Verfolgt

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Als ich meine Augen öffne, ist alles um mich herum hell. Viel zu hell, weshalb ich meine Augen direkt wieder zusammenkneife und erst einige Augenblicke später erneut versuche sie zu öffnen, diesmal jedoch behutsamer als das Mal zuvor. Es kommt mir so vor, als hätte ich Tage lang geschlafen, und doch fühle ich mich total schlaff und ausgelaugt. Es dauert etwas, bis ich realisiere wo ich bin.
Der Raum ist nicht all zu groß und wirkt mit den weißen Wänden und den cremefarbenen Plastikmöbeln nicht gerade einladend.
Egal wie schlecht es mir geht, ich würde wohl immer die Zimmer des Ott Krankenhauses wiedererkennen. Als Kind war ich oft hier. Schon immer hatte ich wohl eine natürliche Begabung dafür mich in Schwierigkeiten zu bringen und meine Mutter hat mich so oft hier einliefern müssen, das wir mit allen Ärzten der Notaufnahme per du waren.
Jetzt liege ich allein in diesem Zimmer, blicke an die Decke und versuche mich an das zu erinnern, was geschehen ist. Weshalb ich hier bin und wie ich überhaupt hier her gekommen bin. Alles scheint seltsam ungreifbar zu sein, wenn ich versuche daran zu denken. Es bleibt mir nur ein Gefühl. Eine Angst, wie ich sie schon lange nicht mehr gespürt habe und eine Kälte. Beinahe so, als wäre sie aus ihrem Grabe auferstanden, um mich heimzusuchen. Nicht nur in meinen Träumen und Gedanken, nein diesmal auch im realen Leben.
Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper bei diesem Gedanken und mir wird schlecht. Ich atme tief durch, versuche an etwas anderes zu denken.
Langsam setze ich mich auf. Versuche die Schmerzen in meinem Kopf und den Rest meines Körpers zu ignorieren. Um mich herum dreht sich alles, mühsam klammere ich mich in meiner Decke fest, als die Tür sich zu meinem Zimmer öffnet und eine Schwester, mittleren Alters und einem frechen Kurzhaarschnitt, eintritt und mich anlächelt.
,,Guten Tag. Wie fühlst du dich?", erkundigt sie sich direkt und kommt zu mir ans Bett.
,,Gut.", gebe ich meine Standartantwort auf solche Fragen, wärend ich alles über mich ergehen lasse, was sie mit mir anstellt. Es kostet mich meine ganze Selbstbeherrschung nicht zu schreien, als sie mich berührt.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal eine solch ruppige Pflegerin hatte. Zwar nett, doch scheint sie keinerlei Gefühl in ihren Händen zu haben.
,,Du hast schrecklich ausgesehen, als du eingeliefert wurdest. Wir dachten erst, Herr Smoker würde uns eine Leiche herbringen."
,,Smoker-ya hat mich hergebracht?", frage ich sie und komme mir ziemlich erbärmlich vor.
Schon wieder hat mir Smoker das Leben gerettet. Wie kann ich mich nur je bei ihm bedanken?
,,Ja. Er hat dich im Wald gefunden. Soviel hat er uns erzählt. Scheinbar gab es irgendwelche Ermittlungen, weshalb er dort Streife ging und dich gefunden hat. Sag aber bloß keinem, dass du das von mir weist, streng genommen dürfte ich das auch gar nicht wissen."
Ich nicke nur leicht und lege mich wieder zurück.
,,Herr Smoker hat mich geben dir auszurichten, sobald du aufwachst, sollst du dich bitte bei ihm melden."
Erneut nicke ich, ehe sie aus dem Raum geht.
Ermittlungen? Mitten im Wald? Suchen Sie vielleicht einen Mörder oder etwas der gleichen?
Langsam kommt mir alles wieder in den Sinn. Ich wurde verfolgt. Kann es sein, das ich von dem verfolgt wurde, was Smoker sucht? Möglich wäre es.
Erneut richte ich mich auf. Schaue mich um. Auf einem Stuhl, gegenüber meines Bettes, liegen frische Klamotten und auf meinem Nachttisch liegt mein Handy, was starke Kratzer und Sprünge auf dem Display hat. Wohl durch den Sturz im Wald. Ich nehme es zur Hand und rufe direkt Smoker an. Seine Nummer habe ich seit dem Vorfall. Er wollte immer wissen wenn etwas ist, hat mir immer versichert, das er für mich da ist. Mein Herz klopft mir bis zum Halse, bei jedem Rufton, den mein Handy von sich gibt. Die Zeit bis seine Mailbox ran geht, kommt mir so unglaublich lang vor, doch als ich schließlich die Bandansage höre, atme ich erleichtert auf und lege auf. Ich mag Smoker, nur ist es mir so schrecklich unangenehm ihn anzurufen.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, das es kurz nach drei Mittags ist. Den kompletten Vormittag habe ich also verschlafen.
Den nächsten Anruf den ich tätige ist bei meiner Mutter. Sie soll mich nach hause holen.

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Am Nächsten Morgen werde ich schließlich entlassen. Meine Mutter hat mich auf eigene Verantwortung nach hause geholt. Das muss man ihr lassen, bei solchen Angelegenheiten ist auf sie verlass. Niemand redet gern mit meiner Mutter und schon gar nicht gern diskutiert man mit ihr.
Direkt als ich nach Hause gekommen bin, habe ich mich in mein Bett gelegt, wo ich jetzt auch noch liege. Smoker-ya hatte mich zwischenzeitlich angerufen und meinte, er würde heute noch vorbeikommen. Er wollte nur kurz mit mir reden. Bei unserem Gespräch am Telefon hat er sehr angespannt geklungen und was noch viel schlimmer für mich ist, besorgt, denn wenn Smoker schon besorgt klingt, muss etwas schlimmes vorgefallen sein. Bevor er aufgelegt hatte, meinte er noch, ich solle nicht mehr raus gehen. Schon gar nicht allein. Normalerweise wäre es mir egal, was andere mir sagen, doch bei Smoker ist es etwas anderes. Sein Wort hat mehr Bedeutung für mich, als das meiner Eltern. Was die fette und der geldgierige Arsch mir sagen, ist mir seit jeher egal.
Ich stehe auf, ziehe mir eine Jeans und einen frischen Pulli an und gehe anschließend in unser kleines Bad, wo ich mich im Spiegel betrachte. Das ich schrecklich aussehe, fällt sogar mir auf. Meine Haut wirkt blass und gräulich, die Schatten unter meinen Augen sind noch stärker und das Pflaster auf meiner Stirn, das über der zugenähten Platzwunde von gestern abend klebt, bildet mit seiner braunen Farbe, einen unschönen Kontrast zu meiner Hautfarbe.
Was soll Smoker nur von mir denken, wenn er mich so sieht? Er wird sich nur mehr Gedanken um mich machen.
Ich zupfen etwas an meinen Haaren herum, versuche das sie etwas besser aussehen, was jedoch schier unmöglich ist. Mir kommt es so vor, als hätten sie nie schlimmer ausgesehen.
,,Law. Komm sofort runter!", erklingt die Stimme meiner Mutter.
Wieder mal schreit sie lieber von unten durch das ganze Haus, anstatt einfach nach oben zu kommen. Naja bei ihrer Masse ist es ihr wohl nicht mehr möglich nach oben zu kommen. Wahrscheinlich würde sie im schmalen Treppenhaus steckenbleiben.
Unmotiviert komme ich aus dem Bad. Ich bin gerade auf der ersten Treppenstufe, als meine Mutter erneut schreit: ,,Beweg deinen faulen Arsch hier runter!"
,,Ich komme doch schon.", murre ich, gehe jedoch nicht davon aus, dass sie mich gehört hat, denn sie schreit Shia an, der mit Penny spazieren gehen soll.
Wärend ich mir einen Weg über die zugemüllte Treppe suche, höre ich meiner Mutter zu, wie sie mit jemanden spricht. Kurz glaube ich, Smoker könnte schon da sein, doch wäre es wirklich er, würde meine Mutter nicht so vulgär klingen. Bei ihm reist sie sich immer zusammen, da sie bedenken hat, er würde mich ihr wegnehmen. Sie scheint mich auf ihre Art wohl doch irgendwie zu lieben.
,,Law! Beeil dich endlich du dummes Stück.", schreit sie und will am Ende wohl noch eine Drohung aussprechen, doch da ich schon in der Tür stehe, spart sie es sich.
,,Das nächste Mal beeilt du dich, sonst hau ich dir auf die Fresse."
Ich beachte sie kaum. Ich hätte mit jedem gerechnet, doch nicht mit Kid und Killer, die äußerst eingequetscht auf unserer Bank sitzen und mich anschauen.
,,Hallo.", grüßt Kid und lächelt mir aufmunternd zu.
,,Hallo.", murmele ich leise.
Ich bin so überrascht von ihrem plötzlichen auftauchen, das ich den Befehl meiner Mutter erst beim zweiten mal wahrnehme.
,,Du sollst was zu trinken holen. Bist du taub oder einfach nur dumm? Willst du das deine Mutter verdurstet? Mein Leben habe ich für dich gegeben, immer gearbeitet und so bekomme ich es gedankt.", meckert meine Mutter und verteilt ihr Gewicht etwas nach vorn, wobei der Stuhl auf dem sie immer sitzt, ein gefährliches Knacken von sich gibt.
Auf dem Absatz drehe ich mich um und eile in den Keller, wo ich erstmal durchatme und versuche mich zu beruhigen.
Was die beiden hier wohl wollen? Sie scheinen ja mit Smoker befreundet zu sein, wahrscheinlich haben sie von ihm gehört, was vorgefallen ist. Doch warum sind sie persönlich hier? Wollen sie sich mit eigenen Augen davon versichern, das ich immer noch lebe?
Ich schmunzele leicht, schnappe mir ein paar Flaschen verschiedener Getränke und gehe wieder hoch.
,,Wie ist er in der Schule?", erkundigt sich meine Mutter gerade, als ich wieder oben in der Küche bin und alle Flaschen in die Nähe meiner Mutter stelle.
,,Law ist der beste aus der Klasse. Immer freundlich.", beginnt Kid, wird jedoch barsch von ihr unterbrochen.
,,Hier ist er ja ganz anders. Law ist ein richtiges Problemkind. Seit Jahren ist er in Therapie. Nach dem Unfall war er sogar in der geschlossene. Wir kommen kaum mit ihm klar. Und dann diese ganzen Selbstmordversuche. Das sie das in der Klasse nicht mitbekommen. Es ist so schlimm ihn hier zu haben. Sein Vater kam überhaupt nicht mit ihn klar. Hat ihn mir geschickt. Klar kommt dieser Penner nicht mit ihn zurecht. Ist immer nur am Arbeiten oder vögelt seine Angstellten.", beschwärt sich meine Mutter.
Sie scheint nur dann glücklich zu sein, wenn sie andere fertig machen kann oder sich bei anderen zu beschwären, wie schwer sie es doch hat. Jeder ihrer Freunde und Bekannten weiß über ihr schweres Los bescheid, ob es die anderen nun interessiert oder nicht.
Am liebsten wären ich im Erdboden versunken, nachdem sie das Kid und Killer erzählt hat. In mir breitet sich einen gewohnte Kälte aus. Ich hasse es wenn über mich erzählt. Vorallem wenn sie von dem Unfall spricht, wie sie es nennt. 
Ich beobachte meine Lehrer, die ziemlich gefasst wirken. Sie wirken, als hätten sie es jeden Tag mit Menschen wie meiner Mutter zu tun.
,,Genau deswegen sind wir hier. Wir sind eng mit Herrn Smoker bekannt. Er hat uns gebeten auf Law in nächster Zeit acht zu geben, weshalb wir ihn gern mitnehmen würden. Es wäre nur für ein paar Tage.", erklärt Kid mit einer Überzeugung, als wäre es das normalste der Welt, das ein Lehrer seinen Schüler mit zu sich nehmen will.
Meine Mutter starrt ihn lange an. Mit ihrem leeren Blick und dem leicht offen stehenden Mund, wirkt sie wie eine unterbelichtete Missgeburt eines misslungenen Experimentes.
,,Warum?", fragt sie nach einer ziemlich langen Pause.
,,Es ist sicherer.", antwortet Kid.
,,Packst du bitte deine Tasche? Wir wollen gleich los.", meint Kid nun an mich gewandt.
Er schaut meine Mutter so einschüchternd an, dass sie es nicht wagt zu widersprechen.
Als ich nach oben gehe und meine Sachen packe, weiß ich, dass das ein nachspiel haben wird, wenn ich wieder da bin, doch erstmal bin ich nur glücklich hier weg zu kommen. Und dann auch noch zu Kid, wo ich ihn doch eh so gern habe. Vielleicht werden diese Ferien doch noch gut.

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So, ich melde mich dann auch mal wieder. :)
Nach gefühlten Jahren gibt es hier auch mal wieder ein Kapitel. Langsam habe ich mich dann auch entschieden in welche Richtung es gehen soll :D
Ich freue mich immer über Kommentare ^_^

Death women revengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt