wegwaschen, doch der Traum fühlte sich immer noch verdammt real an.
Ich schloss kurz die Augen und erschrak beinahe als jemand an die Tür klopfte. »Summer? Bist du das?«, rief eine verschlafene Stimme.
»Ja, mach dir keine Sorgen, Grace. Du kannst wieder schlafen gehen«, versuchte ich so beruhigend wie möglich zu sagen, doch Grace wusste dass etwas nicht stimmte und kam ins Zimmer. Schnell schnappte ich mir ein Handtuch und wickelte es um meinen kleinen Körper.
»Was ist los, Summer? Es ist noch nicht mal 6 Uhr und du duscht.«
Skeptisch schaute mich meine jüngere Schwester an. »Ich hab schlecht geträumt«, antwortete ich. »Ich auch. Von Mom«, gab sie leise zurück. Erschrocken schaute ich sie an. Grace allerdings blickte starr auf den Boden. Wir hatten noch nie über Mom gesprochen. »Träumst du öfters von Mom?«, fragte ich vorsichtig. Langsam nickte sie. Ich könnte ihr jetzt so viele Fragen stellen. Warum hat sie mir nie davon erzählt? Vertraute sie mir nicht? Doch stattdessen entschloss ich mich sie einfach zu mir zu winken und sie in den Arm zu nehmen.
»Du bist nass«, lachte Grace. Dieser Satz veranlasste mich ebenfalls zu lachen. Normalerweise würde ich jetzt aufstehen und mein Handtuch durch Klamotten ersetzen, aber dieser Moment war viel zu wertvoll.

»Denkst du sie lebt noch?« Diese Frage überraschte mich. Mom war tot und das wusste Grace doch auch. Deshalb veranlasste diese Frage eine gewisse Anspannung in mir. »Grace, was soll das? Du weißt ganz genau, dass sie nicht mehr lebt!«, rief ich aufgebracht. Dieser Satz machte mich richtig wütend. Was sollte das?! Mom war immer noch ein empfindliches Thema und das wusste sie ganz genau. »Beruhige dich, Summer! Das war nicht böse gemeint. Aber hast du echt noch nie daran gedacht? Man hat ihre Leiche schließlich nie gefunden«, verteidigte sich meine jüngere Schwester. Das wars mit der trauten Zweisamkeit. Langsam schob ich sie von mir weg und verließ mit einem 'Ich geh in mein Zimmer' das Bad. Mir war auf einmal zum Schreien zumute. Wie konnte sie nur sowas äußern?

Nachdem ich mich angezogen hatte, war es auch schon halb 7. Mit einem Seufzen ging ich die Treppe hinunter Richtung Küche. Dort machte ich mir Frühstück und war gerade dabei in mein Brot zu beißen, als mein Dad die Treppe hinunter kam.
»Morgen, Liebling. Hast du gut geschlafen?«, fragte er und gab mir wie in früheren Zeiten einen Kuss auf die Stirn. Gezwungen lächelte ich ihn an und nickte. Er beobachtete mich. »Ähm, ja. Ich muss dann auch in die Schule«, sagte ich. Stirnrunzelnd blickte mich mein Dad an und sagte: »Es ist doch noch nicht einmal 7.« »Dacy und ich müssen noch dieses Projekt machen«, improvisierte ich und er nahm es mir dann schließlich auch ab. Erleichtert schulterte ich meine Tasche auf und machte die Haustür auf. »Bis dann«, rief ich noch, bevor ich die Tür hinter mir schloss.

Mein Herz blieb stehen, als er auf einmal direkt vor mir stand.
»Wir müssen reden.«

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