Leb wohl

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Mit meiner gepackten Tasche laufe ich nach unten. Kid und Killer sind bereits aufgestanden und stehen mit verschränkten Armen in der Küche. Sie lächeln mich an, als sie mich sehen. Bis eben habe ich mich gut gefühlt. Ich war glücklich aus diesem Haus zu kommen. Ein wenig Zeit mit den beiden zu verbringen, doch jetzt ist mir gar nicht mehr wohl bei dem Gedanken von hier weg zu gehen. Es fühlt sich endgültig an. Ich schaue zu meiner Mutter, die verbissen versucht sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, doch sie war noch nie eine gute Schauspielerin. Auf ihrem Gesicht wechselt sich Wut mit Trauer ab. Was Kid wohl zu ihr gesagt hat, nachdem ich nach oben gegangen bin?

,,Wir gehen vor. Komm nach, wenn du fertig bist.", sagt Kid, nimmt mir meine Tasche ab und geht mit Killer schon mal raus.

,,Viel Spaß. Melde dich wenn du angekommen bist.", sagt sie und müht sich ein lächeln ab.

,,Leb wohl", verabschiede ich mich.

Wir schauen uns stumm in die Augen. Damals, kurz bevor sie mich entführten, sagte ich ebenfalls diese Worte zu ihr. Ich hatte es schon immer im Gefühl, wenn irgendetwas am kommen war. Wenn mir bald etwas passieren würde. Etwas großes. Damals wusste ich nicht, ob ich dieses Haus je wieder betreten würde, doch diesmal bin ich mir sicher. Ich werde nie wieder auch nur einen Fuß über die Schwelle dieses Hauses setzen.

,,Du meinst Tschüss.", korrigiert sie mich barsch, doch mit einem deutlich hörbaren Zittern in der Stimme.

,,Leb wohl stimmt schon. Ich komme nicht wieder Mutter."

Ich erkenne mich selbst kaum wieder. So kalt habe ich seit langem nicht mehr geklungen. So leer habe ich mich seit ich zu Kid in die Klasse gekommen bin nicht mehr gefühlt.

,,Tu mir das nicht noch mal an."

Das verzweifelte Gesicht meiner Mutter weckt in mir schon beinahe etwas wie Zufriedenheit.

,,Die Zeit war nicht nur für dich schlimm. Ich bin immer noch deine Mutter. Weist du wie es sich anfühlt, wenn man nicht schlafen kann, weil man dauerhaft darauf wartet, das man eine Nachricht der Polizei bekommt? Jede Minuten war ich voller Angst, du könntest Tot sein."

Ich schaue meine mittlerweile weinende Mutter einfach nur an. Sie sollte mir leid tun, doch ich empfinde nichts mehr als ekel, wenn ich sie so sehe. Wenn sie weint, ist sie sogar noch hässlicher als normal.

,,Ich weis nicht wie du dich gefühlt hast, ich denke jedoch nicht all zu viel schlimmer als ich. Nicht mal im Traum kannst du dir vorstellen, wie ich mich gefühlt habe. Du warst in Sicherheit, musstest nichts fürchten. Ich habe zwei Jahre lang jede Sekunde in Angst gelebt. Jede Sekunde gelitten. Heul bloß nicht rum, nur weil du dich gesorgt hast.", fahre ich sie an.

Anders als erwartet, blickt sie mich direkt an. Noch immer weint sie.

,,Es tut mir leid. Es tut mir so leid, das ich dich nicht beschützt habe, das diese Frauen dir all das angetan haben."

Erstaunt erwidere ich ihren Blick. Sie breitet ihre Arme aus. Obwohl ich eigentlich die Berührungen von Frauen meide und meine Mutter eigentlich nicht ausstehen kann, umarme ich sie, lasse mich sogar von ihr auf die Stirn küssen ohne mich zu wären oder mich vor Ekel zu schütteln.

,,Ich komme trotzdem nicht wieder. Leb wohl."

Ich lasse sie los und drehe mich um.

,,Leb wohl. Ich liebe dich, mein Schatz."

Die Worte meiner Mutter begleiten mich nach draußen. Es tut weh, dass das wohl die letzten Worte sind, die ich mit meiner Mutter gewechselt habe. Vor allem, hat sie nun endlich die Worte ausgesprochen, die ich unbedingt von ihr hören wollte. Sie wird wohl auch wissen, das wir nie wieder miteinander sprechen werden. Für mich ist dieser Abschnitt meines Lebens vorbei, doch wie viele werde ich noch vor mir haben? Meines Gefühls nach, gehe ich gerade in meinen letzten und in einen verdammt kurzen noch dazu.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 06, 2017 ⏰

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