Kommissar Winter erwachte spät am nächsten Morgen und musste sich sehr beeilen zur gewohnten Uhrzeit noch in der Dienststelle anzukommen. Er hatte gestern Überstunden geschoben, da ihn der Fall nicht mehr losgelassen hatte. Am Nachmittag kam noch ein Kollege der Spurensicherung zu ihm und berichtete, dass sie keine Fingerabdrücke am Tatort gefunden haben. Es gab auch keine Einbruchsspuren, was erneut darauf hindeutete, dass das Opfer seinen Mörder freiwillig hineingelassen haben musste.
Aber jeder Mensch hinterlässt Spuren und so haben sie wenigstens DNA sicherstellen können, die noch untersucht werden musste.
Mit leichten Kopfschmerzen betrat der Kommissar sein Büro und zuckte wie am letzten Tag kurz erschrocken zusammen, als sein Blick wieder auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch fiel. Schnell strich er über seine Stirn um seine Gedanken zu ordnen und lächelte seiner Kollegin, die wieder dort saß, zu. "Soll ich mich erst setzen, oder ist schon wieder was?", meinte er rhetorisch.
Als Antwort stand sie auf und lief an ihm vorbei und raus zu ihrem Auto. Seufzend folgte er ihr.
"Was haben wir?", fragte er und hatte dabei das Gefühl eines Déjà-vu, so befand er sich am gestrigen Tag doch fast genau in der selben Situation. "Erneuter Leichenfund", antwortete sie kurz angebunden und biss sich auf die Lippen. "Dieses Mal allerdings nicht weit weg von der Dienststelle."
Er sah ihr an, dass sie ebenfalls in der Nacht kaum geschlafen hatte, mit ihren verwuschelten Haaren und den nicht zu übersehenden Augenringen. Mit dieser zweiten Leiche würde nun auch doppelt so viel Arbeit auf sie zukommen.
"Hier ist es", riss sie ihn aus seinen Gedanken und er bemerkte, dass sie schon geparkt hatte und gerade ausstieg. Er beeilte sich es ihr gleichzutun und so zogen sie erneut ihre Schutzanzüge über.
Als er ein Blick auf das Haus warf konnte er sich ein leises: "Wow!", nicht verkneifen, stand er doch dieses Mal vor einer ziemlich großen Villa.
"Bin ganz deiner Meinung", stimmte ihm seine Kollegin zu, die unbemerkt neben ihn getreten war. "Gewaltverbrechen machen auch nicht vor reichen Menschen halt."
Sie betraten zusammen das Haus und mussten nicht lange suchen, bis sie zu einem erneuten Getümmel weißer Anzüge kamen, die sich an die Arbeit machten um die Räume auf Spuren zu untersuchen.
Auch Herr Winter sah sich ein wenig um; in der großen Eingangshalle mit dem riesigen goldenen Kronleuchter an der Decke und dem daran anschließenden Wohnzimmer, welches stilvoll in verschiedenen Blautönen eingerichtet war. Nichts deutete auf einen Einbruch hin. Alles war ordentlich und nahezu perfekt.
Wäre da nicht die große Blutlache mit der toten Frau auf dem Boden vor dem Bücherregal.
Der Komissar wollte sich gerade auf den Weg zu ihr machen, da stellte sich ein groß gewachsener schwarzhaariger Mann in seinen Weg. "Wer sind Sie nun schon wieder?", fragte er genervt und musterte Jonas Winter von oben bis unten.
Dieser räusperte sich nur und kramte seinen Ausweis hervor, um ihn dem ziemlich unhöflichen Mann unter die Nase zu halten.
"Und Sie sind...?"
"Alexander Johnson", antwortete er. "Ich bin der Mann von Nina." Er warf einen kurzen Blick hinter sich auf die Frau am Boden und knöpfte sein Hemd ein Stück weiter auf, als wüsste er nicht, was er jetzt mit sich anfangen sollte.
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Fünf blutrote Bleistifte
Short Story»Ein Schriftsteller arbeitet an einem neuen Kriminalroman.« Kommissar Jonas Winter beginnt in einem Fall zu ermitteln, in dem eine junge Frau erstochen aufgefunden wird, doch ein Motiv und auch Verdächtige für die Tat scheint es nicht zu geben. Als...