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Emilie P.o.V

Ich zitterte, wahrscheinlich weil ich wütend war. Oder will die Kälte durch die nassen Wände kroch, wie eine Maus durch ihr Loch.

Ich saß in der hintersten Ecke des Raumes in einer kleinen Pfütze. Wahrscheinlich wundert ihr euch wo ich bin, nun sagen wir es mal so. Bellamy ist nicht ungeschoren davon gekommen, nur hatte es mich wesentlich schlimmer getroffen.

,,Verpiss dich", knurrte ich die Person an, die gerade den Kellerraum betreten hatte. ,,Ich muss deine Wunden versorgen.", antwortete er mir und kniete sich vor mich. ,,Verschwinde.", zischte ich ihn an und quetschte mich noch weiter in die Ecke. ,,Du siehst schrecklich aus." Ich reagierte nicht, sondern legte meinen Kopf auf meine angewinkelten Knie, sodass meine Haare mein Gesicht bedeckten und wippte dabei immer wieder hin und her. Ich hatte meine Augen geschlossen und versuchte meine Atmung unter Kontrolle zubekommen.

5 Tage. 5 verdammte Tage saß ich nun schon hier. Und er war nicht einmal hier unten aufgetaucht. Ich fühlte mich leer. Ich merkte wie ich langsam den Verstand verlor.

,,Hey Emilie." Jemand rüttelte an meiner Schulter. ,,Fass mich nicht an.", knurrte ich, aber bewegte mich keinen Zentimeter. ,,Aber ich mu-....", begann er und wurde von mir unterbrochen. ,,Du musst gar nichts Hadis. Also hau ab." ,,Abe-..." ,,Kein aber. HAU ENDLICH AB.", ich hob meinen Kopf und schaute ihm in die Augen. Eine einzelne Träne rollte von meiner Wange und tropfte auf meine total durchnässte Jeans. ,,Und komm nie wieder."

Die Tür knallte ins Schloss. Doch dieses mal hörte ich den Schlüssel nicht, der im Schloss umgedreht wurde. Langsam zog ich mich an der Wand hoch. Mein Bein schmerzte genau so wie mein Kopf und mein Bauch. Vielleicht war ich zu stolz diese Schmerzen zuzugeben und vielleicht  war ich auch zu stolz die Wunden behandeln zu lassen, dennoch war es mittlerweile Zeit. 

Mit langsamen Schritten ging ich auf die Tür zu. Ich holte einmal tief Luft und drückte die Klinke runter. Ich schaute in einen schwach beleuchteten Flur. Die Glühbirne hing nur noch mit einem Kabel an der Decke und flackerte langsam vor sich hin. Von der Decke tropfte langsam Wasser, dass platschend in kleinen Pfützen landete. Die Wände waren feucht und vereinzelt waren kleine Flächen, wo sich Schimmel abgesetzt hatte. Ich war mir ziemlich sicher, wenn man längere Zeit hier unten verweilte wird man entweder Verrückt, Erfriert oder stirbt an einer Vergiftung durch Schimmelpilz.

Langsam und leise tapste ich durch den Flur und zuckte bei jedem Geräusch zusammen. Meine nackten Füße spürte ich kaum und mit Mühe schaffte ich es meine Augen geöffnet zu halten und nicht hinzufallen. Ich war mit den Nerven total am Ende. Jede einzelne Faser an meinem Körper schmerzte.

Ich öffnete die Tür zum Erdgeschoss. Der Flur war leer. Vor einem Bild von Bellamy und den anderen blieb ich stehen. Langsam steckte ich meine Hände danach aus und nahm es vom Nagel an der Wand. 

Ich starrte das Bild an. 

Mit einem lauten Knall landete es direkt vor meinen Füßen und zersprang in tausend kleine Teile.

,,Ich konnte seit fünf Tagen ihre Wunden nicht heilen, sie wird verbluten wenn wir sie nicht hoch holen.", hörte ich Hadis aufgebrachte sagen und lief leise zum Besprechungsraum. ,,Sie hat selber Schuld.", hörte ich seine Stimme nach fünf Tagen das erste mal wieder. ,,Sie wird verrückt da unten. Jedes mal wen ich komme sagt sie mir das ich verschwinden soll. Ich darf sie weder anfassen noch mit ihr reden. Sie sitzt immer in der gleichen Ecke. In einer Pfütze. Sie hat IMMER ihre Haare im Gesicht, ihre Knie angewinkelt und ihren Kopf auf ihre Knie gelegt. Und sie wippt immer hin und her. Heute hat sie mich zum ersten mal angeguckt. Sie hat geweint Bellamy. Und sie meinte zu mir ich soll ab hauen und nie wieder kommen. Ich kann das nicht mehr Bellamy. Entweder stirbt sie weil sie verhungert den essen tut sie auch nicht, sie erfriert oder sie bringt sich irgendwann selbst um." ,,Bring sie hoch.", war das einzige was er darauf antwortete. 

Leise öffnete ich die Tür zum Büro und lief zum Schreibtisch. Ich riss Bellamys Autoschlüssel vom Tisch, genau so wie mein Handy und knallte die Bürotür nicht gerade sanft wieder zu.

Mit schnellen Schritten rannte ich in die Lagerhalle. Ich versuchte die Schmerzen aus zu blenden, was mir nur schwer gelang. Es würde  nicht lange dauern, in dem sie merken, dass ich weg war. Ich rannte auf Bellamys Auto zu und stieg ein. Keine Sekunde zu spät. Mein Shirt war blutgetränkt. Ich startete den Motor und hatte damit die Komplette Aufmerksamkeit der Lagerhalle. Keine Sekunde später erschien Bellamy, Hadis und alle anderen in der Lagerhalle. Viele Waffen wurden von allen Richtungen auf mich gerichtete. ,,Emilie, mach den Motor aus.", hörte ich ihn durchs geöffnete Fenster sagen und zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Hadis mit kurzen fast unbemerkten Handbewegungen die Leute auf die anderen Autos verteilte. ,,Ich hasse dich Bellamy Kane.", und mit diesem Satz rammte ich den Rückwärtsgang rein, drehte mich zur Heckscheibe um und gab Gas. In einem elegantem aber dennoch schnellem Bogen drehte ich das Auto und drehte mich wieder zum Tor. Es war geschlossen und das wird auch so bleiben. Ich schaltete blitzschnell in den ersten Gang, ließ die Kupplung kommen und gab Gas. Meine Handknöchel schimmerten weiss so fest umklammerte ich das Lenkrad. Vor meinen Augen bildeten sich langsam schwarze Flecken, was mich dazu veranlasste meine Hand zu meiner Bauchwunde zu bewegen. Der gesamte Sitz und meine Kleidung waren voller Blut, aber ich musste durchhalten. 

Ein lauter Knall holte mich aus meinen Gedanken. Ich hatte es geschafft mit dem Auto durch das Tor zu fahren, dass Problem war nur das ich mich dabei gedreht hatte. Ich schaltete also wieder in den Rückwärtsgang und fuhr mit voll Gas durch das zweite aber geöffnete Tor auf die Straße. Mit einem schmerzverzerrtem Gesicht und einer zittrigen Hand schaltete ich in den ersten und fuhr mit voll Gas und quietschenden Reifen die Straße entlang. 

Ich konnte kaum die Spur halten, so sehr schmerzte mein Bein und mein Bauch. Die schwarzen Flecke vor meinen Augen wurden immer größer, aber dennoch animierte ich mich dazu wach zu bleiben. Immer wieder schaute ich kurz in den Rückspiegel. Um mich zu vergewissern, das ich schnell genug war. Kurz vor der Stadt verlor ich die Kontrolle. Ich schrie vor Schmerz und nahm meine Hände vom Lenkrad, nur um sie an meinen Kopf zuhalten. Ich hatte die Augen geschlossen. Mein Kopf knallte auf den Airbag. 

Das Auto began zu qualmen. Langsam hob ich den Kopf. Und starrte direkt in einen Baum.

Mein Arm war fast taub. Aber dennoch schaffte ich es die Tür zu öffnen. Mit meiner letzten Kraft zog ich mich aus dem Auto und landete mit einem lauten Schrei im Sand. Meine Bauchwunde brannte und mein Bein spürte ich nicht mehr. Meine Hand zitterte als ich mein Handy aus meiner Jeans zog. Ich sah den Bildschirm nur verschwommen, dennoch schaffte ich es seine Nummer zu wählen. 

,,Ja Jackson hier?!", meldete er sich. Er klang gestresst, aber das war mir momentan relativ egal. ,,Ja-cks-on", flüsterte ich mit zitternder Stimme ins Telefon. ,,Emilie?! Wa-", hörte ich ihn weit entfernt sagen, das Telefon drohte mir aus meiner Hand zufallen. ,,Bitte, Hilf m-ir" und mit diesen Worten rutschte mir das Telefon aus der Hand. Mein Kopf knallte auf den sandigen Boden. 

Weit entfernt hörte ich Jacksons Stimme durchs Handy. Ich hörte eine Frau schreien und einen Mann einen Krankenwagen rufen. Ich hörte wie mehrere Autos mit quietschende Reifen zum stehen kamen. Ich hörte wie Fahrzeugtüren geöffnet und zugeschlagen wurden. Dann hörte ich  Schritte auf dem Sand. 

Sie waren da. Ich war ihnen nicht entkommen.

Bellamy war da. Ich war ihm nicht entkommen.

Ti AmoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt