{14. Kapitel}

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Wie angewurzelt blieb ich stehen. Das hier war mir zu viel. Sowas gab es nicht. Das war biologisch nicht möglich. Ich war zwar kein Biologe, aber da war ich mir ziemlich sicher.

Auch wenn mein Verstand schrie, ich solle sofort hier weg, blieb ich stehen.
Vielleicht war es die Neugier, vielleicht auch der Wahnsinn in mir, der mich vom Wegrennen abhielt.
Auf jeden Fall konnte ich mir nicht erklären, warum ich ihm hinterherlief.

Angst durchflutete mich als ich Logan in das Haus folgte. Ich hatte ein ganz mieses Gefühl und das bestätigte sich auch, weil ich schon im nächsten Moment ein Mädchen mit braunen Haaren und blauen Augen sah, die von dem Monster aufgespießt wurde. Der Stachel bohrte sich bestialisch in ihren zierlichen Körper und schon im nächsten Moment erlosch das Licht in ihren Augen. Genauso schnell wie ihre Augen zufielen, fiel auch der Kopf des Monsters zu Boden.

»Sofia!«, entwich es dem Jungen vor mir und er hechtete zu dem toten Mädchen. So verletzlich wie gerade hatte ich ihn noch nie gesehen. Ich wollte zu ihm, ihn in den Arm nehmen, doch ich konnte es nicht.

Seine Freundin rannte zu ihm, doch kurz bevor sie bei ihm ankam, schrie er auf und krümmte sich auf dem Boden. Dieselbe lilane Flüssigkeit wie bei den Kindern, sickerte nun auch aus Logan's Brust. Er war doch aber gar nicht verletzt wurden? Was war hier los?
»Oh nein, bitte nicht. Logan, tu mir das nicht an!«, brüllte das Mädchen und kniete sich neben ihn. Er schrie weiter irgendwelche Worte, die ich nicht kannte.

»Mary!«
Bei dem Klang der Stimme ließ sie Logan los und stand auf. Weinend fiel sie Blake in die Arme. Dieser zog sie sichtlich erleichtert an sich und redete beruhigend auf sie ein. »Dir geht es gut! Was ist mit Logan?«, fragte er und schob Mary zur Seite. Als er seinen Bruder entdeckte rannte er sofort auf ihn zu.

»Logan, verdammt. Ich werde dir helfen. Es wird gleich aufhören.« Verzweifelt versuchte er die Blutung irgendwie zu stoppen, aber es funktionierte nicht.
»Blake, wir müssen hier weg! Der nächste Gauron kommt bestimmt gleich. Das ist unsere Chance. Wir können endlich zusammen sein!«, kam es aus Mary's Mund und am liebsten hätte ich sie geschlagen.
Wie konnte sie Logan jetzt alleine lassen? Lief da schon vorher was mit Blake? So ein Miststück.

»Ich werde ihn nicht alleine lassen, er ist mein bester Freund.« »Ich dachte du liebst mich?«, rief sie verzweifelt und blickte um sich. »Das tue ich auch, aber ich würde ihn immer vor dich stellen. Darum muss ich es tun«, flüsterte Blake und stand auf. In ihren Augen war die Panik zu sehen und sie wusste was auf sie zukam. Ich nicht.

Es passierte so schnell, dass ich es beinahe nicht gesehen hätte. Schon im nächsten Moment packte er sie an den Schläfen und starrte ihr in die Augen. Ein goldener Staub ging in Blake über. Er saugte sie praktisch aus. Der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken und schon im nächsten Augenblick fiel ihr grauer Körper zu Boden.
»Es tut mir leid, Mary«, flüsterte Blake und eine einzelne Träne lief seine Wange herunter.

Als nächstes ging er auf Logan zu und legte seine Hände nun an dessen Kopf. Um seinen Händen herum schimmerte wieder dieser goldene Staub und plötzlich machte Logan die Augen auf. Erleichtert ließ sich Blake auf den Rücken fallen.
»Gott sei Dank. Du bist echt ein Arschloch, weißt du das?«
»Sagt mir mein bester Freund, der meine Freundin umgebracht hat?«, erwiderte Logan trocken.

»Ex-Freundin«, murmelte Blake und machte den Weg frei, sodass Logan nun Mary sah. Ich dachte er würde Blake gleich töten, doch nichts geschah. Logan schien innerlich mit sich zu kämpfen.
Nach einer Weile legte er seinen Arm auf Blake's Schulter und sagte: »Danke.«

Für was hatte er sich gerade bedankt? Dafür, dass Blake Mary ermordet hatte? Ich verstand vieles nicht und wusste auch nicht ob ich das überhaupt wollte. Das hier änderte viel. Es änderte nicht nur viel, es veränderte einfach alles.

»Kein Ding. Aber jetzt lass uns hier abhauen. Ich weiß wo deine Eltern sind«, sagte Blake und half Logan beim Aufstehen.
Deine Eltern? Warum nicht unsere Eltern?

Die Beiden rannten aus dem Haus und so langsam verblasste alles um mich.
Schon im nächsten Moment befand ich mich wieder in Logan's Zimmer und blickte ihm direkt in die Augen.

»Du wirst jetzt sicherlich viele Fragen haben und ich bin bereit dir alle zu beantworten«, fing er langsam an.
Fragen hatte ich viele, doch ich wusste nicht mit welcher ich beginnen sollte.

»Ist Blake dein Bruder?«
»Nein, er ist sowas wie mein Cousin. Seine Eltern starben damals bei dem Angriff. Wir mussten flüchten und da er nicht nur mein Cousin, sondern auch mein bester Freund ist, haben wir ihn mitgenommen«, erklärte mir Logan und blickte mir dabei immer noch in die Augen.
Ich musste wegschauen, denn sein Blick war mir zu intensiv.

»Das Mädchen«, begann ich vorsichtig, »hatte etwas mit euch? Sowohl mit dir als auch mit ihm?« Ich hatte Angst wie er reagieren würde und ich wäre ihm nicht böse, wenn er nicht darüber reden wollte.
Jetzt stand der blauäugige Junge auf und lief zu seinem Fenster. Fasziniert beobachte ich ihn. Ich dachte schon er wolle nicht darüber reden, als er doch schließlich leise zu reden begann: »Mary war das wunderschönste Mädchen, das ich je kennengelernt hatte. Wir kannten uns seit wir klein waren und es war vorherbestimmt, dass wir uns später einmal binden würden. Auf Aros, dem Planeten von dem ich stamme, ist es üblich, dass die Eltern bestimmen mit wem man später eine Bindung eingeht. Mein Vater war ein Olori, der Herrscher eines Gebietes und Mary's Vater der eines Anderen. Ich dachte sie mochte mich, doch ihr Herz schlug für jemand anderen.«
»Blake«, flüsterte ich. Logan stand noch immer mit dem Rücken zu mir, doch ich konnte sein Nicken auch so sehen.

»Er fand sie toll. Jeder tat das. Sie verzauberte einen sofort. Also nutzte er die Chance. Er fragte mich ob ich mich schon an sie gebunden hätte und ich verneinte dies. Das hatte ich auch nicht, doch mögen tat ich sie definitiv.«
»Was meinst du mit gebunden?«, fragte ich vorsichtig. Das hier war so zerbrechlich und ich wollte es nicht zerstören. Ich war froh, dass sich Logan mir anvertraute.

»Bei meiner Rasse ist es üblich, dass man sich einmal im Leben bindet. Du kannst dir diese Person nicht aussuchen. Es ist im Prinzip ein bisschen wie Liebe. Du siehst diese Person und weißt, dass du sie brauchst und, dass du alles für sie tun wirst«, erklärte er und drehte sich um.
Ich wollte ihm jetzt nicht in die Augen schauen. Es war komisch solche Worte aus Logan's Mund zu hören. Ich hatte ihn bis jetzt nur fies und kalt erlebt und heute zeigte er sich von einer ganz anderen Seite.

»Und du hast dich nicht an Mary gebunden?«, fragte ich. Er schüttelte den Kopf und setzte sich neben mich.
»Also überließ ich sie meinem besten Freund. Allerdings taten wir immer so als wären wir zusammen in der Gegenwart unserer Eltern. Sie hätten es nicht geduldet, wenn wir uns für jemand anderen entschieden hätten.«
Ich dachte zurück an den Augenblick wo sie sich geküsst hatten. Das schien mir echt. »An dem Tag des Angriffes feierten wir gerade sowas wie ein Hoffest. Meine Eltern waren auch da«, sagte Logan in dem Moment, als ob er meine Gedanken gehört hätte. »Ich hab deine Eltern-«, fing ich an, doch er unterbrach mich: »Nicht gesehen, ich weiß. Das liegt daran, dass ich nicht wollte, dass du sie siehst. Du solltest auf andere Dinge achten.«

»Aber Blake hat sie getötet«, stammelte ich. Logan's Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an. Betreten schaute er auf seine Finger. »Um mich zu retten. Ich hatte keine Lebensenergie mehr und ich konnte nur gerettet werden, indem ich die von jemand anderem bekam. Ich bin Blake dankbar dafür. Schließlich hat er mir das Leben gerettet, aber sie hatte das nicht verdient«, endete er leise.

»Da war noch ein anderes Mädchen. Sie-« »Ich weiß wen du meinst, aber ich möchte nicht über sie reden. Vielleicht ein anderes Mal, aber nicht heute«, sagte Logan leise und ich verstand ihn sofort. Das Mädchen musste ihm eine Menge bedeutet haben.

Laut atmete Logan aus und nahm meine Hände in seine Hände.
»Du hast die wichtigste Frage noch nicht gestellt«, sagte er und blickte mir direkt in die Augen. Das stimmte und das lag daran, dass ich viel zu große Angst vor der Antwort hatte.

Zögerlich nahm ich meine Hände aus seinen.
»Was bist du?«

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