Sound of silence [Draco Malfoy]

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Der Schnee knirschte unter seinen Schuhen, als er über den einsamen und verlassenen Friedhof ging. Wer würde auch schon in dieser Zeit einen Grabesbesuch abhalten wollen? Weihnachten stand kurz vor der Tür, was die Zeit der Liebe, Gefühle, sowie auch der Freude bedeutete. Doch er verspürte nur ein schwarzes Loch in seiner Brust, je näher er dem Grab kam. Jedes Jahr kehrte er hierhin zurück und jedes Jahr war er fast psychisch am Ende, als er die Inschrift las. Ein schweres Seufzen entstieg seiner Kehle.

In seiner Schulzeit hatte er nie sonderlich was mit dem begrabenen Jungen zu tun gehabt, dennoch war er ein recht lebensfroher und geselliger Mensch gewesen, zudem hat er einen hohen Beliebtheitsgrad bei allen Schülern gehabt. Er jedenfalls konnte sich nicht daran erinnern, dass der Verstorbene von irgendjemand gehasst wurde.

„Ich bin wieder da", flüsterte der junge Mann und fuhr über den Grabstein. Er sprach mit ihm seit der Beerdigung. Dort hielt er sich jedoch im Hintergrund auf. War wie ein Schatten, der von niemandem beachtet wurde. Danach war er jedoch an das Grab herangetreten und hat geweint, bis er angefangen hat, mit ihm zu reden. Als er anschließend wieder nach Hause gegangen ist, hat er sich selbst für lächerlich erklärt. Doch mit der Zeit begriff der junge Mann, dass ihm half. Ihm half es, sich mit einem Toten zu unterhalten. Ihm half es, sich einfach von der Seele zu reden, ohne, dass über ihn jemand urteilte.

„Ich habe dir wieder Blumen mitgebracht. Tatsächlich habe ich es geschafft, dieses Jahr nach Rumänien zu reisen, um dir Drachenfeuerzungen mitzunehmen", sagte er und lächelte leicht. Drachenfeuerzungen waren wunderschöne, rote Blumen, die gewellte Blütenblätter hatten, welche an die Zunge eines Drachen erinnerten. Jedoch waren diese Pflanzen nur in besonderen Zauberergeschäften in Rumänien zu finden. Sie wurden extra in den Wintermonaten gezüchtet, da die Blumen sehr zäh waren und auch dem westlichen Klima entgegenstrotzten.

„Es tut mir übrigens leid, dass ich die letzten zwei Wochen nicht vorbeigesehen habe. Mein Sohn hat zurzeit sämtliches Gefühlschaos und ich versuche, für ihn da zu sein. Weißt du, er hat sich in deine Nichte verliebt." Der junge Zauberer lächelte schwach und auf seinem Gesicht traten Falten auf, die ihn um mehrere Jahre älter erscheinen ließen.

„Sie ist ein sehr cleveres Mädchen, ganz wie ihre Mutter. Das Aussehen allerdings hat sie aber eindeutig von deiner Familie geerbt. Ich wünschte, du hättest die Chance, deine vergrößerte Familie kenn zu lernen. Ich wünsche es mir so sehr", murmelte er und das Lächeln erstarb wieder.

Kurz schloss er die Augen und genoss die angenehme Stille um ihn herum. Nur hier und da konnte er das Flattern von Flügeln hören, was wohl von den verbleibenden Spatzen stammen musste, die noch nicht in ihren Nestern waren. Die Luft war recht kühl, doch seine Figur zierte ein schwarzer, dicker Mantel, sowie auch einer schwarzen Mütze. Nur allzu gern hatte er jene Kleidungsstücke auch in seiner Schulzeit angehabt. Natürlich war der Mantel jetzt etwas kürzer, doch trotzdem brachte er es nicht über sein Herz, ihn wegzugeben. Er verband zu viele Erinnerungen mit ihm.

„Wo auch immer du bist, ich hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst", flüsterte er und legte die Blumen auf das Grab. „Es tut mir leid", fügte er noch hinzu und ballte seine Faust, damit sie nicht das Zittern anfing.

„Du kannst nach all den Jahren immer noch nicht aufhören, dir die Schuld zu geben, Draco Malfoy?", fragte eine raue Stimme, die ihn erschaudern ließ.

Er schluckte schwer. „Als ob ich das je könnte."

Eine hochgewachsene Gestalt trat an seine Seite. Zögerlich sah Draco hoch. Einzelne, rote Haarsträhnen lugten aus der roten Mütze hervor und die braunen Augen funkelten.

„Wie läuft das Geschäft, George Weasley?", fragte er leise und versuchte von dem Thema abzulenken.

„Gut", kam als knappe Antwort.

Draco betrachtete George. Nach jenem Tod hatte er sich drastisch verändert. Der Zauberer sprach nicht viel, zog sich zurück und war ein verschlossener, ernster Mann geworden.

„Du hast keine Schuld, Malfoy", sagte George mit dunkler Stimme, den Blick starr geradeaus gerichtet. Doch dann zuckte einer seiner Mundwinkel kurz nach oben. „Aber ich schätze es, dass du ihn immer noch besuchen kommst, obwohl das schon so lange her ist."

Draco schauderte leicht. „Ich versuche es, so oft ich kann."

Wissend nickte George. „Dann will ich dich mal nicht weiter stören", meinte er leise und streckte einen Arm aus, um sich am Grabstein kurz festzuhalten. George murmelte etwas unverständliches und Draco meinte für einen kurzen Moment, ein leichtes Schimmern in den Augen des Weasley-Jungen zu sehen, doch dann richtete sich George wieder auf.

„Mach es gut, Malfoy. Dir und deiner Familie noch eine schöne Adventszeit." Dann sah er ihn direkt an. Die Augen von ihm waren matt und trübe, ganz zu schweigen von den Augenringen, die einem Panda Konkurrenz machen konnten. Georges Gesicht war eingefallen und er wirkte mehr wie ein Toter, als ein Lebender. Nur sein Lächeln, welches er Draco gerade schenkte, war ein Zeichen seiner Lebendigkeit. Aufrichtig, mit einer optimalen Prise von Zuneigung.

Draco biss sich auf die Unterlippe. „Dank, dir und deiner Familie auch, Weasley."

Mit einem Nicken verabschiedete sich George, drehte sich wortlos um und lief wieder den Weg zurück, den auch Draco vorher entlanggelaufen ist.

„Du bist zu früh gegangen", murmelte er und streichelte über den Grabstein. „Du hättest bleiben sollen. Wie gerne würde ich mit dir den Platz tauschen. Deine Familie braucht dich. Ganz besondere George. Bei mir wäre es egal gewesen, aber du ...", Draco brach ab und schüttelte den Kopf. „Was soll's", meinte er mit einem Seufzen. Noch einmal berührte er die Inschrift. „Frohe Adventszeit, Fred Weasley. Ich hoffe, dass es dir gut geht, wo auch immer du bist", flüsterte er. Dann drehte auch er sich um und lief seinen Weg entlang.

„Dir auch, Draco Malfoy. Ich wünschte, du wüsstest, dass ich dir nie böse war. Ich wünschte, George wüsste, dass ich bei ihm bin. Ich wünschte, du würdest aufhören, dir Vorwürfe zu machen", sagte Fred, der die ganze Zeit über am Grabstein gestanden ist, um die Worte von Draco zu lauschen. Wie immer, antwortete er ihm. Doch auch dieses Mal wusste er, dass seine Stimme niemals zu den Lebenden durchdringen würde. Nachdenklich betrachtete er Draco, bis er immer unschärfer wurde und nur noch einzelne Fußspuren etwas von seiner Anwesenheit zeigten, die jedoch bald mit dem fallenden Schnee verdeckt werden ...

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