König des Waldes [Jily]

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Der Regen prasselte auf die Erde, während Lily weinend in Richtung des Großen Sees ging. In ihrer Hand hielt sie einen Brief, der schon ganz zerknittert war und das Papier Wellen aufwies. Zitternd setzte sich die junge Hexe ins Gras und ließ ihre Tränen weiterhin freien Lauf. Anfangs hatte sie sich über das Schreiben gefreut. Doch dies war, bevor sie den Umschlag geöffnet hatte und die Hassnachricht las. Es war nämlich ein Brief von ihrer Schwester gewesen. Lilys Verhältnis zu ihr war sehr angespannt, da Petunia ihr immer wieder einredete, dass die Hexe eine "Missgeburt" und ein "Freak" sei. Doch dieses Schreiben war weitaus schlimmer und ihre Worte schmerzten in Lilys Herzen. Es herrschte Krieg, die Abschlussprüfungen standen bevor und dann wäre noch die Sache mit James... Potter. Der Name spukte schon das ganze Jahr über in ihrem Gehirn. Doch es war nicht der alte Hass, den sie mit ihm verband. Nein. Es war mehr das Gegenteil. Der stets verstrubbelte Zauberer, hatte sich drastisch verändert. Er war ernsthafter und erwachsener geworden. Zudem hatte James aufgehört sie bei jeder Gelegenheit nach einem Date zu fragen. Oft stand der junge Mann einfach nur da und lächelte Lily schüchtern an. Mit der Zeit fing sie auch an, sein lächeln zu erwidern. In dem Fach Zaubertränke, musste der Rotschopf mit dem jungen Potter immer zusammen arbeiten und er erwies sich als intelligenter und eifriger Mitsreiter. Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen der Hexe, als sie an ihn dachte. Man konnte meinen, dass sich die junge Frau in James verliebt hatte. Und dies hatte sie auch. Doch war ihr Stolz noch zu groß, um jene Tatsache endlich einzusehen.

Ein Knacken ließ sie aufhorchen und brachte sie zurück in die Realität. Ihr Herzschlag beschleunigte sich und ihr Puls stieg an. Noch einmal lauschte Lily. Nichts. Hatte der sonst messerscharfe Verstand von ihr, etwa einen Streich gespielt? Nachdenklich runzelte der Rotschopf die Stirn. Scheinbar wurde sie doch verrückt. Ein Seufzen entfuhr ihr, als die Hexe nochmal einen Blick auf den Brief warf. Es wäre am besten, wenn die junge Frau das Schreiben vernichten würde und den Inhalt vergas.

Der Hirsch hatte die junge Frau schon eine Weile beobachtet. Er war sehr zornig. Jemand hatte seine Herzensdame zum Weinen gebracht. Wenn der Animagus herausfinden würde, wer das war, dann würde er ihn höchstpersönlich... "Krone!" Die zischende Stimme von Sirius riss ihn wieder aus seiner Gedankenwelt. Das Tier drehte seinen Kopf zu dem schwarzhaarigen Mann. "Komm endlich!", forderte ihn sein bester Freund auf. Die sturmgrauen Augen von Sirius Black sahen ihn eindringlich an. Doch Krone schüttelte den Kopf. Ein genervter Ausruf entkam der Kehle von seinem Gegenüber. "Pass aber auf, dass dich Lily nicht enttarnt. Jedenfalls gehen Moony, Wurmschwanz und ich auf unser Zimmer", meinte sein Freund und verschwand. Moony war der liebevolle Spitzname von seinem anderen Kumpel namens Remus Lupin. Wurmschwanz lautete der Nickname von Peter Pettigrew und auch Sirius hatte einen "zweiten Namen", der Tatze lautete. Die vier Freunde waren auch als "die Rumtreiber" bekannt und trieben ihr Umwesen auf Hogwarts. Zudem hatten sie alle eine Animagusform, damit Lupin die Mondlichtverwandlungen in einen Werwolf leichter fielen. Doch nun war kein Vollmond und James konnte sich voll und ganz auf Lily Evans konzentrieren, die immer noch zusammengekauert am Ufer des Großen Sees saß.

Langsam trat der imposante Hirsch aus dem Dickicht. Es hatten sich einige Blätter und Zweige in seiner Krone verfangen, doch er schüttelte sie elegant weg. Noch immer hatte die junge Hexe ihn nicht bemerkt und sah weiterhin auf den See. Sie gab einen friedlichen Anblick von sich und James musste leicht lächeln, sofern es für einen Hirsch möglich war. Vorsichtig kam er ihr immer näher und als das Tier sie leicht mit der Nase anstupste, schrie sie leicht auf.

Erschrocken sah Lily den Hirsch an. Was machte der König des Waldes denn hier? Wollte er ihr etwa Gesellschaft leisten? Zögerlich streckte sie die Hand aus. Von dem Tier ging keine Bedrohung, oder gar Gefahr aus. Da war sich der Rotschopf sicher. Der Kopf des Geweihträgers schmiegte sich sanft an ihre ausgestreckte Hand und ließ sich kraulen. "Wie hast du mich denn gefunden?", fragte sie leise, doch natürlich gab das Tier ihr keine Antwort. Es richtete nur den Blick auf Lily und kurz blieb ihr der Atem weg. So viel Intelligenz, Weisheit und Zuneigung waren in den haselnussbraunen Augen, dass der Hirsch eigentlich kein animalisches Wesen sein durfte... Doch der Aufblick kam ihr ebenfalls sehr bekannt vor. Er hatte den selben Ausdruck wie James. Selbst die Augenfarbe schien die gleiche zu sein. Sie schluckte schwer und zitterte leicht. Besorgnis und Verwirrung lag nun in dem Blick von dem Hirsch. "Du erinnerst mich an jemanden, weißt du?", flüsterte die junge Frau und streichelte noch mal seinen Kopf. Das Tier brummte leicht und schloss die Augen genießerisch. Sie beschloss, dem König des Waldes zu vertrauen und murmelte: "Er heißt James. James Potter. Ich konnte ihn über Jahre hinweg nicht ausstehen. Er ging mir gehörig auf die Nerven. Doch jetzt... Keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll. Doch James hat sich verändert. Es gefällt mir inzwischen sogar, von ihm umgeben zu sein. Er macht mich glücklich, weißt du? Zurzeit ist es nicht sehr einfach zu Hause. Petunia stresst mich noch mehr, als zuvor, der Krieg tobt draußen und bei ihm fühle ich mich ziemlich wohl." Lily lächelte leicht. Vorsichtig stupste der Hirsch sie an. "Was ist denn? Willst du mir irgendetwas sagen?" Leicht dämlich kam sich der Rotschopf schon vor. Als ob er sie verstehen würde. Doch diese Intelligenz die in dem Ausdruck von ihm lag, glich so sehr der eines Menschen.

James konnte sein Glück kaum fassen. Empfand Lily wirklich etwas für ihn? Konnte er sie tatsächlich glücklich machen? Scheinbar, denn die junge Frau lächelte die ganze Zeit über, als diese von ihm sprach. Wieder stupste der Animagus sie an. Ob Lily ihn wohl verstehen würde? "Du willst, dass ich mit ihm rede?" Erstaunis, so wie auch Erkenntnis schwangen in ihrer Stimme mit und der Hirsch nickte. Die Hexe strahlte. "Danke". Sie drückte ihm einen Kuss auf den Kopf und James wäre errötet, wenn er sich nicht in der Gestalt des Tieres befunden hätte. "Vielleicht sehen wir uns wieder", verabschiedete sie sich von ihm und ging wieder in Richtung des Schlosses. Glückseelig sah James ihr hinterher. Doch dann fiel ihm ein, dass er schleunigst wieder zurückkehren sollte. Während er also durch den Wald lief, überlegte dieser, wo er am besten auf sie warten würde...

Lily trat in den Gemeinschaftsaal der Gryffindors. Nirgends hatte sie James gefunden, obwohl sie ganz Hogwarts abgesucht hatte. Umso erstaunter war die junge Hexe, als sie den Rumtreiber auf der Couch sah, mit einem Buch in der Hand. Je näher der Rotschopf ihm kam, desto mehr errötete sie. "James?", fragte sie vorsichtig. Der Angesprochene legte das Buch beiseite und sah auf. Sofort bildete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht, was seine Grübchen zum Vorschein brachte. "Oh, hey Lily. Was gibt's?" Wieder einmal fuhr er sich durch die Haare, die eh schon komplett zerzaust waren. Die junge Hexe nahm all ihren Mut zusammen und fragte schließlich: "Hast du dieses Wochenende schon etwas vor?"

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