27

28 0 0
                                    

Den Kurs nach der kurzen Unterhaltung mit Patrick konnte ich kaum noch aushalten und schielte ständig auf mein Handy in der geöffneten Tasche. Die Minuten vergingen langsam, zu langsam um genauer zu sagen. Wieso habe ich nur mich von Leo überreden lassen zu dem Kurs wieder zu gehen?

Ich solle morgen außerdem nach Philipps Nummer fragen. Irgendwie fiel es mit leichter mich auf Philipp einzulassen als auf meine amerikanischen Freunde. Lag es daran, dass er auch aus Deutschland kam. Gut möglich. Es fühlte sich zumindest so an, als wären wir hier Verbündete, auch wenn wir uns erst sehr kurz kannten. Natürlich. Denn Philipp ging es genauso hier wie mir. Er konnte sehr gut verstehen wie ich mich fühlte, denn er musste das Gleiche durchmachen. Nicht mehr und nicht weniger. Und ich freute mich wirklich einen solchen Verbündeten zu haben. Wer weiß, vielleicht könnte daraus eine richtige Freundschaft werden und ich könnte ihn sogar einmal in München besuchen. Dort war ich noch gar nicht.

Ich schaute wieder auf die Uhr und stellte fest, dass ich noch gut zwanzig Minuten Zeit in diesem Kurs aushalten sollte, was mich wieder daran erinnerte, warum ich so empfand. Ich spürte schon die Nähe von Patrick wieder obwohl er drei Räume weiter entfernt saß. Was er wohl in diesem Augenblick machte?

Ich wollte es nicht wissen. Ich wollte es nicht wissen. Patrick war mir egal, redete ich mir wieder ein. Ich sollte diese komische Autosuggestion-Theorie viel öfter anwenden. Aber wen belog ich eigentlich?

Ja, seine Berührungen lösten in mir eine elektrische Spannung aus, ein Gefühl, dass ich noch nie kannte. Er machte das immer auf eine Art und Weise, die mir völlig unbekannt war. Aber was meinte er denn genau, dass ich sein Problem war? Warum warf er mir vor, dass ich von einem Kerl zu dem anderen sprang nach dem Vorfall mit Peter? Sich selbst hatte er gar nicht erwähnt. Und er hatte bereits neben meinem Bett geschlafen und meine Hände und Finger geküsst. Ich hatte ihm auch gesagt, dass ich seine Lippen gerne wieder liebkosten wollte. Im Kino erregte er mich bloß durch eine Fingerberührung meiner Hand.

Oh mein Gott! Konnte es denn wahr sein? War er wirklich eifersüchtig? Aber wieso hatte er nichts gesagt? Hatte er Angst ich würde ihn abweisen? Hatte er denn nicht gemerkt, wie sehr ich seine Nähe genoss? Oder hatte ich Angst, dass er mich nur reizte und mich daher von ihm distanzierte? Ich hatte noch bis vor kurzem gedacht, ich hätte einen Freund in Deutschland. Hatte er sich deswegen zurückgehalten?

Ich musste unbedingt mit ihm reden und alles klar stellen, sonst würde ich platzen und nie erfahren was das alles sollte.

Ich schaute wieder auf die Uhr. Fünf Minuten. Na Gott sei Dank war es bald vorbei. Vielleicht war er noch nicht weg wenn mein Kurs zu Ende ging und ich könnte ihn abfangen. Allerdings hatte ich schon ein wenig Angst wie er reagieren könnte. Würde er mir überhaupt zuhören wollen?

Ich wollte nicht mit ihm zusammen sein. Nein, dafür war es noch zu früh. Außerdem sollte ich mich wirklich nicht auf eine Beziehung einlassen. Egal wie recht Neil haben könnte als er mir sagte ich sollte einfach leben und es genießen, und dass es besser war, wenn ich es zugelassen hätte und es nicht klappte als hinterher zu bereuen, dass ich nicht versucht hatte. Nein, lieber sollte ich alles verdrängen. Ich würde mir selbst einmal dafür danken, dass ich es so gemacht habe. Aber trotzdem müsste ich mit Patrick über all das reden. Mir standen noch gut zehn Monate zur Verfügung an denen ich mich mit ihm wohl oder übel abgeben müsste, da wir rein zufällig die gleichen Freunde hatten. Ich wollte zumindest auch versuchen mit ihm eine ähnliche Freundschaft wie mit Neil oder Leo haben. Selbst mit Philipp hat es sich so leicht angefühlt, direkt von Anfang an.

Als der Prof das Ende des Unterrichts verkündete, rannte ich schnell aus dem Raum und eilte zur Tür an der ich auf Patrick warten wollte und stellte mit Entsetzen fest, dass im Raum niemand mehr drin war. Ich lief die Treppen hinunter und dann auf die Straße um nachzusehen, ob sein Motorrad noch da war. Aber ich konnte es nirgendwo finden. Er war bereits weg. Ich musste mir also einen anderen Tag dafür aussuchen müssen an dem ich ihn zur Rede stellen könnte.

Hin und zurück Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt