Mind Reader

Geständnisse waren noch nie meine Stärke

Ausnahmsweise kann ich ausschlafen und lernen muss ich heute auch nicht. Ich habe letzte Woche alle Prüfungen geschrieben. Jetzt ist das einzige was mich belastet die Frage: „Was soll ich heute machen?“ Da es erst 10 Uhr ist, gehe ich jetzt einfach mal duschen. Danach noch ein bisschen Facebook? Egal, erst mal duschen!

Mittlerweile stehe ich schon seit 20 Minuten unter der Dusche und denke über den Unterschied von Pflaumen und Zwetschgen nach. Sie sind beide lila, oval und schmecken gut. Also gibt es keinen Unterschied. So leicht ist das. Langsam sollte ich mal aus der Dusche gehen. VERDAMMT! Heute kommen Mama und Papa wieder und ich hab mein Zimmer noch gar nicht aufgeräumt! Das gibt Tote. Außerdem wissen sie noch gar nichts von dem Konzert-Entführungs-Delikt-in-den-Flo-verwickelt-war Vorfall. Das komische ist außerdem, dass sie noch nicht einmal etwas davon wissen, dass ich in ihre Köpfe gucken kann. Ich denke, dass das wirklich besser ist, weil so kann ich sehen welche Strafen ich bekommen würde, wenn ich etwas Böses tun würde. So lässt sich das ganze vermeiden, indem ich gar nicht erst etwas Böses tue. Mir fällt gerade auf, dass wirklich nur meine Tante davon weiß, dass ich in andere Köpfe gucken kann. Ist manchmal echt problematisch, wenn man seinen Eltern erklären muss, warum man mit seiner Tante bis spät abends im Zimmer sitzt und irgendwas kocht.

Okay, wo fange ich am besten an? UNTERM BETT! Danach die Wäsche aufsammeln und wenn sie dann Heim kommen, an den Schreibtisch setzen und so tun als würde man lernen, damit man toll da steht. Ich bin ein Genie. Ich sollte Ratgeber schreiben. „Wie man die perfekte Tochter ist“ und „Wie man Leuten erklärt, dass man nur mit dem Boden kuschelt“.

Mein Zimmer sieht doch ganz akzeptabel aus, wenn man von der Tatsache absieht, dass ich den Großteil meiner Sachen in den Schrank gestopft habe, aber das muss ja niemand wissen. Bis sie kommen kann ich mich in mein Bett legen und Musik hören. Nachdem ich mich wie ein schwangeres Walross mit Rückenbeschwerden auf mein Bett geschmissen habe, habe ich die Musik angemacht und festgestellt, dass Little Mix immer noch in den Fängen von diesen widerlichen Entführern sind, während ich sogar ungefähr weiß, wo sie sich befinden und nichts dafür mache, sie zu retten. Wenn Mama und Papa da sind und wir uns alle begrüßt haben, muss ich sofort zu Alex. Irgendwie muss sie mithelfen, sie war schließlich dabei. Natürlich muss ich sie dann auch mit meiner etwas sonderbaren Eigenschaft bekannt machen. Ich kann mir ihre Reaktion schon vorstellen. “Ähm Alex? Also..ich..kann Gedanken lesen, seitdem ich 14 Jahre alt bin?“ “STIRB STIRB STIRB STIRB!“ Das schreit sie während sie mit einer Zeitung auf mich einschlägt. So wird das ablaufen. Oder sie meldet sich einfach nie wieder bei mir, aber ich muss ihr das erzählen, egal was meine Tante oder sie dazu sagen.

Eltern erfolgreich angekommen. Begrüßung; erfolgreich. 10 minütiges Gespräch geführt; erfolgreich. Jetzt muss ich so schnell wie möglich zu Alex! Schnell schicke ich ihr eine Sms „ich komm jetzt zu di“. Ich hab doch gesagt, dass ich ihr SCHNELL eine Sms schicke.

Ist es ok, dass ich mir blöd vorkomme, weil ich schon 10 Minuten vor ihrem Haus stehe und mich nicht traue zu klingeln, weil ich Angst vor dem Gespräch habe? Ich denke schon. Mit der Geschwindigkeit einer Schnecke mit Gehfehler, bewege ich meinen Finger Richtung Klingel. Plötzlich durchzuckt mich etwas wie ein Blitz und lässt mich vorzeitig Klingeln. „VERDAMMT, ICH WAR MENTAL NOCH NICHT SO WEIT!“ schreie ich rum, als wäre ich gerade ungewollt entjungfert worden. Noch könnte ich mich hinter einem Busch verstecken, aber das wäre etwas unvorteilhaft, weil ich dann bestimmt nicht noch einmal klingeln würde. “Flo?“ Alex reißt mich aus meinen, durchaus wichtigen, Gedanken und starrt mich an, als wäre ich ein Minion. „Sieht ganz so aus, wa?“ Als ich versuche durch den kleinen Spalt zwischen der Tür und Alex zu schlüpfen, passiert was passieren musste. Ich bleibe hängen und Alex fängt an zu lachen. „Lach mich doch nicht aus! Der Spalt war so klein!“ schmolle ich. Vielleicht sollte ich mal ein bisschen Sport mac-. Nö. Der Schulsport und das morgendliche Joggen sollten reichen.